Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Abschnitt. Das Sehen.
Objecte auf der Nezzhaut abgemahlt, weil die dunkle
Hornhaut hinterwärts durchsichtig ist. Jch habe diesen
Versuch selbst nachgemacht. Von einem gewissen le Mai-
re
lieset man, daß dieser vermittelst eines gewissen Ver-
grösserungsglases das Bild auf der Nezzhaut in seinem
oder fremden Auge gemahlt gesehen habe (n). Folglich
hat man schon vorlängst gewust, daß im Auge ein dunk-
les Zimmer
statt finde (o), an dessen weisser Wand das
Bild von Körpern so ausserhalb der Kammer liegen, wenn
es durch eine Glaslinse fährt, abgemahlt wird.

§. 4
Die Stelle des Gemähldes.

Es befindet sich dieses Gemählde an der äusseren Sei-
te des eintretenden Sehenervens, da wo die Achse des Au-
ges die Nezzhaut durchschneidet, und wo die den Perpen-
dikul nächsten Strahlen mit dem Perpendikularstrahl selbst
zusammenkommen, und sehr lebhaft sind. Man glaubet
auch, daß in dieser Gegend die Nezzhaut empfindlicher
sei (p). Wenigstens wird dieser Theil der Fasern getrof-
fen, welcher näher vom Gehirne abliegt (q), und es läst
sich durch Versuche beweisen, daß an der Nezzhaut ein
einziger wirklich empfindender Punkt, woran die Objecte
sich mit einem guten Erfolg abmahlen (r).

Es liegt aber der Eintritt des Sehenerven selbst ins
Auge, weder in der Achse des Auges selbst, noch so, daß
er überhaupt geschikkt sei, ein Bild aufzunehmen, und
endlich sehen wir das Bild an dieser Stelle nicht. Jn
den vierfüßigen Thieren ist dieser Zugang des Sehenerven
mit einer fadigen Membran bedekkt (s), welche ohne Zwei-

fel,
(n) [Spaltenumbruch] Iourn. de Trevoux ann.
1727. m. Febr.
(o) SCHEINER pag. 161. 162.
PLEMP. pag. 81. 82. S' GRAVE-
ZANDE n. 3060. 3071. 3075.
Hamb. Magaz. T. VIII. pag. 426.
T. XXIV. SANCTOR l. c.
Die
[Spaltenumbruch] Laterna Magica erfand I. B. POR-
TA.
Besiehe dessen L. XVII. c. 6.
(p) PORTERFIELD l. c. T. II.
p. 222. CAMPER de visu p.
8.
(q) Wegen schiefer Jnserirung
pag. 352.
(r) REGHELLINI p. XLI.
(s) pag. 363.

IV. Abſchnitt. Das Sehen.
Objecte auf der Nezzhaut abgemahlt, weil die dunkle
Hornhaut hinterwaͤrts durchſichtig iſt. Jch habe dieſen
Verſuch ſelbſt nachgemacht. Von einem gewiſſen le Mai-
re
lieſet man, daß dieſer vermittelſt eines gewiſſen Ver-
groͤſſerungsglaſes das Bild auf der Nezzhaut in ſeinem
oder fremden Auge gemahlt geſehen habe (n). Folglich
hat man ſchon vorlaͤngſt gewuſt, daß im Auge ein dunk-
les Zimmer
ſtatt finde (o), an deſſen weiſſer Wand das
Bild von Koͤrpern ſo auſſerhalb der Kammer liegen, wenn
es durch eine Glaslinſe faͤhrt, abgemahlt wird.

§. 4
Die Stelle des Gemaͤhldes.

Es befindet ſich dieſes Gemaͤhlde an der aͤuſſeren Sei-
te des eintretenden Sehenervens, da wo die Achſe des Au-
ges die Nezzhaut durchſchneidet, und wo die den Perpen-
dikul naͤchſten Strahlen mit dem Perpendikularſtrahl ſelbſt
zuſammenkommen, und ſehr lebhaft ſind. Man glaubet
auch, daß in dieſer Gegend die Nezzhaut empfindlicher
ſei (p). Wenigſtens wird dieſer Theil der Faſern getrof-
fen, welcher naͤher vom Gehirne abliegt (q), und es laͤſt
ſich durch Verſuche beweiſen, daß an der Nezzhaut ein
einziger wirklich empfindender Punkt, woran die Objecte
ſich mit einem guten Erfolg abmahlen (r).

Es liegt aber der Eintritt des Sehenerven ſelbſt ins
Auge, weder in der Achſe des Auges ſelbſt, noch ſo, daß
er uͤberhaupt geſchikkt ſei, ein Bild aufzunehmen, und
endlich ſehen wir das Bild an dieſer Stelle nicht. Jn
den vierfuͤßigen Thieren iſt dieſer Zugang des Sehenerven
mit einer fadigen Membran bedekkt (s), welche ohne Zwei-

fel,
(n) [Spaltenumbruch] Iourn. de Trevoux ann.
1727. m. Febr.
(o) SCHEINER pag. 161. 162.
PLEMP. pag. 81. 82. S’ GRAVE-
ZANDE n. 3060. 3071. 3075.
Hamb. Magaz. T. VIII. pag. 426.
T. XXIV. SANCTOR l. c.
Die
[Spaltenumbruch] Laterna Magica erfand I. B. POR-
TA.
Beſiehe deſſen L. XVII. c. 6.
(p) PORTERFIELD l. c. T. II.
p. 222. CAMPER de viſu p.
8.
(q) Wegen ſchiefer Jnſerirung
pag. 352.
(r) REGHELLINI p. XLI.
(s) pag. 363.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0973" n="955"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Das Sehen.</hi></fw><lb/>
Objecte auf der Nezzhaut abgemahlt, weil die dunkle<lb/>
Hornhaut hinterwa&#x0364;rts durch&#x017F;ichtig i&#x017F;t. Jch habe die&#x017F;en<lb/>
Ver&#x017F;uch &#x017F;elb&#x017F;t nachgemacht. Von einem gewi&#x017F;&#x017F;en le <hi rendition="#fr">Mai-<lb/>
re</hi> lie&#x017F;et man, daß die&#x017F;er vermittel&#x017F;t eines gewi&#x017F;&#x017F;en Ver-<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungsgla&#x017F;es das Bild auf der Nezzhaut in &#x017F;einem<lb/>
oder fremden Auge gemahlt ge&#x017F;ehen habe <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq">Iourn. de Trevoux ann.<lb/>
1727. m. Febr.</hi></note>. Folglich<lb/>
hat man &#x017F;chon vorla&#x0364;ng&#x017F;t gewu&#x017F;t, daß im Auge ein <hi rendition="#fr">dunk-<lb/>
les Zimmer</hi> &#x017F;tatt finde <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">SCHEINER pag. 161. 162.<lb/>
PLEMP. pag. 81. 82. S&#x2019; GRAVE-<lb/>
ZANDE n. 3060. 3071. 3075.<lb/>
Hamb. Magaz. T. VIII. pag. 426.<lb/>
T. XXIV. SANCTOR l. c.</hi> Die<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">Laterna Magica</hi> erfand <hi rendition="#aq">I. B. POR-<lb/>
TA.</hi> Be&#x017F;iehe de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">L. XVII. c.</hi> 6.</note>, an de&#x017F;&#x017F;en wei&#x017F;&#x017F;er Wand das<lb/>
Bild von Ko&#x0364;rpern &#x017F;o au&#x017F;&#x017F;erhalb der Kammer liegen, wenn<lb/>
es durch eine Glaslin&#x017F;e fa&#x0364;hrt, abgemahlt wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 4<lb/><hi rendition="#b">Die Stelle des Gema&#x0364;hldes.</hi></head><lb/>
            <p>Es befindet &#x017F;ich die&#x017F;es Gema&#x0364;hlde an der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;eren Sei-<lb/>
te des eintretenden Sehenervens, da wo die Ach&#x017F;e des Au-<lb/>
ges die Nezzhaut durch&#x017F;chneidet, und wo die den Perpen-<lb/>
dikul na&#x0364;ch&#x017F;ten Strahlen mit dem Perpendikular&#x017F;trahl &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zu&#x017F;ammenkommen, und &#x017F;ehr lebhaft &#x017F;ind. Man glaubet<lb/>
auch, daß in die&#x017F;er Gegend die Nezzhaut empfindlicher<lb/>
&#x017F;ei <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">PORTERFIELD l. c. T. II.<lb/>
p. 222. CAMPER de vi&#x017F;u p.</hi> 8.</note>. Wenig&#x017F;tens wird die&#x017F;er Theil der Fa&#x017F;ern getrof-<lb/>
fen, welcher na&#x0364;her vom Gehirne abliegt <note place="foot" n="(q)">Wegen &#x017F;chiefer Jn&#x017F;erirung<lb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 352.</note>, und es la&#x0364;&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ich durch Ver&#x017F;uche bewei&#x017F;en, daß an der Nezzhaut ein<lb/>
einziger wirklich empfindender Punkt, woran die Objecte<lb/>
&#x017F;ich mit einem guten Erfolg abmahlen <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">REGHELLINI p. XLI.</hi></note>.</p><lb/>
            <p>Es liegt aber der Eintritt des Sehenerven &#x017F;elb&#x017F;t ins<lb/>
Auge, weder in der Ach&#x017F;e des Auges &#x017F;elb&#x017F;t, noch &#x017F;o, daß<lb/>
er u&#x0364;berhaupt ge&#x017F;chikkt &#x017F;ei, ein Bild aufzunehmen, und<lb/>
endlich &#x017F;ehen wir das Bild an die&#x017F;er Stelle nicht. Jn<lb/>
den vierfu&#x0364;ßigen Thieren i&#x017F;t die&#x017F;er Zugang des Sehenerven<lb/>
mit einer fadigen Membran bedekkt <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">pag.</hi> 363.</note>, welche ohne Zwei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fel,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[955/0973] IV. Abſchnitt. Das Sehen. Objecte auf der Nezzhaut abgemahlt, weil die dunkle Hornhaut hinterwaͤrts durchſichtig iſt. Jch habe dieſen Verſuch ſelbſt nachgemacht. Von einem gewiſſen le Mai- re lieſet man, daß dieſer vermittelſt eines gewiſſen Ver- groͤſſerungsglaſes das Bild auf der Nezzhaut in ſeinem oder fremden Auge gemahlt geſehen habe (n). Folglich hat man ſchon vorlaͤngſt gewuſt, daß im Auge ein dunk- les Zimmer ſtatt finde (o), an deſſen weiſſer Wand das Bild von Koͤrpern ſo auſſerhalb der Kammer liegen, wenn es durch eine Glaslinſe faͤhrt, abgemahlt wird. §. 4 Die Stelle des Gemaͤhldes. Es befindet ſich dieſes Gemaͤhlde an der aͤuſſeren Sei- te des eintretenden Sehenervens, da wo die Achſe des Au- ges die Nezzhaut durchſchneidet, und wo die den Perpen- dikul naͤchſten Strahlen mit dem Perpendikularſtrahl ſelbſt zuſammenkommen, und ſehr lebhaft ſind. Man glaubet auch, daß in dieſer Gegend die Nezzhaut empfindlicher ſei (p). Wenigſtens wird dieſer Theil der Faſern getrof- fen, welcher naͤher vom Gehirne abliegt (q), und es laͤſt ſich durch Verſuche beweiſen, daß an der Nezzhaut ein einziger wirklich empfindender Punkt, woran die Objecte ſich mit einem guten Erfolg abmahlen (r). Es liegt aber der Eintritt des Sehenerven ſelbſt ins Auge, weder in der Achſe des Auges ſelbſt, noch ſo, daß er uͤberhaupt geſchikkt ſei, ein Bild aufzunehmen, und endlich ſehen wir das Bild an dieſer Stelle nicht. Jn den vierfuͤßigen Thieren iſt dieſer Zugang des Sehenerven mit einer fadigen Membran bedekkt (s), welche ohne Zwei- fel, (n) Iourn. de Trevoux ann. 1727. m. Febr. (o) SCHEINER pag. 161. 162. PLEMP. pag. 81. 82. S’ GRAVE- ZANDE n. 3060. 3071. 3075. Hamb. Magaz. T. VIII. pag. 426. T. XXIV. SANCTOR l. c. Die Laterna Magica erfand I. B. POR- TA. Beſiehe deſſen L. XVII. c. 6. (p) PORTERFIELD l. c. T. II. p. 222. CAMPER de viſu p. 8. (q) Wegen ſchiefer Jnſerirung pag. 352. (r) REGHELLINI p. XLI. (s) pag. 363.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/973
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 955. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/973>, abgerufen am 23.11.2024.