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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

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I. Abschn. Zergliederung des dünnen.
§. 18.
Die Feuchtigkeit im Gedärme.

Es gehört die Beschaffenheit dieser Feuchtigkeit, wie
viele andre Dinge der Phistologie, noch unter die uner-
kannte Wahrheiten. Jndessen verdient doch diese Un-
wissenheit entschuldigt zu seyn, da verschiedene Feuchtig-
keiten in das Gedärme zusammen fliessen, deren Mischung
Schuld ist, daß man sie nicht wohl aus einander sezzen
kann. Es vermengt sich nämlich mit ihnen die Galle(a),
welche das dünne Gedärme gemeiniglich durch und durch,
und inwendig mit ihrer gelben Farbe überzieht; dieses
thut ferner die Speise selbst; der Gekrösedrüsensaft (b)
und derjenige Schleim, den die gedachte Holwege her-
vorbringen, und welcher sich durch die zottige Haut und
überall durch die ganze Oberfläche des Gedärms ergiesset,
geschmakklos, und ziemlich flüßig ist (c): endlich kömmt
noch diejenige Ausdünstungsmaterie der Schlagadern
hinzu(d), von deren Natur hier die Rede ist.

Diese scheint an Menge die übrigen Feuchtigkeiten
zu übertreffen. Es ist das Werkzeug, worinnen sie ab-
gesondert wird, übermäßig groß, und wenigstens der
ganzen Oberfläche des menschlichen Körpers gleich. Man
schäzzet diese auf funfzehn Quadratschuh; man kann aber
für das dünne Gedärme drei und dreißig Fus sezzen,
und es ist jeder inwendiger Durchmesser der zottigen Haut
wenigstens ein Zoll, und folglich der Kreis drei Zoll,
vier Linien, um sich kurz zu fassen. Es ist aber die
Weite der zottigen Haut dreimal grösser, als des
Darms (e*), folglich muß der Kreis, welcher den Durch-
(e)

schnitt,
(a) [Spaltenumbruch] L. XXIII. p. 606. 607.
(b) L. XXII. p. 452. 453.
(c) einen sehr kalten Schleim
nennt es GALEN. Loc. adfect.
L. II.
(d) [Spaltenumbruch] p. 37. 38.
(e*) denn das Gedärm ist, auf-
geblasen, um dreimal grösser RAY-
MOND malad. danger. p.
300.
(e) L. VIII. p. 151.
D 3
I. Abſchn. Zergliederung des duͤnnen.
§. 18.
Die Feuchtigkeit im Gedaͤrme.

Es gehoͤrt die Beſchaffenheit dieſer Feuchtigkeit, wie
viele andre Dinge der Phiſtologie, noch unter die uner-
kannte Wahrheiten. Jndeſſen verdient doch dieſe Un-
wiſſenheit entſchuldigt zu ſeyn, da verſchiedene Feuchtig-
keiten in das Gedaͤrme zuſammen flieſſen, deren Miſchung
Schuld iſt, daß man ſie nicht wohl aus einander ſezzen
kann. Es vermengt ſich naͤmlich mit ihnen die Galle(a),
welche das duͤnne Gedaͤrme gemeiniglich durch und durch,
und inwendig mit ihrer gelben Farbe uͤberzieht; dieſes
thut ferner die Speiſe ſelbſt; der Gekroͤſedruͤſenſaft (b)
und derjenige Schleim, den die gedachte Holwege her-
vorbringen, und welcher ſich durch die zottige Haut und
uͤberall durch die ganze Oberflaͤche des Gedaͤrms ergieſſet,
geſchmakklos, und ziemlich fluͤßig iſt (c): endlich koͤmmt
noch diejenige Ausduͤnſtungsmaterie der Schlagadern
hinzu(d), von deren Natur hier die Rede iſt.

Dieſe ſcheint an Menge die uͤbrigen Feuchtigkeiten
zu uͤbertreffen. Es iſt das Werkzeug, worinnen ſie ab-
geſondert wird, uͤbermaͤßig groß, und wenigſtens der
ganzen Oberflaͤche des menſchlichen Koͤrpers gleich. Man
ſchaͤzzet dieſe auf funfzehn Quadratſchuh; man kann aber
fuͤr das duͤnne Gedaͤrme drei und dreißig Fus ſezzen,
und es iſt jeder inwendiger Durchmeſſer der zottigen Haut
wenigſtens ein Zoll, und folglich der Kreis drei Zoll,
vier Linien, um ſich kurz zu faſſen. Es iſt aber die
Weite der zottigen Haut dreimal groͤſſer, als des
Darms (e*), folglich muß der Kreis, welcher den Durch-
(e)

ſchnitt,
(a) [Spaltenumbruch] L. XXIII. p. 606. 607.
(b) L. XXII. p. 452. 453.
(c) einen ſehr kalten Schleim
nennt es GALEN. Loc. adfect.
L. II.
(d) [Spaltenumbruch] p. 37. 38.
(e*) denn das Gedaͤrm iſt, auf-
geblaſen, um dreimal groͤſſer RAY-
MOND malad. danger. p.
300.
(e) L. VIII. p. 151.
D 3
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[53/0089] I. Abſchn. Zergliederung des duͤnnen. §. 18. Die Feuchtigkeit im Gedaͤrme. Es gehoͤrt die Beſchaffenheit dieſer Feuchtigkeit, wie viele andre Dinge der Phiſtologie, noch unter die uner- kannte Wahrheiten. Jndeſſen verdient doch dieſe Un- wiſſenheit entſchuldigt zu ſeyn, da verſchiedene Feuchtig- keiten in das Gedaͤrme zuſammen flieſſen, deren Miſchung Schuld iſt, daß man ſie nicht wohl aus einander ſezzen kann. Es vermengt ſich naͤmlich mit ihnen die Galle (a), welche das duͤnne Gedaͤrme gemeiniglich durch und durch, und inwendig mit ihrer gelben Farbe uͤberzieht; dieſes thut ferner die Speiſe ſelbſt; der Gekroͤſedruͤſenſaft (b) und derjenige Schleim, den die gedachte Holwege her- vorbringen, und welcher ſich durch die zottige Haut und uͤberall durch die ganze Oberflaͤche des Gedaͤrms ergieſſet, geſchmakklos, und ziemlich fluͤßig iſt (c): endlich koͤmmt noch diejenige Ausduͤnſtungsmaterie der Schlagadern hinzu (d), von deren Natur hier die Rede iſt. Dieſe ſcheint an Menge die uͤbrigen Feuchtigkeiten zu uͤbertreffen. Es iſt das Werkzeug, worinnen ſie ab- geſondert wird, uͤbermaͤßig groß, und wenigſtens der ganzen Oberflaͤche des menſchlichen Koͤrpers gleich. Man ſchaͤzzet dieſe auf funfzehn Quadratſchuh; man kann aber fuͤr das duͤnne Gedaͤrme drei und dreißig Fus ſezzen, und es iſt jeder inwendiger Durchmeſſer der zottigen Haut wenigſtens ein Zoll, und folglich der Kreis drei Zoll, vier Linien, um ſich kurz zu faſſen. Es iſt aber die Weite der zottigen Haut dreimal groͤſſer, als des Darms (e*), folglich muß der Kreis, welcher den Durch- ſchnitt, (e) (a) L. XXIII. p. 606. 607. (b) L. XXII. p. 452. 453. (c) einen ſehr kalten Schleim nennt es GALEN. Loc. adfect. L. II. (d) p. 37. 38. (e*) denn das Gedaͤrm iſt, auf- geblaſen, um dreimal groͤſſer RAY- MOND malad. danger. p. 300. (e) L. VIII. p. 151. D 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/89>, abgerufen am 22.11.2024.