werde. Der Harn werde nicht durch die Wärme zer- streut, und man habe nicht Grund zu behaupten, daß sehr wenig Harn in der Frucht entstehe, da doch ein Hund wenigstens so viel Wärme als ein Mensch besizze.
Es habe die Harnblase, ob sie gleich in der Frucht länger ist (s), demohngeachtet doch zur Harnfruchthaut der Thiere, kein Verhältniß. Man finde aber nur ei- nen geringen Vorrath vom Urine in der Blase einer Frucht (t).
Durch diese, und vielleicht auch noch andere Gründe bewogen, bilden sich verschiedene berühmte Männer, so- wohl unter den Alten (v) als Neuern (x) ein, daß die allantois eine Membran an der menschlichen Nachgeburt, und das Behältniß zu einer Quantität Harns sey.
§. 14. Gründe, um daran zu zweifeln.
Es ist diese Frage in der That nicht leicht, hinge- gen scheinen die Ursachen, die man hat, daran zweifeln zu können, viel einfacher und näher zu seyn.
Beim Menschen hat die aus der Harnblase heraus- kommende Blasenschnur eine solche Zartheit, daß man davon keine solche Menge Harn, wie von dem Bau bei den Thieren erwarten kann.
Man findet, daß sich die Blasenschnur in die Nabel- schnur, jedoch in dieselbe nicht weit hinein begiebt, weil
sie
(s)[Spaltenumbruch]L. XXVI. p. 306.
(t) Leer befand es HILDANUS Cent. II. obs. 19. ein an Tages- licht gebrachter Mensch harnt nicht so gleich. BOHN p. 31. und oft- mals mit vieler Schwierigkeit. Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. 3. obs. 69.
(v)GAL. form. fet. us. part. L. XV. c. 4. diss. vulv. c. 10.
(x)J. SYLVIUS isag. p. 69. SPIGEL p. 5. HIGHMOR p. 112. [Spaltenumbruch]G. BIDLOO. GRAAF t. 22. wel- cher an einem Kinde solches Be- hältniß zeichnet, doch erinnert da- bei. daß diese Form eine Einbil- dung sei HALE. Ausserdem kömmt dieses noch vor bei folgenden Schriftstellern. CHESELDEN p. 281. DEIDIER anat. raisonna p. 400. CRASSOUS de gener. p. 33. Physiol. Batav. l. c.
Die Frucht. XXIX. B.
werde. Der Harn werde nicht durch die Waͤrme zer- ſtreut, und man habe nicht Grund zu behaupten, daß ſehr wenig Harn in der Frucht entſtehe, da doch ein Hund wenigſtens ſo viel Waͤrme als ein Menſch beſizze.
Es habe die Harnblaſe, ob ſie gleich in der Frucht laͤnger iſt (s), demohngeachtet doch zur Harnfruchthaut der Thiere, kein Verhaͤltniß. Man finde aber nur ei- nen geringen Vorrath vom Urine in der Blaſe einer Frucht (t).
Durch dieſe, und vielleicht auch noch andere Gruͤnde bewogen, bilden ſich verſchiedene beruͤhmte Maͤnner, ſo- wohl unter den Alten (v) als Neuern (x) ein, daß die allantois eine Membran an der menſchlichen Nachgeburt, und das Behaͤltniß zu einer Quantitaͤt Harns ſey.
§. 14. Gruͤnde, um daran zu zweifeln.
Es iſt dieſe Frage in der That nicht leicht, hinge- gen ſcheinen die Urſachen, die man hat, daran zweifeln zu koͤnnen, viel einfacher und naͤher zu ſeyn.
Beim Menſchen hat die aus der Harnblaſe heraus- kommende Blaſenſchnur eine ſolche Zartheit, daß man davon keine ſolche Menge Harn, wie von dem Bau bei den Thieren erwarten kann.
Man findet, daß ſich die Blaſenſchnur in die Nabel- ſchnur, jedoch in dieſelbe nicht weit hinein begiebt, weil
ſie
(s)[Spaltenumbruch]L. XXVI. p. 306.
(t) Leer befand es HILDANUS Cent. II. obſ. 19. ein an Tages- licht gebrachter Menſch harnt nicht ſo gleich. BOHN p. 31. und oft- mals mit vieler Schwierigkeit. Eph. Nat. Cur. Dec. III. ann. 3. obſ. 69.
(v)GAL. form. fet. uſ. part. L. XV. c. 4. diſſ. vulv. c. 10.
(x)J. SYLVIUS iſag. p. 69. SPIGEL p. 5. HIGHMOR p. 112. [Spaltenumbruch]G. BIDLOO. GRAAF t. 22. wel- cher an einem Kinde ſolches Be- haͤltniß zeichnet, doch erinnert da- bei. daß dieſe Form eine Einbil- dung ſei HALE. Auſſerdem koͤmmt dieſes noch vor bei folgenden Schriftſtellern. CHESELDEN p. 281. DEIDIER anat. raiſonna p. 400. CRASSOUS de gener. p. 33. Phyſiol. Batav. l. c.
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[352/0404]
Die Frucht. XXIX. B.
werde. Der Harn werde nicht durch die Waͤrme zer-
ſtreut, und man habe nicht Grund zu behaupten, daß
ſehr wenig Harn in der Frucht entſtehe, da doch ein
Hund wenigſtens ſo viel Waͤrme als ein Menſch beſizze.
Es habe die Harnblaſe, ob ſie gleich in der Frucht
laͤnger iſt (s), demohngeachtet doch zur Harnfruchthaut
der Thiere, kein Verhaͤltniß. Man finde aber nur ei-
nen geringen Vorrath vom Urine in der Blaſe einer
Frucht (t).
Durch dieſe, und vielleicht auch noch andere Gruͤnde
bewogen, bilden ſich verſchiedene beruͤhmte Maͤnner, ſo-
wohl unter den Alten (v) als Neuern (x) ein, daß die
allantois eine Membran an der menſchlichen Nachgeburt,
und das Behaͤltniß zu einer Quantitaͤt Harns ſey.
§. 14.
Gruͤnde, um daran zu zweifeln.
Es iſt dieſe Frage in der That nicht leicht, hinge-
gen ſcheinen die Urſachen, die man hat, daran zweifeln
zu koͤnnen, viel einfacher und naͤher zu ſeyn.
Beim Menſchen hat die aus der Harnblaſe heraus-
kommende Blaſenſchnur eine ſolche Zartheit, daß man
davon keine ſolche Menge Harn, wie von dem Bau bei
den Thieren erwarten kann.
Man findet, daß ſich die Blaſenſchnur in die Nabel-
ſchnur, jedoch in dieſelbe nicht weit hinein begiebt, weil
ſie
(s)
L. XXVI. p. 306.
(t) Leer befand es HILDANUS
Cent. II. obſ. 19. ein an Tages-
licht gebrachter Menſch harnt nicht
ſo gleich. BOHN p. 31. und oft-
mals mit vieler Schwierigkeit. Eph.
Nat. Cur. Dec. III. ann. 3. obſ. 69.
(v) GAL. form. fet. uſ. part.
L. XV. c. 4. diſſ. vulv. c. 10.
(x) J. SYLVIUS iſag. p. 69.
SPIGEL p. 5. HIGHMOR p. 112.
G. BIDLOO. GRAAF t. 22. wel-
cher an einem Kinde ſolches Be-
haͤltniß zeichnet, doch erinnert da-
bei. daß dieſe Form eine Einbil-
dung ſei HALE. Auſſerdem koͤmmt
dieſes noch vor bei folgenden
Schriftſtellern. CHESELDEN p.
281. DEIDIER anat. raiſonna p.
400. CRASSOUS de gener. p. 33.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/404>, abgerufen am 23.11.2024.
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