gewar werde, daß man gegen diese edle Verrichtung des Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich lese, der- selbe sei da in Ueberflusse vorhanden, wo kein Riechen statt findet, als in den Sinussen; so erlaubt mir doch die Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen angenommenen Meinung abzugehen.
Es scheint nämlich gar kein Zweifel zu sein, daß nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die Luft und Speise nimmt, zur Beschüzzung der Nerven den Schleim veranstalte, und es zwingen uns die Zufälle, welche auf den Verlust des Schleimes auf diesen Strassen erfolgen, solches zu gestehen. Nun ist es mehr, als warscheinlich, daß ein änlicher Bau in der Nase, auch eine änliche Absicht gehabt haben mus.
Nun finde ich diesen Schleim, welchen die alten Griechen coruza nannten, in der That in den Sinussen, sonderlich in dem Kiefersinus vorzüglich, wie auch in dem Keilsinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichtesten, wenn ich die umliegende Knochen allmälig wegnehme, damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem Schleime aufgeschwollen ist, übrig bleibe. Jch glaube es berümten Männern, daß die Sinus ohne dergleichen Schleim (z) gewesen, allein nur in so fern, daß sie daraus nichts gegen meine Versuche, da ich diesen Schleim in Menschen so oft angetroffen habe, folgern.
Es leeret sich der Schleim leicht aus dem Stirn und den Siebsinussen aus, an denen ihre Auswurfsgänge, wie- wohl nach vorne zu und rükkwärts schief herablaufen (a). Der Keilsinus (b) leeret sich leichter aus, wenn man den Kopf vorwerts herabbükkt, der Kiefersinus, wenn man
den
(u)[Spaltenumbruch]
Der berümte AURIVIL- LIUS p. 42.
(y) im sphenideo und Maxillari Sinu INGRASSIAS pag. 100. im Stirnsinus keinen Idem. Denn die- ser leert sich leicht aus.
(z)[Spaltenumbruch]SCHNEIDER oss. cribr. praef. et de anim. pag. 180. 181. 184.
(a)p. 139.
(b)p. 140.
Der Geruch. XIV. Buch.
gewar werde, daß man gegen dieſe edle Verrichtung des Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich leſe, der- ſelbe ſei da in Ueberfluſſe vorhanden, wo kein Riechen ſtatt findet, als in den Sinuſſen; ſo erlaubt mir doch die Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen angenommenen Meinung abzugehen.
Es ſcheint naͤmlich gar kein Zweifel zu ſein, daß nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die Luft und Speiſe nimmt, zur Beſchuͤzzung der Nerven den Schleim veranſtalte, und es zwingen uns die Zufaͤlle, welche auf den Verluſt des Schleimes auf dieſen Straſſen erfolgen, ſolches zu geſtehen. Nun iſt es mehr, als warſcheinlich, daß ein aͤnlicher Bau in der Naſe, auch eine aͤnliche Abſicht gehabt haben mus.
Nun finde ich dieſen Schleim, welchen die alten Griechen coruza nannten, in der That in den Sinuſſen, ſonderlich in dem Kieferſinus vorzuͤglich, wie auch in dem Keilſinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichteſten, wenn ich die umliegende Knochen allmaͤlig wegnehme, damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem Schleime aufgeſchwollen iſt, uͤbrig bleibe. Jch glaube es beruͤmten Maͤnnern, daß die Sinus ohne dergleichen Schleim (z) geweſen, allein nur in ſo fern, daß ſie daraus nichts gegen meine Verſuche, da ich dieſen Schleim in Menſchen ſo oft angetroffen habe, folgern.
Es leeret ſich der Schleim leicht aus dem Stirn und den Siebſinuſſen aus, an denen ihre Auswurfsgaͤnge, wie- wohl nach vorne zu und ruͤkkwaͤrts ſchief herablaufen (a). Der Keilſinus (b) leeret ſich leichter aus, wenn man den Kopf vorwerts herabbuͤkkt, der Kieferſinus, wenn man
den
(u)[Spaltenumbruch]
Der beruͤmte AURIVIL- LIUS p. 42.
(y) im ſphenideo und Maxillari Sinu INGRASSIAS pag. 100. im Stirnſinus keinen Idem. Denn die- ſer leert ſich leicht aus.
(z)[Spaltenumbruch]SCHNEIDER oſſ. cribr. praef. et de anim. pag. 180. 181. 184.
(a)p. 139.
(b)p. 140.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0532"n="514"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Geruch. <hirendition="#aq">XIV.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
gewar werde, daß man gegen dieſe edle Verrichtung des<lb/>
Schleimes <noteplace="foot"n="(u)"><cb/>
Der beruͤmte <hirendition="#aq">AURIVIL-<lb/>
LIUS p.</hi> 42.</note> allerlei vorbringt; ob ich gleich leſe, der-<lb/>ſelbe ſei da in Ueberfluſſe vorhanden, wo kein Riechen<lb/>ſtatt findet, als in den Sinuſſen; ſo erlaubt mir doch die<lb/>
Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen<lb/>
angenommenen Meinung abzugehen.</p><lb/><p>Es ſcheint naͤmlich gar kein Zweifel zu ſein, daß<lb/>
nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die<lb/>
Luft und Speiſe nimmt, zur Beſchuͤzzung der Nerven<lb/>
den Schleim veranſtalte, und es zwingen uns die Zufaͤlle,<lb/>
welche auf den Verluſt des Schleimes auf dieſen Straſſen<lb/>
erfolgen, ſolches zu geſtehen. Nun iſt es mehr, als<lb/>
warſcheinlich, daß ein aͤnlicher Bau in der Naſe, auch<lb/>
eine aͤnliche Abſicht gehabt haben mus.</p><lb/><p>Nun finde ich dieſen Schleim, welchen die alten<lb/>
Griechen <hirendition="#aq">coruza</hi> nannten, in der That in den Sinuſſen,<lb/>ſonderlich in dem Kieferſinus vorzuͤglich, wie auch in dem<lb/>
Keilſinus <noteplace="foot"n="(y)">im <hirendition="#aq">ſphenideo</hi> und <hirendition="#aq">Maxillari<lb/>
Sinu INGRASSIAS pag.</hi> 100. im<lb/>
Stirnſinus keinen <hirendition="#aq">Idem.</hi> Denn die-<lb/>ſer leert ſich leicht aus.</note>, und zwar bei dem Handgriffe am leichteſten,<lb/>
wenn ich die umliegende Knochen allmaͤlig wegnehme,<lb/>
damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem<lb/>
Schleime aufgeſchwollen iſt, uͤbrig bleibe. Jch glaube es<lb/>
beruͤmten Maͤnnern, daß die Sinus ohne dergleichen<lb/>
Schleim <noteplace="foot"n="(z)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">SCHNEIDER</hi> oſſ. cribr.<lb/>
praef. et de anim. pag.</hi> 180. 181.<lb/>
184.</note> geweſen, allein nur in ſo fern, daß ſie daraus<lb/>
nichts gegen meine Verſuche, da ich dieſen Schleim in<lb/>
Menſchen ſo oft angetroffen habe, folgern.</p><lb/><p>Es leeret ſich der Schleim leicht aus dem Stirn und<lb/>
den Siebſinuſſen aus, an denen ihre Auswurfsgaͤnge, wie-<lb/>
wohl nach vorne zu und ruͤkkwaͤrts ſchief herablaufen <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq">p.</hi> 139.</note>.<lb/>
Der Keilſinus <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">p.</hi> 140.</note> leeret ſich leichter aus, wenn man den<lb/>
Kopf vorwerts herabbuͤkkt, der Kieferſinus, wenn man<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[514/0532]
Der Geruch. XIV. Buch.
gewar werde, daß man gegen dieſe edle Verrichtung des
Schleimes (u) allerlei vorbringt; ob ich gleich leſe, der-
ſelbe ſei da in Ueberfluſſe vorhanden, wo kein Riechen
ſtatt findet, als in den Sinuſſen; ſo erlaubt mir doch die
Analogie der Natur hier nicht, von der in den Schulen
angenommenen Meinung abzugehen.
Es ſcheint naͤmlich gar kein Zweifel zu ſein, daß
nicht die Natur auf dem ganzen Weg, den in uns die
Luft und Speiſe nimmt, zur Beſchuͤzzung der Nerven
den Schleim veranſtalte, und es zwingen uns die Zufaͤlle,
welche auf den Verluſt des Schleimes auf dieſen Straſſen
erfolgen, ſolches zu geſtehen. Nun iſt es mehr, als
warſcheinlich, daß ein aͤnlicher Bau in der Naſe, auch
eine aͤnliche Abſicht gehabt haben mus.
Nun finde ich dieſen Schleim, welchen die alten
Griechen coruza nannten, in der That in den Sinuſſen,
ſonderlich in dem Kieferſinus vorzuͤglich, wie auch in dem
Keilſinus (y), und zwar bei dem Handgriffe am leichteſten,
wenn ich die umliegende Knochen allmaͤlig wegnehme,
damit blos die Membran des Sinus, die von ihrem
Schleime aufgeſchwollen iſt, uͤbrig bleibe. Jch glaube es
beruͤmten Maͤnnern, daß die Sinus ohne dergleichen
Schleim (z) geweſen, allein nur in ſo fern, daß ſie daraus
nichts gegen meine Verſuche, da ich dieſen Schleim in
Menſchen ſo oft angetroffen habe, folgern.
Es leeret ſich der Schleim leicht aus dem Stirn und
den Siebſinuſſen aus, an denen ihre Auswurfsgaͤnge, wie-
wohl nach vorne zu und ruͤkkwaͤrts ſchief herablaufen (a).
Der Keilſinus (b) leeret ſich leichter aus, wenn man den
Kopf vorwerts herabbuͤkkt, der Kieferſinus, wenn man
den
(u)
Der beruͤmte AURIVIL-
LIUS p. 42.
(y) im ſphenideo und Maxillari
Sinu INGRASSIAS pag. 100. im
Stirnſinus keinen Idem. Denn die-
ſer leert ſich leicht aus.
(z)
SCHNEIDER oſſ. cribr.
praef. et de anim. pag. 180. 181.
184.
(a) p. 139.
(b) p. 140.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/532>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.