Grund vorhanden, warum ein Zirkel gezogen werden sol- te, und kein Grund zu finden, warum die Blutäderchen, welche überhaupt mit ihrer unzählbaren Menge den Zirkel ausmachen, ehe sie in denselben zusammengelaufen wären, als daß sie vielmehr, wie es geschehen muste, in irgend einem herumgewundenen Blutaderstamm zusammenge- bogen worden: eben so wenig würde sich ein Grund an- geben lassen, warum die Blutader aus einem Zirkel entstan- den, welche sich vielmehr in die Frucht, als in die Dotter- membran, gegen die Eyspizze, ausbreitet. Warum solte ferner diese Blutader das Herz, und aus diesem Herzen die Aeste gebildet haben? Nothwendig hätte sie einen See gebildet haben müssen, welcher auf der Stelle gros geworden wäre, so wie es die kleinen Bäche machen, wel- che sich in ein Thal herabstürzen und zusammenkommen.
Es läßt sich auch keine Ursache angeben, wenn der eine Fluß aus diesem See wieder abläuft, warum sich die- ser Fluß in Tropfen zertheilen, und warum sich endlich diese kleine Tropfen, welche in die Schlagaderäste abrin- nen, wieder in die Blutadern zurükke biegen sollten. Es macht uns auch dieser Berühmte zu einer Erklärung Hoff- nung, um zu sehen, wie die Blutadern, welche nicht aus Schlagadern entstanden sind, kurz darauf, wenn diese von einer etwas grössern Menge Blutes ausgedehnet worden, offenbar Blutadern hervorbringen.
Endlich, so erscheinen auch am Kopfe der zarten Frucht die Blutadern zuerst, und die Schlagadern erst nachher. Nun konnten in diesem Exempel keine Blut- adern vom Dotter in die Blutadern gekommen seyn: und es muß alles nothwendig aus den Schlagadern in die Blutadern übergegangen seyn, ja es überredet uns die Analogie zu glauben, daß der Ursprung der Blut- adern an diesem oder andern Orte nicht verschieden sey, und daß sie an der Dotterfläche, aus demjenigen Dotter welcher die Strassen, der spreuartigen Materie durch-
strömt,
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Grund vorhanden, warum ein Zirkel gezogen werden ſol- te, und kein Grund zu finden, warum die Blutaͤderchen, welche uͤberhaupt mit ihrer unzaͤhlbaren Menge den Zirkel ausmachen, ehe ſie in denſelben zuſammengelaufen waͤren, als daß ſie vielmehr, wie es geſchehen muſte, in irgend einem herumgewundenen Blutaderſtamm zuſammenge- bogen worden: eben ſo wenig wuͤrde ſich ein Grund an- geben laſſen, warum die Blutader aus einem Zirkel entſtan- den, welche ſich vielmehr in die Frucht, als in die Dotter- membran, gegen die Eyſpizze, ausbreitet. Warum ſolte ferner dieſe Blutader das Herz, und aus dieſem Herzen die Aeſte gebildet haben? Nothwendig haͤtte ſie einen See gebildet haben muͤſſen, welcher auf der Stelle gros geworden waͤre, ſo wie es die kleinen Baͤche machen, wel- che ſich in ein Thal herabſtuͤrzen und zuſammenkommen.
Es laͤßt ſich auch keine Urſache angeben, wenn der eine Fluß aus dieſem See wieder ablaͤuft, warum ſich die- ſer Fluß in Tropfen zertheilen, und warum ſich endlich dieſe kleine Tropfen, welche in die Schlagaderaͤſte abrin- nen, wieder in die Blutadern zuruͤkke biegen ſollten. Es macht uns auch dieſer Beruͤhmte zu einer Erklaͤrung Hoff- nung, um zu ſehen, wie die Blutadern, welche nicht aus Schlagadern entſtanden ſind, kurz darauf, wenn dieſe von einer etwas groͤſſern Menge Blutes ausgedehnet worden, offenbar Blutadern hervorbringen.
Endlich, ſo erſcheinen auch am Kopfe der zarten Frucht die Blutadern zuerſt, und die Schlagadern erſt nachher. Nun konnten in dieſem Exempel keine Blut- adern vom Dotter in die Blutadern gekommen ſeyn: und es muß alles nothwendig aus den Schlagadern in die Blutadern uͤbergegangen ſeyn, ja es uͤberredet uns die Analogie zu glauben, daß der Urſprung der Blut- adern an dieſem oder andern Orte nicht verſchieden ſey, und daß ſie an der Dotterflaͤche, aus demjenigen Dotter welcher die Straſſen, der ſpreuartigen Materie durch-
ſtroͤmt,
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[459[461]/0513]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Grund vorhanden, warum ein Zirkel gezogen werden ſol-
te, und kein Grund zu finden, warum die Blutaͤderchen,
welche uͤberhaupt mit ihrer unzaͤhlbaren Menge den Zirkel
ausmachen, ehe ſie in denſelben zuſammengelaufen waͤren,
als daß ſie vielmehr, wie es geſchehen muſte, in irgend
einem herumgewundenen Blutaderſtamm zuſammenge-
bogen worden: eben ſo wenig wuͤrde ſich ein Grund an-
geben laſſen, warum die Blutader aus einem Zirkel entſtan-
den, welche ſich vielmehr in die Frucht, als in die Dotter-
membran, gegen die Eyſpizze, ausbreitet. Warum ſolte
ferner dieſe Blutader das Herz, und aus dieſem Herzen
die Aeſte gebildet haben? Nothwendig haͤtte ſie einen
See gebildet haben muͤſſen, welcher auf der Stelle gros
geworden waͤre, ſo wie es die kleinen Baͤche machen, wel-
che ſich in ein Thal herabſtuͤrzen und zuſammenkommen.
Es laͤßt ſich auch keine Urſache angeben, wenn der
eine Fluß aus dieſem See wieder ablaͤuft, warum ſich die-
ſer Fluß in Tropfen zertheilen, und warum ſich endlich
dieſe kleine Tropfen, welche in die Schlagaderaͤſte abrin-
nen, wieder in die Blutadern zuruͤkke biegen ſollten. Es
macht uns auch dieſer Beruͤhmte zu einer Erklaͤrung Hoff-
nung, um zu ſehen, wie die Blutadern, welche nicht aus
Schlagadern entſtanden ſind, kurz darauf, wenn dieſe
von einer etwas groͤſſern Menge Blutes ausgedehnet
worden, offenbar Blutadern hervorbringen.
Endlich, ſo erſcheinen auch am Kopfe der zarten
Frucht die Blutadern zuerſt, und die Schlagadern erſt
nachher. Nun konnten in dieſem Exempel keine Blut-
adern vom Dotter in die Blutadern gekommen ſeyn:
und es muß alles nothwendig aus den Schlagadern in
die Blutadern uͤbergegangen ſeyn, ja es uͤberredet uns
die Analogie zu glauben, daß der Urſprung der Blut-
adern an dieſem oder andern Orte nicht verſchieden ſey,
und daß ſie an der Dotterflaͤche, aus demjenigen Dotter
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 459[461]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/513>, abgerufen am 23.11.2024.
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