Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschn. Die Harnblase.
Oberfläche näher liegt, bedekkte die lange Fasern: die
andere, welche tiefer war, lag unter den langen Fasern.
Auch habe ich an der vordern Fläche Queerfasern, unter
den langen liegen gesehen, und diese Queerfasern waren
nicht so deutlich, sondern zärter. Sie legen sich um de-
sto mehr in die Queere, je mehr sie nach inwendig zu
liegen.

Von diesen Fasern rühret die meiste Gewalt her, so
die Blase auszuüben hat. Sie verengern, indem sie
kürzer werden, die Blase nach allen ihren Richtungen,
so daß sie die rechte Blasenseite gegen die linke, die vor-
dere Seite nach hinten, und die Stelle der Blasenschnur
und das Gewölbe der Blase nach unten herab ziehen.

§. 12.
Der Schliesmuskel der Blase.

Man hat diesen Muskel noch nicht hinlänglich berich-
tiget, da er bleich [Spaltenumbruch] (a*) ist, und sich mit zerstreuten Fa-
sern (a), insonderheit mit einer Menge Blutadern, und
mit dem Fadengewebe vermischt.

Die Alten haben ihm(b), vielleicht wegen der an-
scheinenden Nothwendigkeit bei diesem Bau vorlängst
schon den Namen eines Muskels beigelegt. Vesalius (c)
hat ihn so wenig gesehen, daß er ihn vielmehr vor dem Vor-
steher seine Stelle anwies. Mit besserm Grunde sagt Fal-
lopius
(d), daß der Schliesmuskel am vordern Halse
der Blase nothwendiger Weise liegen müsse, er finde ihn
aber nicht vollständig, sondern er entdekke nur fleischige
Fasern, und Queerfasern, welche sich zwischen den gera-
den, so nach auswendig zu liegen, verstekken.

Diese
(a*) Sey fast unsichtbar SAN-
CTORIUS method. vitand. error.
p.
178. müsse in der Lage gesehen
werden ESCHENBACH. p. 695.
(a) DUVERN. t. 3.
(b) [Spaltenumbruch] Fleischige Muskeln des Bla-
senhalses. ORIBAS. p. 238. AVI-
CENNA p 15. b.
(c) p. 645. et L. II. c. 49. zeich-
net ihn gar zu dikke L. V c. 22.
(d) Observ. anat. p. 109. b.
G g 3

II. Abſchn. Die Harnblaſe.
Oberflaͤche naͤher liegt, bedekkte die lange Faſern: die
andere, welche tiefer war, lag unter den langen Faſern.
Auch habe ich an der vordern Flaͤche Queerfaſern, unter
den langen liegen geſehen, und dieſe Queerfaſern waren
nicht ſo deutlich, ſondern zaͤrter. Sie legen ſich um de-
ſto mehr in die Queere, je mehr ſie nach inwendig zu
liegen.

Von dieſen Faſern ruͤhret die meiſte Gewalt her, ſo
die Blaſe auszuuͤben hat. Sie verengern, indem ſie
kuͤrzer werden, die Blaſe nach allen ihren Richtungen,
ſo daß ſie die rechte Blaſenſeite gegen die linke, die vor-
dere Seite nach hinten, und die Stelle der Blaſenſchnur
und das Gewoͤlbe der Blaſe nach unten herab ziehen.

§. 12.
Der Schliesmuſkel der Blaſe.

Man hat dieſen Muſkel noch nicht hinlaͤnglich berich-
tiget, da er bleich [Spaltenumbruch] (a*) iſt, und ſich mit zerſtreuten Fa-
ſern (a), inſonderheit mit einer Menge Blutadern, und
mit dem Fadengewebe vermiſcht.

Die Alten haben ihm(b), vielleicht wegen der an-
ſcheinenden Nothwendigkeit bei dieſem Bau vorlaͤngſt
ſchon den Namen eines Muſkels beigelegt. Veſalius (c)
hat ihn ſo wenig geſehen, daß er ihn vielmehr vor dem Vor-
ſteher ſeine Stelle anwies. Mit beſſerm Grunde ſagt Fal-
lopius
(d), daß der Schliesmuſkel am vordern Halſe
der Blaſe nothwendiger Weiſe liegen muͤſſe, er finde ihn
aber nicht vollſtaͤndig, ſondern er entdekke nur fleiſchige
Faſern, und Queerfaſern, welche ſich zwiſchen den gera-
den, ſo nach auswendig zu liegen, verſtekken.

Dieſe
(a*) Sey faſt unſichtbar SAN-
CTORIUS method. vitand. error.
p.
178. muͤſſe in der Lage geſehen
werden ESCHENBACH. p. 695.
(a) DUVERN. t. 3.
(b) [Spaltenumbruch] Fleiſchige Muſkeln des Bla-
ſenhalſes. ORIBAS. p. 238. AVI-
CENNA p 15. b.
(c) p. 645. et L. II. c. 49. zeich-
net ihn gar zu dikke L. V c. 22.
(d) Obſerv. anat. p. 109. b.
G g 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0505" n="469"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chn. Die Harnbla&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
Oberfla&#x0364;che na&#x0364;her liegt, bedekkte die lange Fa&#x017F;ern: die<lb/>
andere, welche tiefer war, lag unter den langen Fa&#x017F;ern.<lb/>
Auch habe ich an der vordern Fla&#x0364;che Queerfa&#x017F;ern, unter<lb/>
den langen liegen ge&#x017F;ehen, und die&#x017F;e Queerfa&#x017F;ern waren<lb/>
nicht &#x017F;o deutlich, &#x017F;ondern za&#x0364;rter. Sie legen &#x017F;ich um de-<lb/>
&#x017F;to mehr in die Queere, je mehr &#x017F;ie nach inwendig zu<lb/>
liegen.</p><lb/>
              <p>Von die&#x017F;en Fa&#x017F;ern ru&#x0364;hret die mei&#x017F;te Gewalt her, &#x017F;o<lb/>
die Bla&#x017F;e auszuu&#x0364;ben hat. Sie verengern, indem &#x017F;ie<lb/>
ku&#x0364;rzer werden, die Bla&#x017F;e nach allen ihren Richtungen,<lb/>
&#x017F;o daß &#x017F;ie die rechte Bla&#x017F;en&#x017F;eite gegen die linke, die vor-<lb/>
dere Seite nach hinten, und die Stelle der Bla&#x017F;en&#x017F;chnur<lb/>
und das Gewo&#x0364;lbe der Bla&#x017F;e nach unten herab ziehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 12.<lb/><hi rendition="#b">Der Schliesmu&#x017F;kel der Bla&#x017F;e.</hi></head><lb/>
              <p>Man hat die&#x017F;en Mu&#x017F;kel noch nicht hinla&#x0364;nglich berich-<lb/>
tiget, da er bleich <cb/>
<note place="foot" n="(a*)">Sey fa&#x017F;t un&#x017F;ichtbar <hi rendition="#aq">SAN-<lb/>
CTORIUS method. vitand. error.<lb/>
p.</hi> 178. mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e in der Lage ge&#x017F;ehen<lb/>
werden <hi rendition="#aq">ESCHENBACH. p.</hi> 695.</note> i&#x017F;t, und &#x017F;ich mit zer&#x017F;treuten Fa-<lb/>
&#x017F;ern <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">DUVERN. t.</hi> 3.</note>, in&#x017F;onderheit mit einer Menge Blutadern, und<lb/>
mit dem Fadengewebe vermi&#x017F;cht.</p><lb/>
              <p>Die Alten haben ihm<note place="foot" n="(b)"><cb/>
Flei&#x017F;chige Mu&#x017F;keln des Bla-<lb/>
&#x017F;enhal&#x017F;es. <hi rendition="#aq">ORIBAS. p. 238. AVI-<lb/>
CENNA p 15. b.</hi></note>, vielleicht wegen der an-<lb/>
&#x017F;cheinenden Nothwendigkeit bei die&#x017F;em Bau vorla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chon den Namen eines Mu&#x017F;kels beigelegt. <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;alius</hi> <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">p. 645. et L. II. c.</hi> 49. zeich-<lb/>
net ihn gar zu dikke <hi rendition="#aq">L. V c.</hi> 22.</note><lb/>
hat ihn &#x017F;o wenig ge&#x017F;ehen, daß er ihn vielmehr vor dem Vor-<lb/>
&#x017F;teher &#x017F;eine Stelle anwies. Mit be&#x017F;&#x017F;erm Grunde &#x017F;agt <hi rendition="#fr">Fal-<lb/>
lopius</hi> <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;erv. anat. p. 109. b.</hi></note>, daß der Schliesmu&#x017F;kel am vordern Hal&#x017F;e<lb/>
der Bla&#x017F;e nothwendiger Wei&#x017F;e liegen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, er finde ihn<lb/>
aber nicht voll&#x017F;ta&#x0364;ndig, &#x017F;ondern er entdekke nur flei&#x017F;chige<lb/>
Fa&#x017F;ern, und Queerfa&#x017F;ern, welche &#x017F;ich zwi&#x017F;chen den gera-<lb/>
den, &#x017F;o nach auswendig zu liegen, ver&#x017F;tekken.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">G g 3</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;e</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[469/0505] II. Abſchn. Die Harnblaſe. Oberflaͤche naͤher liegt, bedekkte die lange Faſern: die andere, welche tiefer war, lag unter den langen Faſern. Auch habe ich an der vordern Flaͤche Queerfaſern, unter den langen liegen geſehen, und dieſe Queerfaſern waren nicht ſo deutlich, ſondern zaͤrter. Sie legen ſich um de- ſto mehr in die Queere, je mehr ſie nach inwendig zu liegen. Von dieſen Faſern ruͤhret die meiſte Gewalt her, ſo die Blaſe auszuuͤben hat. Sie verengern, indem ſie kuͤrzer werden, die Blaſe nach allen ihren Richtungen, ſo daß ſie die rechte Blaſenſeite gegen die linke, die vor- dere Seite nach hinten, und die Stelle der Blaſenſchnur und das Gewoͤlbe der Blaſe nach unten herab ziehen. §. 12. Der Schliesmuſkel der Blaſe. Man hat dieſen Muſkel noch nicht hinlaͤnglich berich- tiget, da er bleich (a*) iſt, und ſich mit zerſtreuten Fa- ſern (a), inſonderheit mit einer Menge Blutadern, und mit dem Fadengewebe vermiſcht. Die Alten haben ihm (b), vielleicht wegen der an- ſcheinenden Nothwendigkeit bei dieſem Bau vorlaͤngſt ſchon den Namen eines Muſkels beigelegt. Veſalius (c) hat ihn ſo wenig geſehen, daß er ihn vielmehr vor dem Vor- ſteher ſeine Stelle anwies. Mit beſſerm Grunde ſagt Fal- lopius (d), daß der Schliesmuſkel am vordern Halſe der Blaſe nothwendiger Weiſe liegen muͤſſe, er finde ihn aber nicht vollſtaͤndig, ſondern er entdekke nur fleiſchige Faſern, und Queerfaſern, welche ſich zwiſchen den gera- den, ſo nach auswendig zu liegen, verſtekken. Dieſe (a*) Sey faſt unſichtbar SAN- CTORIUS method. vitand. error. p. 178. muͤſſe in der Lage geſehen werden ESCHENBACH. p. 695. (a) DUVERN. t. 3. (b) Fleiſchige Muſkeln des Bla- ſenhalſes. ORIBAS. p. 238. AVI- CENNA p 15. b. (c) p. 645. et L. II. c. 49. zeich- net ihn gar zu dikke L. V c. 22. (d) Obſerv. anat. p. 109. b. G g 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/505
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/505>, abgerufen am 03.12.2024.