vom Pappier zwei Fuß abstanden. Wenn er die Sache auf diese Art zur Richtigkeit gebracht hatte, so stellte er sich grade über hin, gleichfalls neun Fuß weit davon, und hielte einen Finger zwischen den Augen, welcher dem rech- ten Auge das linke Gemärk, und dem linken Auge das rechte verdekken muste. Er richtete ferner beide Augen auf den Finger, so daß dieser Finger die zwei Sehachsen zwischen sich hatte: Und in dieser Stellung verschwand das weisse Pappier ganz und gar.
Noch auf eine etwas andere Weise stellte E. Ma- riotte eben diesen Versuch folgendergestalt an (c). Er bevestigte zwei weisse Pappiere, welche drei Fuß von ein- ander abstanden, an der Wand. Er selbst entfernte sich zwölf Fuß weit von den Pappieren, und hielte den Dau- men zwischen die Augen, den er aber aufrecht hielte, und acht Zoll weit davon entfernt hatte. Wenn er nun die beiden Augen zu dem Daumen hinkehrte, so verschwanden beide Pappiere.
Jndem der berühmte Stancarius zeigen wolte, daß der Eintritt des Sehenerven keinesweges blind sei, und er den Versuch des Mariotti wiederholet hatte, so zeig- te derselbe, daß die blinde Stelle von den Mittelpunkte des Sehenerven um dreieilftheil, die man zwischen diesen Mittelpunkt, und dem Mittelpunkt der Crystallinse nimmt (d), entfernt sei. Doch es würde dieser Versuch dem Ma- riotti günstiger sein, es liegt nemlich allerdings die blin- de Stelle von dem Mittelpunkte des Sehenerven gegen die Nase zu ab.
Aus allen diesen Versuchen, und einem andern noch subtilern Versuche des Daniel Bernoulli erhellet (e), daß das Object alsdenn verschwinde, wenn es dem Ein- gange des Sehenerven gerade gegen über gestellt wird,
und
(c)[Spaltenumbruch]p. 516. PORTERFIELD l. c. T. II. p. 228.
(d)Giorn- de Letter Vol. XVII. pag. 295.
(e)[Spaltenumbruch]Comm. Acad. Petrop. T. p. 314. seqq.
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
vom Pappier zwei Fuß abſtanden. Wenn er die Sache auf dieſe Art zur Richtigkeit gebracht hatte, ſo ſtellte er ſich grade uͤber hin, gleichfalls neun Fuß weit davon, und hielte einen Finger zwiſchen den Augen, welcher dem rech- ten Auge das linke Gemaͤrk, und dem linken Auge das rechte verdekken muſte. Er richtete ferner beide Augen auf den Finger, ſo daß dieſer Finger die zwei Sehachſen zwiſchen ſich hatte: Und in dieſer Stellung verſchwand das weiſſe Pappier ganz und gar.
Noch auf eine etwas andere Weiſe ſtellte E. Ma- riotte eben dieſen Verſuch folgendergeſtalt an (c). Er beveſtigte zwei weiſſe Pappiere, welche drei Fuß von ein- ander abſtanden, an der Wand. Er ſelbſt entfernte ſich zwoͤlf Fuß weit von den Pappieren, und hielte den Dau- men zwiſchen die Augen, den er aber aufrecht hielte, und acht Zoll weit davon entfernt hatte. Wenn er nun die beiden Augen zu dem Daumen hinkehrte, ſo verſchwanden beide Pappiere.
Jndem der beruͤhmte Stancarius zeigen wolte, daß der Eintritt des Sehenerven keinesweges blind ſei, und er den Verſuch des Mariotti wiederholet hatte, ſo zeig- te derſelbe, daß die blinde Stelle von den Mittelpunkte des Sehenerven um dreieilftheil, die man zwiſchen dieſen Mittelpunkt, und dem Mittelpunkt der Cryſtallinſe nimmt (d), entfernt ſei. Doch es wuͤrde dieſer Verſuch dem Ma- riotti guͤnſtiger ſein, es liegt nemlich allerdings die blin- de Stelle von dem Mittelpunkte des Sehenerven gegen die Naſe zu ab.
Aus allen dieſen Verſuchen, und einem andern noch ſubtilern Verſuche des Daniel Bernoulli erhellet (e), daß das Object alsdenn verſchwinde, wenn es dem Ein- gange des Sehenerven gerade gegen uͤber geſtellt wird,
und
(c)[Spaltenumbruch]p. 516. PORTERFIELD l. c. T. II. p. 228.
(d)Giorn- de Letter Vol. XVII. pag. 295.
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
vom Pappier zwei Fuß abſtanden. Wenn er die Sache
auf dieſe Art zur Richtigkeit gebracht hatte, ſo ſtellte er
ſich grade uͤber hin, gleichfalls neun Fuß weit davon, und
hielte einen Finger zwiſchen den Augen, welcher dem rech-
ten Auge das linke Gemaͤrk, und dem linken Auge das
rechte verdekken muſte. Er richtete ferner beide Augen
auf den Finger, ſo daß dieſer Finger die zwei Sehachſen
zwiſchen ſich hatte: Und in dieſer Stellung verſchwand
das weiſſe Pappier ganz und gar.
Noch auf eine etwas andere Weiſe ſtellte E. Ma-
riotte eben dieſen Verſuch folgendergeſtalt an (c). Er
beveſtigte zwei weiſſe Pappiere, welche drei Fuß von ein-
ander abſtanden, an der Wand. Er ſelbſt entfernte ſich
zwoͤlf Fuß weit von den Pappieren, und hielte den Dau-
men zwiſchen die Augen, den er aber aufrecht hielte, und
acht Zoll weit davon entfernt hatte. Wenn er nun die
beiden Augen zu dem Daumen hinkehrte, ſo verſchwanden
beide Pappiere.
Jndem der beruͤhmte Stancarius zeigen wolte, daß
der Eintritt des Sehenerven keinesweges blind ſei, und
er den Verſuch des Mariotti wiederholet hatte, ſo zeig-
te derſelbe, daß die blinde Stelle von den Mittelpunkte
des Sehenerven um dreieilftheil, die man zwiſchen dieſen
Mittelpunkt, und dem Mittelpunkt der Cryſtallinſe nimmt
(d), entfernt ſei. Doch es wuͤrde dieſer Verſuch dem Ma-
riotti guͤnſtiger ſein, es liegt nemlich allerdings die blin-
de Stelle von dem Mittelpunkte des Sehenerven gegen
die Naſe zu ab.
Aus allen dieſen Verſuchen, und einem andern noch
ſubtilern Verſuche des Daniel Bernoulli erhellet (e),
daß das Object alsdenn verſchwinde, wenn es dem Ein-
gange des Sehenerven gerade gegen uͤber geſtellt wird,
und
(c)
p. 516. PORTERFIELD l. c.
T. II. p. 228.
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pag. 295.
(e)
Comm. Acad. Petrop. T. p.
314. ſeqq.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 957. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/975>, abgerufen am 23.11.2024.
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