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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Das Gehör. XV. Buch.
zerstöhret worden, bisweilen etwas hören kann (y), oder
wenigstens doch noch ein Sausen (z), oder ein Gehör der
Bewegungen, die in unserm Körper vorgehen, und der
Thöne, die über unserm Kopfwirbel gemacht werden (a),
oder uns durch die feste Knochens mitgetheilet werden,
übrig bleibt (b). Ein Tauber, welcher nicht einmal
den Schuß der Büchsen hören konnte, vornahm den-
noch das inwendige Getöse (b*). Es empfinden aber
diese Theile viel vom Schmerz (c), und Getöse. Jch
habe oftermals in hizzigen Krankheiten von dem zarten
Blutergiessen der Schlagäderchen, die man im inwendi-
gen Ohre gewiß nur klein demonstriren kann, ungeheu-
res Getöse, und als ob der Kopf von Wellen überschwem-
met worden, ausstehen müssen. Eine ins Ohr gefallene
Fliege erregte darinnen gleichsam ein schrekkliches Don-
nerwetter (d).

Dieses alles übersteiget gar nicht die Vermuthung.
Denn hier ist ein blos liegender Nervenbrei: wie scharf
aber die Empfindung desselben sei, kann man leicht von
einem ganz kleinen Zahnnerven abnehmen, wenn man
diesen ebenfalls entblößt, und berührt.

Nun zweifelt Niemand, daß nicht das Gehör von
der Berührung des weichen Gehörnerven durch die schal-
lende Bebungen entstehen sollte; denn man findet fast

die-
(y) [Spaltenumbruch] Jn den Tauben ein Ohren-
klingen. TULP. L. I. obs 35.
(z) Vom Ausfallen des Ham-
mers ein Klingen. MANGET,
bibl. p.
464. 265.
(a) p. 253.
(b) Id.
(b*) SCHMETIUS, Miscell. L.
X. p.
548.
(c) Ein heftiges Kopfweh von
einem Geschwür in den Hölen
des Gehöres SCHRADER, Dec.
III. obs. 10. & a.
wurde geheilt
von einem herausgenommenen
[Spaltenumbruch] Wurme. ZACUT, prax. med.
mirab. L. I. obs. 7. A.
Von
Donnerwetter ein unerträglich
langwieriges Klingen RIVIN,
l. c. pag.
16. Vom Stükklösen,
bei Kopfwunden sehr schwere Zu-
fälle, findet man erzählt in den
Schriften des PARE, L. IX.
cap.
14. Ein Kind starb davon.
HILDAN, Cent. I. obs. 19.
todtlicher Schlagfluß AMAT,
Cent. III. cur.
22.
(d) BINNINGER, Cent. IV.
obs.
81.

Das Gehoͤr. XV. Buch.
zerſtoͤhret worden, bisweilen etwas hoͤren kann (y), oder
wenigſtens doch noch ein Sauſen (z), oder ein Gehoͤr der
Bewegungen, die in unſerm Koͤrper vorgehen, und der
Thoͤne, die uͤber unſerm Kopfwirbel gemacht werden (a),
oder uns durch die feſte Knochens mitgetheilet werden,
uͤbrig bleibt (b). Ein Tauber, welcher nicht einmal
den Schuß der Buͤchſen hoͤren konnte, vornahm den-
noch das inwendige Getoͤſe (b*). Es empfinden aber
dieſe Theile viel vom Schmerz (c), und Getoͤſe. Jch
habe oftermals in hizzigen Krankheiten von dem zarten
Blutergieſſen der Schlagaͤderchen, die man im inwendi-
gen Ohre gewiß nur klein demonſtriren kann, ungeheu-
res Getoͤſe, und als ob der Kopf von Wellen uͤberſchwem-
met worden, ausſtehen muͤſſen. Eine ins Ohr gefallene
Fliege erregte darinnen gleichſam ein ſchrekkliches Don-
nerwetter (d).

Dieſes alles uͤberſteiget gar nicht die Vermuthung.
Denn hier iſt ein blos liegender Nervenbrei: wie ſcharf
aber die Empfindung deſſelben ſei, kann man leicht von
einem ganz kleinen Zahnnerven abnehmen, wenn man
dieſen ebenfalls entbloͤßt, und beruͤhrt.

Nun zweifelt Niemand, daß nicht das Gehoͤr von
der Beruͤhrung des weichen Gehoͤrnerven durch die ſchal-
lende Bebungen entſtehen ſollte; denn man findet faſt

die-
(y) [Spaltenumbruch] Jn den Tauben ein Ohren-
klingen. TULP. L. I. obſ 35.
(z) Vom Ausfallen des Ham-
mers ein Klingen. MANGET,
bibl. p.
464. 265.
(a) p. 253.
(b) Id.
(b*) SCHMETIUS, Miſcell. L.
X. p.
548.
(c) Ein heftiges Kopfweh von
einem Geſchwuͤr in den Hoͤlen
des Gehoͤres SCHRADER, Dec.
III. obſ. 10. & a.
wurde geheilt
von einem herausgenommenen
[Spaltenumbruch] Wurme. ZACUT, prax. med.
mirab. L. I. obſ. 7. A.
Von
Donnerwetter ein unertraͤglich
langwieriges Klingen RIVIN,
l. c. pag.
16. Vom Stuͤkkloͤſen,
bei Kopfwunden ſehr ſchwere Zu-
faͤlle, findet man erzaͤhlt in den
Schriften des PARE, L. IX.
cap.
14. Ein Kind ſtarb davon.
HILDAN, Cent. I. obſ. 19.
todtlicher Schlagfluß AMAT,
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[684/0702] Das Gehoͤr. XV. Buch. zerſtoͤhret worden, bisweilen etwas hoͤren kann (y), oder wenigſtens doch noch ein Sauſen (z), oder ein Gehoͤr der Bewegungen, die in unſerm Koͤrper vorgehen, und der Thoͤne, die uͤber unſerm Kopfwirbel gemacht werden (a), oder uns durch die feſte Knochens mitgetheilet werden, uͤbrig bleibt (b). Ein Tauber, welcher nicht einmal den Schuß der Buͤchſen hoͤren konnte, vornahm den- noch das inwendige Getoͤſe (b*). Es empfinden aber dieſe Theile viel vom Schmerz (c), und Getoͤſe. Jch habe oftermals in hizzigen Krankheiten von dem zarten Blutergieſſen der Schlagaͤderchen, die man im inwendi- gen Ohre gewiß nur klein demonſtriren kann, ungeheu- res Getoͤſe, und als ob der Kopf von Wellen uͤberſchwem- met worden, ausſtehen muͤſſen. Eine ins Ohr gefallene Fliege erregte darinnen gleichſam ein ſchrekkliches Don- nerwetter (d). Dieſes alles uͤberſteiget gar nicht die Vermuthung. Denn hier iſt ein blos liegender Nervenbrei: wie ſcharf aber die Empfindung deſſelben ſei, kann man leicht von einem ganz kleinen Zahnnerven abnehmen, wenn man dieſen ebenfalls entbloͤßt, und beruͤhrt. Nun zweifelt Niemand, daß nicht das Gehoͤr von der Beruͤhrung des weichen Gehoͤrnerven durch die ſchal- lende Bebungen entſtehen ſollte; denn man findet faſt die- (y) Jn den Tauben ein Ohren- klingen. TULP. L. I. obſ 35. (z) Vom Ausfallen des Ham- mers ein Klingen. MANGET, bibl. p. 464. 265. (a) p. 253. (b) Id. (b*) SCHMETIUS, Miſcell. L. X. p. 548. (c) Ein heftiges Kopfweh von einem Geſchwuͤr in den Hoͤlen des Gehoͤres SCHRADER, Dec. III. obſ. 10. & a. wurde geheilt von einem herausgenommenen Wurme. ZACUT, prax. med. mirab. L. I. obſ. 7. A. Von Donnerwetter ein unertraͤglich langwieriges Klingen RIVIN, l. c. pag. 16. Vom Stuͤkkloͤſen, bei Kopfwunden ſehr ſchwere Zu- faͤlle, findet man erzaͤhlt in den Schriften des PARE, L. IX. cap. 14. Ein Kind ſtarb davon. HILDAN, Cent. I. obſ. 19. todtlicher Schlagfluß AMAT, Cent. III. cur. 22. (d) BINNINGER, Cent. IV. obſ. 81.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/702>, abgerufen am 23.11.2024.