Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Gefühl. XII. Buch.

Man will nicht (n), daß Hippokrates eines kritischen
Schweisses Erwänung thue; doch habe ich dergleichen
hie und da bei ihm angemerkt (o), und ich finde auch,
daß ihn dieser gelehrte Greis durch Arzeneien zu befördern
gesucht hat (p).

Der Schweis ist gemeiniglich im Anfange der hizzigen
Krankheiten schädlich (q); und er geht alsdenn besser von
statten, wenn die schädliche Materie, nach geschehener
Kochung, geschikkt ist, durch die Haut ausgeworfen zu
werden. Doch heilt er für sich selber weder die Flekkfieber,
noch den Friesel, oder Blattern, und man sucht ihn mit
Gefar durch hizzige Arzeneien (q*) zu erzwingen, so daß
nicht einmal ein warmes Getränke sicher genung ist, wie
ich von den gelindesten Kräuterdekokten erfaren habe, daß
davon ein Kranker, der am Friesel lag, innerhalb drei
Tagen zweimal in eine heftige Raserei verfiel, der, sobald
man von allen Seiten Külung machte, Erleichterung fand,
und endlich wieder gesund wurde.

Es läst sich nicht wohl bestimmen, wie viel man
schwizze. Jch lese, daß man bis 3/8 einer Pinte (r), bis
drei Pfunde (s) Schweis verloren, daß ganze Becher
damit angefüllet worden (t), daß man in der Kur der
Venusseuche, welche man damals mit dem Dekokte von
Franzosenholze zu bewirken suchte, im Hemde gegen hun-
dert (u) Unzen gesammelt habe. Schon lange hat man

die
(n) [Spaltenumbruch] FREIND ad Epid. L. 3.
(o) Aphorism. IV. n. 36. (peri
Krisioon) ab init. COAC. L.
IV. cap. 2. n.
1. Jm hizzigen Fie-
ber, (causus) Epid. II. Sect. 3.
im hizzigen Fieber, Epidem. III.
Sect. 2. aegr.
6. Jm Seitenste-
chen, n. 8. im nachlassenden Fie-
ber, n. 10.
(p) Siehe die Stellen beim
TRILLER Epist. critic. gegen
den FREIND pag. 74.
(q) COAC. L. IV. Sect. II. n. 3.
(q*) [Spaltenumbruch] Jn den Blattern von 1666.
SYDENHAM pag. 183. Jm
Friesel, HAMILTON c. 6. u. f.
(r) NICHOLLS hist. gener.
des voy. L. 4. c.
6. Daß diese
Menge an einem Menschen fast zur
Gewohnheit wurde.
(s) WILLIS pharmac. p. 114.
(t) Aelius SPARTIANUS
vom Kaiser Maximin.
(u) CARDAN. aphorism.
pag.
287.
Das Gefuͤhl. XII. Buch.

Man will nicht (n), daß Hippokrates eines kritiſchen
Schweiſſes Erwaͤnung thue; doch habe ich dergleichen
hie und da bei ihm angemerkt (o), und ich finde auch,
daß ihn dieſer gelehrte Greis durch Arzeneien zu befoͤrdern
geſucht hat (p).

Der Schweis iſt gemeiniglich im Anfange der hizzigen
Krankheiten ſchaͤdlich (q); und er geht alsdenn beſſer von
ſtatten, wenn die ſchaͤdliche Materie, nach geſchehener
Kochung, geſchikkt iſt, durch die Haut ausgeworfen zu
werden. Doch heilt er fuͤr ſich ſelber weder die Flekkfieber,
noch den Frieſel, oder Blattern, und man ſucht ihn mit
Gefar durch hizzige Arzeneien (q*) zu erzwingen, ſo daß
nicht einmal ein warmes Getraͤnke ſicher genung iſt, wie
ich von den gelindeſten Kraͤuterdekokten erfaren habe, daß
davon ein Kranker, der am Frieſel lag, innerhalb drei
Tagen zweimal in eine heftige Raſerei verfiel, der, ſobald
man von allen Seiten Kuͤlung machte, Erleichterung fand,
und endlich wieder geſund wurde.

Es laͤſt ſich nicht wohl beſtimmen, wie viel man
ſchwizze. Jch leſe, daß man bis ⅜ einer Pinte (r), bis
drei Pfunde (s) Schweis verloren, daß ganze Becher
damit angefuͤllet worden (t), daß man in der Kur der
Venusſeuche, welche man damals mit dem Dekokte von
Franzoſenholze zu bewirken ſuchte, im Hemde gegen hun-
dert (u) Unzen geſammelt habe. Schon lange hat man

die
(n) [Spaltenumbruch] FREIND ad Epid. L. 3.
(o) Aphoriſm. IV. n. 36. (peri
Kriſioon) ab init. COAC. L.
IV. cap. 2. n.
1. Jm hizzigen Fie-
ber, (cauſus) Epid. II. Sect. 3.
im hizzigen Fieber, Epidem. III.
Sect. 2. aegr.
6. Jm Seitenſte-
chen, n. 8. im nachlaſſenden Fie-
ber, n. 10.
(p) Siehe die Stellen beim
TRILLER Epiſt. critic. gegen
den FREIND pag. 74.
(q) COAC. L. IV. Sect. II. n. 3.
(q*) [Spaltenumbruch] Jn den Blattern von 1666.
SYDENHAM pag. 183. Jm
Frieſel, HAMILTON c. 6. u. f.
(r) NICHOLLS hiſt. gener.
des voy. L. 4. c.
6. Daß dieſe
Menge an einem Menſchen faſt zur
Gewohnheit wurde.
(s) WILLIS pharmac. p. 114.
(t) Aelius SPARTIANUS
vom Kaiſer Maximin.
(u) CARDAN. aphoriſm.
pag.
287.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0328" n="310"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Gefu&#x0364;hl. <hi rendition="#aq">XII.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
            <p>Man will nicht <note place="foot" n="(n)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">FREIND</hi> ad Epid. L.</hi> 3.</note>, daß Hippokrates eines kriti&#x017F;chen<lb/>
Schwei&#x017F;&#x017F;es Erwa&#x0364;nung thue; doch habe ich dergleichen<lb/>
hie und da bei ihm angemerkt <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Aphori&#x017F;m. IV. n. 36. (peri<lb/>
Kri&#x017F;ioon) ab init. <hi rendition="#g">COAC.</hi> L.<lb/>
IV. cap. 2. n.</hi> 1. Jm hizzigen Fie-<lb/>
ber, <hi rendition="#aq">(cau&#x017F;us) Epid. II. Sect.</hi> 3.<lb/>
im hizzigen Fieber, <hi rendition="#aq">Epidem. III.<lb/>
Sect. 2. aegr.</hi> 6. Jm Seiten&#x017F;te-<lb/>
chen, <hi rendition="#aq">n.</hi> 8. im nachla&#x017F;&#x017F;enden Fie-<lb/>
ber, <hi rendition="#aq">n.</hi> 10.</note>, und ich finde auch,<lb/>
daß ihn die&#x017F;er gelehrte Greis durch Arzeneien zu befo&#x0364;rdern<lb/>
ge&#x017F;ucht hat <note place="foot" n="(p)">Siehe die Stellen beim<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">TRILLER</hi> Epi&#x017F;t. critic.</hi> gegen<lb/>
den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">FREIND</hi> pag.</hi> 74.</note>.</p><lb/>
            <p>Der Schweis i&#x017F;t gemeiniglich im Anfange der hizzigen<lb/>
Krankheiten &#x017F;cha&#x0364;dlich <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">COAC. L. IV. Sect. II. n.</hi> 3.</note>; und er geht alsdenn be&#x017F;&#x017F;er von<lb/>
&#x017F;tatten, wenn die &#x017F;cha&#x0364;dliche Materie, nach ge&#x017F;chehener<lb/>
Kochung, ge&#x017F;chikkt i&#x017F;t, durch die Haut ausgeworfen zu<lb/>
werden. Doch heilt er fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elber weder die Flekkfieber,<lb/>
noch den Frie&#x017F;el, oder Blattern, und man &#x017F;ucht ihn mit<lb/>
Gefar durch hizzige Arzeneien <note place="foot" n="(q*)"><cb/>
Jn den Blattern von 1666.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SYDENHAM</hi> pag.</hi> 183. Jm<lb/>
Frie&#x017F;el, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HAMILTON</hi> c.</hi> 6. u. f.</note> zu erzwingen, &#x017F;o daß<lb/>
nicht einmal ein warmes Getra&#x0364;nke &#x017F;icher genung i&#x017F;t, wie<lb/>
ich von den gelinde&#x017F;ten Kra&#x0364;uterdekokten erfaren habe, daß<lb/>
davon ein Kranker, der am Frie&#x017F;el lag, innerhalb drei<lb/>
Tagen zweimal in eine heftige Ra&#x017F;erei verfiel, der, &#x017F;obald<lb/>
man von allen Seiten Ku&#x0364;lung machte, Erleichterung fand,<lb/>
und endlich wieder ge&#x017F;und wurde.</p><lb/>
            <p>Es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich nicht wohl be&#x017F;timmen, wie viel man<lb/>
&#x017F;chwizze. Jch le&#x017F;e, daß man bis &#x215C; einer Pinte <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">NICHOLLS</hi> hi&#x017F;t. gener.<lb/>
des voy. L. 4. c.</hi> 6. Daß die&#x017F;e<lb/>
Menge an einem Men&#x017F;chen fa&#x017F;t zur<lb/>
Gewohnheit wurde.</note>, bis<lb/>
drei Pfunde <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WILLIS</hi> pharmac. p.</hi> 114.</note> Schweis verloren, daß ganze Becher<lb/>
damit angefu&#x0364;llet worden <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">Aelius <hi rendition="#g">SPARTIANUS</hi></hi><lb/>
vom Kai&#x017F;er <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Maximin.</hi></hi></note>, daß man in der Kur der<lb/>
Venus&#x017F;euche, welche man damals mit dem Dekokte von<lb/>
Franzo&#x017F;enholze zu bewirken &#x017F;uchte, im Hemde gegen hun-<lb/>
dert <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CARDAN.</hi> aphori&#x017F;m.<lb/>
pag.</hi> 287.</note> Unzen ge&#x017F;ammelt habe. Schon lange hat man<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0328] Das Gefuͤhl. XII. Buch. Man will nicht (n), daß Hippokrates eines kritiſchen Schweiſſes Erwaͤnung thue; doch habe ich dergleichen hie und da bei ihm angemerkt (o), und ich finde auch, daß ihn dieſer gelehrte Greis durch Arzeneien zu befoͤrdern geſucht hat (p). Der Schweis iſt gemeiniglich im Anfange der hizzigen Krankheiten ſchaͤdlich (q); und er geht alsdenn beſſer von ſtatten, wenn die ſchaͤdliche Materie, nach geſchehener Kochung, geſchikkt iſt, durch die Haut ausgeworfen zu werden. Doch heilt er fuͤr ſich ſelber weder die Flekkfieber, noch den Frieſel, oder Blattern, und man ſucht ihn mit Gefar durch hizzige Arzeneien (q*) zu erzwingen, ſo daß nicht einmal ein warmes Getraͤnke ſicher genung iſt, wie ich von den gelindeſten Kraͤuterdekokten erfaren habe, daß davon ein Kranker, der am Frieſel lag, innerhalb drei Tagen zweimal in eine heftige Raſerei verfiel, der, ſobald man von allen Seiten Kuͤlung machte, Erleichterung fand, und endlich wieder geſund wurde. Es laͤſt ſich nicht wohl beſtimmen, wie viel man ſchwizze. Jch leſe, daß man bis ⅜ einer Pinte (r), bis drei Pfunde (s) Schweis verloren, daß ganze Becher damit angefuͤllet worden (t), daß man in der Kur der Venusſeuche, welche man damals mit dem Dekokte von Franzoſenholze zu bewirken ſuchte, im Hemde gegen hun- dert (u) Unzen geſammelt habe. Schon lange hat man die (n) FREIND ad Epid. L. 3. (o) Aphoriſm. IV. n. 36. (peri Kriſioon) ab init. COAC. L. IV. cap. 2. n. 1. Jm hizzigen Fie- ber, (cauſus) Epid. II. Sect. 3. im hizzigen Fieber, Epidem. III. Sect. 2. aegr. 6. Jm Seitenſte- chen, n. 8. im nachlaſſenden Fie- ber, n. 10. (p) Siehe die Stellen beim TRILLER Epiſt. critic. gegen den FREIND pag. 74. (q) COAC. L. IV. Sect. II. n. 3. (q*) Jn den Blattern von 1666. SYDENHAM pag. 183. Jm Frieſel, HAMILTON c. 6. u. f. (r) NICHOLLS hiſt. gener. des voy. L. 4. c. 6. Daß dieſe Menge an einem Menſchen faſt zur Gewohnheit wurde. (s) WILLIS pharmac. p. 114. (t) Aelius SPARTIANUS vom Kaiſer Maximin. (u) CARDAN. aphoriſm. pag. 287.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/328
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/328>, abgerufen am 24.11.2024.