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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Geruch. XIV. Buch.
gewar werde, daß man gegen diese edle Verrichtung des
Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich lese, der-
selbe sei da in Ueberflusse vorhanden, wo kein Riechen
statt findet, als in den Sinussen; so erlaubt mir doch die
Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen
angenommenen Meinung abzugehen.

Es scheint nämlich gar kein Zweifel zu sein, daß
nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die
Luft und Speise nimmt, zur Beschüzzung der Nerven
den Schleim veranstalte, und es zwingen uns die Zufälle,
welche auf den Verlust des Schleimes auf diesen Strassen
erfolgen, solches zu gestehen. Nun ist es mehr, als
warscheinlich, daß ein änlicher Bau in der Nase, auch
eine änliche Absicht gehabt haben mus.

Nun finde ich diesen Schleim, welchen die alten
Griechen coruza nannten, in der That in den Sinussen,
sonderlich in dem Kiefersinus vorzüglich, wie auch in dem
Keilsinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichtesten,
wenn ich die umliegende Knochen allmälig wegnehme,
damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem
Schleime aufgeschwollen ist, übrig bleibe. Jch glaube es
berümten Männern, daß die Sinus ohne dergleichen
Schleim (z) gewesen, allein nur in so fern, daß sie daraus
nichts gegen meine Versuche, da ich diesen Schleim in
Menschen so oft angetroffen habe, folgern.

Es leeret sich der Schleim leicht aus dem Stirn und
den Siebsinussen aus, an denen ihre Auswurfsgänge, wie-
wohl nach vorne zu und rükkwärts schief herablaufen (a).
Der Keilsinus (b) leeret sich leichter aus, wenn man den
Kopf vorwerts herabbükkt, der Kiefersinus, wenn man

den
(u) [Spaltenumbruch] Der berümte AURIVIL-
LIUS p.
42.
(y) im sphenideo und Maxillari
Sinu INGRASSIAS pag.
100. im
Stirnsinus keinen Idem. Denn die-
ser leert sich leicht aus.
(z) [Spaltenumbruch] SCHNEIDER oss. cribr.
praef. et de anim. pag.
180. 181.
184.
(a) p. 139.
(b) p. 140.

Der Geruch. XIV. Buch.
gewar werde, daß man gegen dieſe edle Verrichtung des
Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich leſe, der-
ſelbe ſei da in Ueberfluſſe vorhanden, wo kein Riechen
ſtatt findet, als in den Sinuſſen; ſo erlaubt mir doch die
Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen
angenommenen Meinung abzugehen.

Es ſcheint naͤmlich gar kein Zweifel zu ſein, daß
nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die
Luft und Speiſe nimmt, zur Beſchuͤzzung der Nerven
den Schleim veranſtalte, und es zwingen uns die Zufaͤlle,
welche auf den Verluſt des Schleimes auf dieſen Straſſen
erfolgen, ſolches zu geſtehen. Nun iſt es mehr, als
warſcheinlich, daß ein aͤnlicher Bau in der Naſe, auch
eine aͤnliche Abſicht gehabt haben mus.

Nun finde ich dieſen Schleim, welchen die alten
Griechen coruza nannten, in der That in den Sinuſſen,
ſonderlich in dem Kieferſinus vorzuͤglich, wie auch in dem
Keilſinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichteſten,
wenn ich die umliegende Knochen allmaͤlig wegnehme,
damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem
Schleime aufgeſchwollen iſt, uͤbrig bleibe. Jch glaube es
beruͤmten Maͤnnern, daß die Sinus ohne dergleichen
Schleim (z) geweſen, allein nur in ſo fern, daß ſie daraus
nichts gegen meine Verſuche, da ich dieſen Schleim in
Menſchen ſo oft angetroffen habe, folgern.

Es leeret ſich der Schleim leicht aus dem Stirn und
den Siebſinuſſen aus, an denen ihre Auswurfsgaͤnge, wie-
wohl nach vorne zu und ruͤkkwaͤrts ſchief herablaufen (a).
Der Keilſinus (b) leeret ſich leichter aus, wenn man den
Kopf vorwerts herabbuͤkkt, der Kieferſinus, wenn man

den
(u) [Spaltenumbruch] Der beruͤmte AURIVIL-
LIUS p.
42.
(y) im ſphenideo und Maxillari
Sinu INGRASSIAS pag.
100. im
Stirnſinus keinen Idem. Denn die-
ſer leert ſich leicht aus.
(z) [Spaltenumbruch] SCHNEIDER oſſ. cribr.
praef. et de anim. pag.
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184.
(a) p. 139.
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[514/0532] Der Geruch. XIV. Buch. gewar werde, daß man gegen dieſe edle Verrichtung des Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich leſe, der- ſelbe ſei da in Ueberfluſſe vorhanden, wo kein Riechen ſtatt findet, als in den Sinuſſen; ſo erlaubt mir doch die Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen angenommenen Meinung abzugehen. Es ſcheint naͤmlich gar kein Zweifel zu ſein, daß nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die Luft und Speiſe nimmt, zur Beſchuͤzzung der Nerven den Schleim veranſtalte, und es zwingen uns die Zufaͤlle, welche auf den Verluſt des Schleimes auf dieſen Straſſen erfolgen, ſolches zu geſtehen. Nun iſt es mehr, als warſcheinlich, daß ein aͤnlicher Bau in der Naſe, auch eine aͤnliche Abſicht gehabt haben mus. Nun finde ich dieſen Schleim, welchen die alten Griechen coruza nannten, in der That in den Sinuſſen, ſonderlich in dem Kieferſinus vorzuͤglich, wie auch in dem Keilſinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichteſten, wenn ich die umliegende Knochen allmaͤlig wegnehme, damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem Schleime aufgeſchwollen iſt, uͤbrig bleibe. Jch glaube es beruͤmten Maͤnnern, daß die Sinus ohne dergleichen Schleim (z) geweſen, allein nur in ſo fern, daß ſie daraus nichts gegen meine Verſuche, da ich dieſen Schleim in Menſchen ſo oft angetroffen habe, folgern. Es leeret ſich der Schleim leicht aus dem Stirn und den Siebſinuſſen aus, an denen ihre Auswurfsgaͤnge, wie- wohl nach vorne zu und ruͤkkwaͤrts ſchief herablaufen (a). Der Keilſinus (b) leeret ſich leichter aus, wenn man den Kopf vorwerts herabbuͤkkt, der Kieferſinus, wenn man den (u) Der beruͤmte AURIVIL- LIUS p. 42. (y) im ſphenideo und Maxillari Sinu INGRASSIAS pag. 100. im Stirnſinus keinen Idem. Denn die- ſer leert ſich leicht aus. (z) SCHNEIDER oſſ. cribr. praef. et de anim. pag. 180. 181. 184. (a) p. 139. (b) p. 140.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/532>, abgerufen am 23.11.2024.