Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschnitt. Erscheinungen.
vom Gifte, oder einem andern Reize berürt werden;
eben so sieht man, daß sich diese Bewegung bisweilen bis
in die benachbarte Theile verbreitet, wie man an der Ue-
bereinstimmung des Zwerchfells bei dem Erbrechen gewar
wird, ob die Ursache des Reizes zum Erbrechen gleich
im Magen liegt (c+).

Es scheinet diese Uebereinstimmung entweder durch
die Nerven zu geschehen, welche beiden Theilen gemein
sind, oder durch das Zellgewebe fortzulaufen (c++).

So zieht sich der Regenbogen offenbar zusammen,
nicht weil er dazu eine eigene Kraft hat, denn er ist nicht
reizbar, sondern vermöge des gereizten Nezzhäutgen (d).

Man ersiehet daraus, daß wenn eine Faser des Mus-
kels angezogen, und nunmehr kürzer wird, die benach-
barte Fasern selbst, vermittelst der zellförmigen Fesseln,
mit angezogen, und solchergestalt gereizt werden; eine ge-
reizte Faser zieht sich aber zusammen.

§. 15.
Die Nervenkraft.

Es offenbaret sich, ausser der einer Muskelfaser we-
sentlichen Kraft, noch eine andre in derselben, welche der
vorigen in so fern gleich ist, daß sie ebenfalls ganz allein
in der Muskelfaser ihren Sizz hat. Dieses lehren die
Versuche so, und es wiederspricht dieser Erfarung Nie-
mand, indem ich denjenigen Schriftsteller übergehe (e),
welcher die Theile des menschlichen Körpers nicht von den
Muskeln, sondern von der tonischen Kraft der Knochen-
häutgen, und der Membranen bewegen läst. Man hätte

bei
(c+) [Spaltenumbruch] Von elektrischer Erschüt-
terung erfolgte an einem Geläm-
ten, im steifen Gliede, eine durch-
gängige Bewegung. Mem. de
l'Acad. 1749. p.
32.
(c++) WHYTT vit. mot.
[Spaltenumbruch] p. 250. Essays p. 50. 51. Journ.
de Med. 1756. Dec.
(d) CALDANI Epist. II. p.
367. Oper. Min. pag. 372. seqq.
(e) LIBERTUS de mecha-
nism. in corp. hum. absent. n.
16.

II. Abſchnitt. Erſcheinungen.
vom Gifte, oder einem andern Reize beruͤrt werden;
eben ſo ſieht man, daß ſich dieſe Bewegung bisweilen bis
in die benachbarte Theile verbreitet, wie man an der Ue-
bereinſtimmung des Zwerchfells bei dem Erbrechen gewar
wird, ob die Urſache des Reizes zum Erbrechen gleich
im Magen liegt (c†).

Es ſcheinet dieſe Uebereinſtimmung entweder durch
die Nerven zu geſchehen, welche beiden Theilen gemein
ſind, oder durch das Zellgewebe fortzulaufen (c††).

So zieht ſich der Regenbogen offenbar zuſammen,
nicht weil er dazu eine eigene Kraft hat, denn er iſt nicht
reizbar, ſondern vermoͤge des gereizten Nezzhaͤutgen (d).

Man erſiehet daraus, daß wenn eine Faſer des Muſ-
kels angezogen, und nunmehr kuͤrzer wird, die benach-
barte Faſern ſelbſt, vermittelſt der zellfoͤrmigen Feſſeln,
mit angezogen, und ſolchergeſtalt gereizt werden; eine ge-
reizte Faſer zieht ſich aber zuſammen.

§. 15.
Die Nervenkraft.

Es offenbaret ſich, auſſer der einer Muſkelfaſer we-
ſentlichen Kraft, noch eine andre in derſelben, welche der
vorigen in ſo fern gleich iſt, daß ſie ebenfalls ganz allein
in der Muſkelfaſer ihren Sizz hat. Dieſes lehren die
Verſuche ſo, und es wiederſpricht dieſer Erfarung Nie-
mand, indem ich denjenigen Schriftſteller uͤbergehe (e),
welcher die Theile des menſchlichen Koͤrpers nicht von den
Muſkeln, ſondern von der toniſchen Kraft der Knochen-
haͤutgen, und der Membranen bewegen laͤſt. Man haͤtte

bei
(c†) [Spaltenumbruch] Von elektriſcher Erſchuͤt-
terung erfolgte an einem Gelaͤm-
ten, im ſteifen Gliede, eine durch-
gaͤngige Bewegung. Mem. de
l’Acad. 1749. p.
32.
(c††) WHYTT vit. mot.
[Spaltenumbruch] p. 250. Eſſays p. 50. 51. Journ.
de Med. 1756. Dec.
(d) CALDANI Epiſt. II. p.
367. Oper. Min. pag. 372. ſeqq.
(e) LIBERTUS de mecha-
niſm. in corp. hum. abſent. n.
16.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0063" n="45"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Er&#x017F;cheinungen.</hi></fw><lb/>
vom Gifte, oder einem andern Reize beru&#x0364;rt werden;<lb/>
eben &#x017F;o &#x017F;ieht man, daß &#x017F;ich die&#x017F;e Bewegung bisweilen bis<lb/>
in die benachbarte Theile verbreitet, wie man an der Ue-<lb/>
berein&#x017F;timmung des Zwerchfells bei dem Erbrechen gewar<lb/>
wird, ob die Ur&#x017F;ache des Reizes zum Erbrechen gleich<lb/>
im Magen liegt <note place="foot" n="(c&#x2020;)"><cb/>
Von elektri&#x017F;cher Er&#x017F;chu&#x0364;t-<lb/>
terung erfolgte an einem Gela&#x0364;m-<lb/>
ten, im &#x017F;teifen Gliede, eine durch-<lb/>
ga&#x0364;ngige Bewegung. <hi rendition="#aq">Mem. de<lb/>
l&#x2019;Acad. 1749. p.</hi> 32.</note>.</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;cheinet die&#x017F;e Ueberein&#x017F;timmung entweder durch<lb/>
die Nerven zu ge&#x017F;chehen, welche beiden Theilen gemein<lb/>
&#x017F;ind, oder durch das Zellgewebe fortzulaufen <note place="foot" n="(c&#x2020;&#x2020;)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WHYTT</hi> vit. mot.<lb/><cb/>
p. 250. E&#x017F;&#x017F;ays p. 50. 51. Journ.<lb/>
de Med. 1756. Dec.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>So zieht &#x017F;ich der Regenbogen offenbar zu&#x017F;ammen,<lb/>
nicht weil er dazu eine eigene Kraft hat, denn er i&#x017F;t nicht<lb/>
reizbar, &#x017F;ondern vermo&#x0364;ge des gereizten Nezzha&#x0364;utgen <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CALDANI</hi> Epi&#x017F;t. II. p.<lb/>
367. Oper. Min. pag. 372. &#x017F;eqq.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Man er&#x017F;iehet daraus, daß wenn eine Fa&#x017F;er des Mu&#x017F;-<lb/>
kels angezogen, und nunmehr ku&#x0364;rzer wird, die benach-<lb/>
barte Fa&#x017F;ern &#x017F;elb&#x017F;t, vermittel&#x017F;t der zellfo&#x0364;rmigen Fe&#x017F;&#x017F;eln,<lb/>
mit angezogen, und &#x017F;olcherge&#x017F;talt gereizt werden; eine ge-<lb/>
reizte Fa&#x017F;er zieht &#x017F;ich aber zu&#x017F;ammen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 15.<lb/><hi rendition="#b">Die Nervenkraft.</hi></head><lb/>
          <p>Es offenbaret &#x017F;ich, au&#x017F;&#x017F;er der einer Mu&#x017F;kelfa&#x017F;er we-<lb/>
&#x017F;entlichen Kraft, noch eine andre in der&#x017F;elben, welche der<lb/>
vorigen in &#x017F;o fern gleich i&#x017F;t, daß &#x017F;ie ebenfalls ganz allein<lb/>
in der Mu&#x017F;kelfa&#x017F;er ihren Sizz hat. Die&#x017F;es lehren die<lb/>
Ver&#x017F;uche &#x017F;o, und es wieder&#x017F;pricht die&#x017F;er Erfarung Nie-<lb/>
mand, indem ich denjenigen Schrift&#x017F;teller u&#x0364;bergehe <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">LIBERTUS</hi> de mecha-<lb/>
ni&#x017F;m. in corp. hum. ab&#x017F;ent. n.</hi> 16.</note>,<lb/>
welcher die Theile des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers nicht von den<lb/>
Mu&#x017F;keln, &#x017F;ondern von der toni&#x017F;chen Kraft der Knochen-<lb/>
ha&#x0364;utgen, und der Membranen bewegen la&#x0364;&#x017F;t. Man ha&#x0364;tte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bei</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0063] II. Abſchnitt. Erſcheinungen. vom Gifte, oder einem andern Reize beruͤrt werden; eben ſo ſieht man, daß ſich dieſe Bewegung bisweilen bis in die benachbarte Theile verbreitet, wie man an der Ue- bereinſtimmung des Zwerchfells bei dem Erbrechen gewar wird, ob die Urſache des Reizes zum Erbrechen gleich im Magen liegt (c†). Es ſcheinet dieſe Uebereinſtimmung entweder durch die Nerven zu geſchehen, welche beiden Theilen gemein ſind, oder durch das Zellgewebe fortzulaufen (c††). So zieht ſich der Regenbogen offenbar zuſammen, nicht weil er dazu eine eigene Kraft hat, denn er iſt nicht reizbar, ſondern vermoͤge des gereizten Nezzhaͤutgen (d). Man erſiehet daraus, daß wenn eine Faſer des Muſ- kels angezogen, und nunmehr kuͤrzer wird, die benach- barte Faſern ſelbſt, vermittelſt der zellfoͤrmigen Feſſeln, mit angezogen, und ſolchergeſtalt gereizt werden; eine ge- reizte Faſer zieht ſich aber zuſammen. §. 15. Die Nervenkraft. Es offenbaret ſich, auſſer der einer Muſkelfaſer we- ſentlichen Kraft, noch eine andre in derſelben, welche der vorigen in ſo fern gleich iſt, daß ſie ebenfalls ganz allein in der Muſkelfaſer ihren Sizz hat. Dieſes lehren die Verſuche ſo, und es wiederſpricht dieſer Erfarung Nie- mand, indem ich denjenigen Schriftſteller uͤbergehe (e), welcher die Theile des menſchlichen Koͤrpers nicht von den Muſkeln, ſondern von der toniſchen Kraft der Knochen- haͤutgen, und der Membranen bewegen laͤſt. Man haͤtte bei (c†) Von elektriſcher Erſchuͤt- terung erfolgte an einem Gelaͤm- ten, im ſteifen Gliede, eine durch- gaͤngige Bewegung. Mem. de l’Acad. 1749. p. 32. (c††) WHYTT vit. mot. p. 250. Eſſays p. 50. 51. Journ. de Med. 1756. Dec. (d) CALDANI Epiſt. II. p. 367. Oper. Min. pag. 372. ſeqq. (e) LIBERTUS de mecha- niſm. in corp. hum. abſent. n. 16.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/63
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/63>, abgerufen am 23.11.2024.