Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Abs. Der Zustand des Menschen.

Ein Bauer, der in seinen Jünglings-Jahren sehr
unordentlich gelebt hatte, änderte seine Lebensart, und
gelangte zu einem Alter von 106 Jahren (v).

Dahingegen erreichte Thomas Parre (x) bei seiner
armseligen und harten Diät 150 Jahre. Da er aber
anfieng herrlich zu leben, so war es bald mit ihm aus.

Die ersten Einwohner von Schweden gelangten zu
einem sehr hohen Alter (y); da aber die Sitten der
neuern etwas von dieser Strenge verlohren haben, so er-
reichen sie nicht mehr die Jahre ihrer Großväter.

Wenn die Lebensdauer bei den Gaspesiern in Ab-
nahme gerathen ist, seit dem sie von den Europäern die
Sitten angenommen haben, und so wie in Schweden
selbst geschieht, bey sich den Brandwein eingeführt, so
sind nunmehr die Leute auf eben denjenigen Dörfern, auf
welchen ihre Großväter noch im siebenzigsten Jahre bey
ihren Arbeiten munter waren, heutiges Tages bei dem
Gebrauche des Brandtweins, bereits im funfzigsten
Jahre entnervt (a).

Und dennoch findet man unter denen Leuten von ho-
hem Alter welche, die eine ziemlich freye Lebensart gefüh-
ret, so wie der Soldat von 109 Jahren, dessen Scheuch-
zer
Meldung thut (b), ein grosser Liebhaber des andern
Geschlechts, nebst dem Thomas Parre (b*), wie auch
derjenige war, welchen der Herr von Longueville (c)
anführet, welcher sich zehnmal verheirathet hatte. Ein
anderer erreichte ein hundertjähriges Alter, ohngeachtet
er sich an den Brandtewein zu belustigen gewohnt war (d).

(z)
§. 19.
(x) [Spaltenumbruch] Phil. trans. n. 44. eine ähn-
liche Geschichte von einem Manne
von 133 Jähren hat BAYNARDUS
p.
176.
(y) KALM resa II p. 459.
(a) [Spaltenumbruch] STRANG. odensund sokn.
(b) Bresl. Samml. l. c. Phil.
trans. n.
477.
(b*) p. 108.
(c) p. 109.
(d) FISCHER p. 104.
(z) Le CLERQ. Nouv. relat. de
la Gaspes P.
84.
P p p 5
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.

Ein Bauer, der in ſeinen Juͤnglings-Jahren ſehr
unordentlich gelebt hatte, aͤnderte ſeine Lebensart, und
gelangte zu einem Alter von 106 Jahren (v).

Dahingegen erreichte Thomas Parre (x) bei ſeiner
armſeligen und harten Diaͤt 150 Jahre. Da er aber
anfieng herrlich zu leben, ſo war es bald mit ihm aus.

Die erſten Einwohner von Schweden gelangten zu
einem ſehr hohen Alter (y); da aber die Sitten der
neuern etwas von dieſer Strenge verlohren haben, ſo er-
reichen ſie nicht mehr die Jahre ihrer Großvaͤter.

Wenn die Lebensdauer bei den Gaſpeſiern in Ab-
nahme gerathen iſt, ſeit dem ſie von den Europaͤern die
Sitten angenommen haben, und ſo wie in Schweden
ſelbſt geſchieht, bey ſich den Brandwein eingefuͤhrt, ſo
ſind nunmehr die Leute auf eben denjenigen Doͤrfern, auf
welchen ihre Großvaͤter noch im ſiebenzigſten Jahre bey
ihren Arbeiten munter waren, heutiges Tages bei dem
Gebrauche des Brandtweins, bereits im funfzigſten
Jahre entnervt (a).

Und dennoch findet man unter denen Leuten von ho-
hem Alter welche, die eine ziemlich freye Lebensart gefuͤh-
ret, ſo wie der Soldat von 109 Jahren, deſſen Scheuch-
zer
Meldung thut (b), ein groſſer Liebhaber des andern
Geſchlechts, nebſt dem Thomas Parre (b*), wie auch
derjenige war, welchen der Herr von Longueville (c)
anfuͤhret, welcher ſich zehnmal verheirathet hatte. Ein
anderer erreichte ein hundertjaͤhriges Alter, ohngeachtet
er ſich an den Brandtewein zu beluſtigen gewohnt war (d).

(z)
§. 19.
(x) [Spaltenumbruch] Phil. tranſ. n. 44. eine aͤhn-
liche Geſchichte von einem Manne
von 133 Jaͤhren hat BAYNARDUS
p.
176.
(y) KALM reſa II p. 459.
(a) [Spaltenumbruch] STRANG. odenſund ſokn.
(b) Bresl. Samml. l. c. Phil.
tranſ. n.
477.
(b*) p. 108.
(c) p. 109.
(d) FISCHER p. 104.
(z) Le CLERQ. Nouv. relat. de
la Gaſpes P.
84.
P p p 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f1021" n="967[969]"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;. Der Zu&#x017F;tand des Men&#x017F;chen.</hi> </fw><lb/>
              <p>Ein Bauer, der in &#x017F;einen Ju&#x0364;nglings-Jahren &#x017F;ehr<lb/>
unordentlich gelebt hatte, a&#x0364;nderte &#x017F;eine Lebensart, und<lb/>
gelangte zu einem Alter von 106 Jahren (v).</p><lb/>
              <p>Dahingegen erreichte Thomas <hi rendition="#fr">Parre</hi> <note place="foot" n="(x)"><cb/><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 44. eine a&#x0364;hn-<lb/>
liche Ge&#x017F;chichte von einem Manne<lb/>
von 133 Ja&#x0364;hren hat <hi rendition="#aq">BAYNARDUS<lb/>
p.</hi> 176.</note> bei &#x017F;einer<lb/>
arm&#x017F;eligen und harten Dia&#x0364;t 150 Jahre. Da er aber<lb/>
anfieng herrlich zu leben, &#x017F;o war es bald mit ihm aus.</p><lb/>
              <p>Die er&#x017F;ten Einwohner von Schweden gelangten zu<lb/>
einem &#x017F;ehr hohen Alter <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">KALM re&#x017F;a II p.</hi> 459.</note>; da aber die Sitten der<lb/>
neuern etwas von die&#x017F;er Strenge verlohren haben, &#x017F;o er-<lb/>
reichen &#x017F;ie nicht mehr die Jahre ihrer Großva&#x0364;ter.</p><lb/>
              <p>Wenn die Lebensdauer bei den Ga&#x017F;pe&#x017F;iern in Ab-<lb/>
nahme gerathen i&#x017F;t, &#x017F;eit dem &#x017F;ie von den Europa&#x0364;ern die<lb/>
Sitten angenommen haben, und &#x017F;o wie in Schweden<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chieht, bey &#x017F;ich den Brandwein eingefu&#x0364;hrt, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ind nunmehr die Leute auf eben denjenigen Do&#x0364;rfern, auf<lb/>
welchen ihre Großva&#x0364;ter noch im &#x017F;iebenzig&#x017F;ten Jahre bey<lb/>
ihren Arbeiten munter waren, heutiges Tages bei dem<lb/>
Gebrauche des Brandtweins, bereits im funfzig&#x017F;ten<lb/>
Jahre entnervt <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">STRANG. oden&#x017F;und &#x017F;okn.</hi></note>.</p><lb/>
              <p>Und dennoch findet man unter denen Leuten von ho-<lb/>
hem Alter welche, die eine ziemlich freye Lebensart gefu&#x0364;h-<lb/>
ret, &#x017F;o wie der Soldat von 109 Jahren, de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Scheuch-<lb/>
zer</hi> Meldung thut <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">Bresl. Samml. l. c. Phil.<lb/>
tran&#x017F;. n.</hi> 477.</note>, ein gro&#x017F;&#x017F;er Liebhaber des andern<lb/>
Ge&#x017F;chlechts, neb&#x017F;t dem Thomas <hi rendition="#fr">Parre</hi> <note place="foot" n="(b*)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 108.</note>, wie auch<lb/>
derjenige war, welchen der Herr von <hi rendition="#fr">Longueville</hi> <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">p.</hi> 109.</note><lb/>
anfu&#x0364;hret, welcher &#x017F;ich zehnmal verheirathet hatte. Ein<lb/>
anderer erreichte ein hundertja&#x0364;hriges Alter, ohngeachtet<lb/>
er &#x017F;ich an den Brandtewein zu belu&#x017F;tigen gewohnt war <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">FISCHER p.</hi> 104.</note>.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">P p p 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">§. 19.</fw><lb/>
              <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">Le CLERQ. Nouv. relat. de<lb/>
la Ga&#x017F;pes P.</hi> 84.</note>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[967[969]/1021] III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen. Ein Bauer, der in ſeinen Juͤnglings-Jahren ſehr unordentlich gelebt hatte, aͤnderte ſeine Lebensart, und gelangte zu einem Alter von 106 Jahren (v). Dahingegen erreichte Thomas Parre (x) bei ſeiner armſeligen und harten Diaͤt 150 Jahre. Da er aber anfieng herrlich zu leben, ſo war es bald mit ihm aus. Die erſten Einwohner von Schweden gelangten zu einem ſehr hohen Alter (y); da aber die Sitten der neuern etwas von dieſer Strenge verlohren haben, ſo er- reichen ſie nicht mehr die Jahre ihrer Großvaͤter. Wenn die Lebensdauer bei den Gaſpeſiern in Ab- nahme gerathen iſt, ſeit dem ſie von den Europaͤern die Sitten angenommen haben, und ſo wie in Schweden ſelbſt geſchieht, bey ſich den Brandwein eingefuͤhrt, ſo ſind nunmehr die Leute auf eben denjenigen Doͤrfern, auf welchen ihre Großvaͤter noch im ſiebenzigſten Jahre bey ihren Arbeiten munter waren, heutiges Tages bei dem Gebrauche des Brandtweins, bereits im funfzigſten Jahre entnervt (a). Und dennoch findet man unter denen Leuten von ho- hem Alter welche, die eine ziemlich freye Lebensart gefuͤh- ret, ſo wie der Soldat von 109 Jahren, deſſen Scheuch- zer Meldung thut (b), ein groſſer Liebhaber des andern Geſchlechts, nebſt dem Thomas Parre (b*), wie auch derjenige war, welchen der Herr von Longueville (c) anfuͤhret, welcher ſich zehnmal verheirathet hatte. Ein anderer erreichte ein hundertjaͤhriges Alter, ohngeachtet er ſich an den Brandtewein zu beluſtigen gewohnt war (d). §. 19. (z) (x) Phil. tranſ. n. 44. eine aͤhn- liche Geſchichte von einem Manne von 133 Jaͤhren hat BAYNARDUS p. 176. (y) KALM reſa II p. 459. (a) STRANG. odenſund ſokn. (b) Bresl. Samml. l. c. Phil. tranſ. n. 477. (b*) p. 108. (c) p. 109. (d) FISCHER p. 104. (z) Le CLERQ. Nouv. relat. de la Gaſpes P. 84. P p p 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1021
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 967[969]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1021>, abgerufen am 25.11.2024.