Augen den grossen Kopf, und vier Fäden, als die An- fänge der künftigen Hände und Füsse bemerken können. Er habe auch, nach dem der Hahn die Henne(p) getre- ten, das Hühnchen entstehen gesehen. Jm Menschen- saamen wäre eine oder zwei (q) dergleichen Embrionen, soviel nämlich im Beischlafe auf einmal ausgeleert würde; bei den Thieren mehrere, und eins davon hänge sich an die Scheide oder Gebärmutter an.
Nun möchte man fragen, wie haben so viel emsige Gelehrte bei ihren angestrengten Versuchen so blind seyn können, daß sie ein so grosses Thier ausser Acht gelassen. Wenigstens habe ich vergebens darnach geforscht (r). Und es ist jedermann bekannt, daß die Gliedmaassen erst nach langer Zeit nach dem Kopfe zum Vorschein kommen, da sie doch vorher nicht wie ein Faden herum schweben, sondern am Körper feste sind.
Selbst Lieberkühn konnte sich nicht der Vermu- thungen entbrechen, wenn er schrieb, der Schwanz ver- trete am Saamenwürmchen die Stelle des Rükkgrades, daher gehe an der Schildkröte, die doch keinen wirklichen Schwanz habe, ein Schwanz voran (s).
Endlich so scheinen die doppelte Thiere(t), oder die aus drei Kügelchen entstandene (t*), und andre Mis- geburten, Geburten eines nachläßigen Zeichners zu seyn.
Ein fleißiger Künstler beklagte sich darüber, daß die Leeuwenhökischen Figuren viel zu groß (u), und die Buffonischen(w) zu klein wären.
Endlich sind es auch keine wirkliche gerade Schwän- ze (x).
§. 11.
(p)[Spaltenumbruch]
Ebenda p. 18. et obs. period. loc. cit.
(q)p. 13.
(r) Und HEUERMAN. T. IV. p. 274.
(s)Epist. ad HAMBERG. p. 711. 712. doch verwarf er selbst bald dar- auf seine eigne Meynung p. 713.
(t)[Spaltenumbruch]
Dies gesehen zu haben leug- net MONRO p. 61.
(t*)NEEDHAM. nouvelles ob- servations p. 215. geschehe vom Zusammenziehen.
(u)LEDERMULLER.
(w) Ebenda.
(x)HARTZOEK. dioptrique.
Zeugungstheile, XXVII. Buch.
Augen den groſſen Kopf, und vier Faͤden, als die An- faͤnge der kuͤnftigen Haͤnde und Fuͤſſe bemerken koͤnnen. Er habe auch, nach dem der Hahn die Henne(p) getre- ten, das Huͤhnchen entſtehen geſehen. Jm Menſchen- ſaamen waͤre eine oder zwei (q) dergleichen Embrionen, ſoviel naͤmlich im Beiſchlafe auf einmal ausgeleert wuͤrde; bei den Thieren mehrere, und eins davon haͤnge ſich an die Scheide oder Gebaͤrmutter an.
Nun moͤchte man fragen, wie haben ſo viel emſige Gelehrte bei ihren angeſtrengten Verſuchen ſo blind ſeyn koͤnnen, daß ſie ein ſo groſſes Thier auſſer Acht gelaſſen. Wenigſtens habe ich vergebens darnach geforſcht (r). Und es iſt jedermann bekannt, daß die Gliedmaaſſen erſt nach langer Zeit nach dem Kopfe zum Vorſchein kommen, da ſie doch vorher nicht wie ein Faden herum ſchweben, ſondern am Koͤrper feſte ſind.
Selbſt Lieberkuͤhn konnte ſich nicht der Vermu- thungen entbrechen, wenn er ſchrieb, der Schwanz ver- trete am Saamenwuͤrmchen die Stelle des Ruͤkkgrades, daher gehe an der Schildkroͤte, die doch keinen wirklichen Schwanz habe, ein Schwanz voran (s).
Endlich ſo ſcheinen die doppelte Thiere(t), oder die aus drei Kuͤgelchen entſtandene (t*), und andre Mis- geburten, Geburten eines nachlaͤßigen Zeichners zu ſeyn.
Ein fleißiger Kuͤnſtler beklagte ſich daruͤber, daß die Leeuwenhoͤkiſchen Figuren viel zu groß (u), und die Buffoniſchen(w) zu klein waͤren.
Endlich ſind es auch keine wirkliche gerade Schwaͤn- ze (x).
§. 11.
(p)[Spaltenumbruch]
Ebenda p. 18. et obſ. period. loc. cit.
(q)p. 13.
(r) Und HEUERMAN. T. IV. p. 274.
(s)Epiſt. ad HAMBERG. p. 711. 712. doch verwarf er ſelbſt bald dar- auf ſeine eigne Meynung p. 713.
(t)[Spaltenumbruch]
Dies geſehen zu haben leug- net MONRO p. 61.
(t*)NEEDHAM. nouvelles ob- ſervations p. 215. geſchehe vom Zuſammenziehen.
(u)LEDERMULLER.
(w) Ebenda.
(x)HARTZOEK. dioptrique.
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Er habe auch, nach dem der Hahn die Henne (p) getre-
ten, das Huͤhnchen entſtehen geſehen. Jm Menſchen-
ſaamen waͤre eine oder zwei (q) dergleichen Embrionen,
ſoviel naͤmlich im Beiſchlafe auf einmal ausgeleert wuͤrde;
bei den Thieren mehrere, und eins davon haͤnge ſich an
die Scheide oder Gebaͤrmutter an.
Nun moͤchte man fragen, wie haben ſo viel emſige
Gelehrte bei ihren angeſtrengten Verſuchen ſo blind ſeyn
koͤnnen, daß ſie ein ſo groſſes Thier auſſer Acht gelaſſen.
Wenigſtens habe ich vergebens darnach geforſcht (r).
Und es iſt jedermann bekannt, daß die Gliedmaaſſen erſt
nach langer Zeit nach dem Kopfe zum Vorſchein kommen,
da ſie doch vorher nicht wie ein Faden herum ſchweben,
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Selbſt Lieberkuͤhn konnte ſich nicht der Vermu-
thungen entbrechen, wenn er ſchrieb, der Schwanz ver-
trete am Saamenwuͤrmchen die Stelle des Ruͤkkgrades,
daher gehe an der Schildkroͤte, die doch keinen wirklichen
Schwanz habe, ein Schwanz voran (s).
Endlich ſo ſcheinen die doppelte Thiere (t), oder die
aus drei Kuͤgelchen entſtandene (t*), und andre Mis-
geburten, Geburten eines nachlaͤßigen Zeichners zu ſeyn.
Ein fleißiger Kuͤnſtler beklagte ſich daruͤber, daß die
Leeuwenhoͤkiſchen Figuren viel zu groß (u), und die
Buffoniſchen (w) zu klein waͤren.
Endlich ſind es auch keine wirkliche gerade Schwaͤn-
ze (x).
§. 11.
(p)
Ebenda p. 18. et obſ. period.
loc. cit.
(q) p. 13.
(r) Und HEUERMAN. T. IV.
p. 274.
(s) Epiſt. ad HAMBERG. p. 711.
712. doch verwarf er ſelbſt bald dar-
auf ſeine eigne Meynung p. 713.
(t)
Dies geſehen zu haben leug-
net MONRO p. 61.
(t*) NEEDHAM. nouvelles ob-
ſervations p. 215. geſchehe vom
Zuſammenziehen.
(u) LEDERMULLER.
(w) Ebenda.
(x) HARTZOEK. dioptrique.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/822>, abgerufen am 22.11.2024.
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