Folglich ist dasjenige, was man ein Wärzchen nennt, kein einzelner kleiner Hügel, sondern ein Haufe kleiner Hügel, und wenn man es macerirt (p), so zerteilt es sich in dergleichen. Es sind nämlich diese kleine Gefässe, und diese kleine Nerven, ohne Zweifel durch ein Fadengewebe mit einander verbunden, wodurch sie ihre Festigkeit erhal- ten (q), und wodurch diese kleine Hügel also ihr Entstehen bekommen.
Man sagt, daß die Wärzchen an ihrer Spizze durch- löchert sind, und ein Haar durchlassen (r), welches ich von einigen zugeben will. Allein es hat nicht das Ansehn, daß ein wirkliches Haar mit dem Wärzchen was zu thun habe. Es kömmt nämlich weder an dem fülenden Brei der Hand, noch des Fusses, oder an der Mannseichel und der Zunge ein Haar zum Vorschein, wo dieser Brei unter der Haut liegt.
Man darf nicht zweifeln, daß sie das Gefül verrich- ten, weil sie an diesen Stellen grösser sind, und daselbst mehr entblöst liegen, wo das Gefül seinen vornemsten Sizz hat, wie an der Eichel der männlichen Ruthe, und an der Spizze der Finger und der Zeen, oder der Zunge, oder da sie kleiner sind, wo die Natur ein schwächeres Gefül verlangt. Da Nerven in sie laufen, und da sie den äussern Gegenständen um desto mehr ausgesezzt sind, je heftiger ein ausgestrekkter und erhabner Theil, der sich in Fäden verlängert, von einem widerstehenden Kör- per getroffen wird, als eine flache oder niedergedrükkte Fläche.
Man
(p)[Spaltenumbruch]SCHAAF de tactu p. 31. Aus fünf bis sechs kleinen HINZE n. 16. Am Elefanten, Philos. Trans. n. 326. DUVERNEY Jour- nal des Sav. 1689. n. 19.
(q)GORTERI. c. Daß sie grösser als die Nerven sind, und [Spaltenumbruch]
noch etwas anders in sich nehmen, erinnert billig SIMSON essays pag. 243.
(r) Der berümte de COUR- CELLES l. c. Am Elefanten Phil. Trans. n. 326.
O. 4
I. Abſchnitt. Werkzeug.
Folglich iſt dasjenige, was man ein Waͤrzchen nennt, kein einzelner kleiner Huͤgel, ſondern ein Haufe kleiner Huͤgel, und wenn man es macerirt (p), ſo zerteilt es ſich in dergleichen. Es ſind naͤmlich dieſe kleine Gefaͤſſe, und dieſe kleine Nerven, ohne Zweifel durch ein Fadengewebe mit einander verbunden, wodurch ſie ihre Feſtigkeit erhal- ten (q), und wodurch dieſe kleine Huͤgel alſo ihr Entſtehen bekommen.
Man ſagt, daß die Waͤrzchen an ihrer Spizze durch- loͤchert ſind, und ein Haar durchlaſſen (r), welches ich von einigen zugeben will. Allein es hat nicht das Anſehn, daß ein wirkliches Haar mit dem Waͤrzchen was zu thun habe. Es koͤmmt naͤmlich weder an dem fuͤlenden Brei der Hand, noch des Fuſſes, oder an der Mannseichel und der Zunge ein Haar zum Vorſchein, wo dieſer Brei unter der Haut liegt.
Man darf nicht zweifeln, daß ſie das Gefuͤl verrich- ten, weil ſie an dieſen Stellen groͤſſer ſind, und daſelbſt mehr entbloͤſt liegen, wo das Gefuͤl ſeinen vornemſten Sizz hat, wie an der Eichel der maͤnnlichen Ruthe, und an der Spizze der Finger und der Zeen, oder der Zunge, oder da ſie kleiner ſind, wo die Natur ein ſchwaͤcheres Gefuͤl verlangt. Da Nerven in ſie laufen, und da ſie den aͤuſſern Gegenſtaͤnden um deſto mehr ausgeſezzt ſind, je heftiger ein ausgeſtrekkter und erhabner Theil, der ſich in Faͤden verlaͤngert, von einem widerſtehenden Koͤr- per getroffen wird, als eine flache oder niedergedruͤkkte Flaͤche.
Man
(p)[Spaltenumbruch]SCHAAF de tactu p. 31. Aus fuͤnf bis ſechs kleinen HINZE n. 16. Am Elefanten, Philoſ. Tranſ. n. 326. DUVERNEY Jour- nal des Sav. 1689. n. 19.
(q)GORTERI. c. Daß ſie groͤſſer als die Nerven ſind, und [Spaltenumbruch]
noch etwas anders in ſich nehmen, erinnert billig SIMSON eſſays pag. 243.
(r) Der beruͤmte de COUR- CELLES l. c. Am Elefanten Phil. Tranſ. n. 326.
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I. Abſchnitt. Werkzeug.
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kein einzelner kleiner Huͤgel, ſondern ein Haufe kleiner
Huͤgel, und wenn man es macerirt (p), ſo zerteilt es ſich
in dergleichen. Es ſind naͤmlich dieſe kleine Gefaͤſſe, und
dieſe kleine Nerven, ohne Zweifel durch ein Fadengewebe
mit einander verbunden, wodurch ſie ihre Feſtigkeit erhal-
ten (q), und wodurch dieſe kleine Huͤgel alſo ihr Entſtehen
bekommen.
Man ſagt, daß die Waͤrzchen an ihrer Spizze durch-
loͤchert ſind, und ein Haar durchlaſſen (r), welches ich
von einigen zugeben will. Allein es hat nicht das Anſehn,
daß ein wirkliches Haar mit dem Waͤrzchen was zu thun
habe. Es koͤmmt naͤmlich weder an dem fuͤlenden Brei
der Hand, noch des Fuſſes, oder an der Mannseichel
und der Zunge ein Haar zum Vorſchein, wo dieſer Brei
unter der Haut liegt.
Man darf nicht zweifeln, daß ſie das Gefuͤl verrich-
ten, weil ſie an dieſen Stellen groͤſſer ſind, und daſelbſt
mehr entbloͤſt liegen, wo das Gefuͤl ſeinen vornemſten
Sizz hat, wie an der Eichel der maͤnnlichen Ruthe, und
an der Spizze der Finger und der Zeen, oder der Zunge,
oder da ſie kleiner ſind, wo die Natur ein ſchwaͤcheres
Gefuͤl verlangt. Da Nerven in ſie laufen, und da ſie
den aͤuſſern Gegenſtaͤnden um deſto mehr ausgeſezzt ſind,
je heftiger ein ausgeſtrekkter und erhabner Theil, der
ſich in Faͤden verlaͤngert, von einem widerſtehenden Koͤr-
per getroffen wird, als eine flache oder niedergedruͤkkte
Flaͤche.
Man
(p)
SCHAAF de tactu p. 31.
Aus fuͤnf bis ſechs kleinen HINZE
n. 16. Am Elefanten, Philoſ.
Tranſ. n. 326. DUVERNEY Jour-
nal des Sav. 1689. n. 19.
(q) GORTERI. c. Daß ſie
groͤſſer als die Nerven ſind, und
noch etwas anders in ſich nehmen,
erinnert billig SIMSON eſſays
pag. 243.
(r) Der beruͤmte de COUR-
CELLES l. c. Am Elefanten
Phil. Tranſ. n. 326.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/265>, abgerufen am 22.11.2024.
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