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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Thierische Bewegung. XI. Buch.

Folglich sei das Zusammenziehen der natürliche Zu-
stand eines Muskels (z), und solches rühre blos von den
festen Theilen her (a); das Erschlaffen komme von den
Nerven und Lebensgeistern her (b), und es finde zwischen
dem natürlichen und willkürlichen Zusammenziehen des
Muskels kein Unterschied statt (c). Andere wollen,
daß die elastische Kraft der festen Theile ein grösseres Ver-
mögen habe (c*), und der berümte Perrault (c**), von
der Stahlischen Partei, schreibt das Zusammenziehen,
welches den Membranfasern eigen sei, die Bewegung des
Muskels zu.

Es ist dieses wenigstens die allereinfachste unter den
übrigen Hipotesen; allein, sie ist deswegen nicht so gleich
wahr, und sie entsteht aus Vermischung der eingepflanz-
ten Bewegung, mit der Bewegung, die von den Ner-
ven herstammt. So passet auch diese Theorie nicht mit
den Erscheinungen zusammen, indem selbige lehren, daß
die heftigste Bewegungen hervorgebracht werden, sobald
man einen Nerven reizt (d), und daß solche auf hören,
wenn man ihn bindet (e), (indem blos noch ein Klopfen
übrig bleibt) daß sie nach seiner Befreiung oder Entbin-
dung wiederkommen, und nach seiner Zerschneidung nicht,
als nur bisweilen lange Zeit hernach erst wiederkommen
(g). Obgleich einige Bewegungen ferner, entweder einzig
und allein, oder doch hauptsächlich, von der angebornen
(f)

reiz-
(z) [Spaltenumbruch] FABRICIUS pag. 98.
SWAMMERD. p. 856. BER-
TRAND
de motu musculor.
STENONIUS pag. 158. STUARD
pag. 68. PERRAULT mecan.
de anim. L. II. c.
2.
(a) KNIGTH vindication p.
53. HEUERMANN physiol.
T. III. p. 151. QUINCY stat.
med. pag.
387.
(b) STUART. PERRAULT.
BERTRAND. ENT. pag.
559.
[Spaltenumbruch] LOWER de corde p. 80. Nach
Vermutung QUINCY.
(c) SWAMMERDAM bibl.
p.
844. Man sehe aber den Unter-
scheid nach, L. XI. pag. 468.
(c*) CHEYNE diseases p. 32.
(c**) ess. de phys. T. III. pag.
72. mouvem. peristalt p. 161. etc.
(d) L. XI. p. 325.
(e) pag. 323. 324.
(g) Soll anderswo gezeigt wer-
den.
(f) pag. 324.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Folglich ſei das Zuſammenziehen der natuͤrliche Zu-
ſtand eines Muſkels (z), und ſolches ruͤhre blos von den
feſten Theilen her (a); das Erſchlaffen komme von den
Nerven und Lebensgeiſtern her (b), und es finde zwiſchen
dem natuͤrlichen und willkuͤrlichen Zuſammenziehen des
Muſkels kein Unterſchied ſtatt (c). Andere wollen,
daß die elaſtiſche Kraft der feſten Theile ein groͤſſeres Ver-
moͤgen habe (c*), und der beruͤmte Perrault (c**), von
der Stahliſchen Partei, ſchreibt das Zuſammenziehen,
welches den Membranfaſern eigen ſei, die Bewegung des
Muſkels zu.

Es iſt dieſes wenigſtens die allereinfachſte unter den
uͤbrigen Hipoteſen; allein, ſie iſt deswegen nicht ſo gleich
wahr, und ſie entſteht aus Vermiſchung der eingepflanz-
ten Bewegung, mit der Bewegung, die von den Ner-
ven herſtammt. So paſſet auch dieſe Theorie nicht mit
den Erſcheinungen zuſammen, indem ſelbige lehren, daß
die heftigſte Bewegungen hervorgebracht werden, ſobald
man einen Nerven reizt (d), und daß ſolche auf hoͤren,
wenn man ihn bindet (e), (indem blos noch ein Klopfen
uͤbrig bleibt) daß ſie nach ſeiner Befreiung oder Entbin-
dung wiederkommen, und nach ſeiner Zerſchneidung nicht,
als nur bisweilen lange Zeit hernach erſt wiederkommen
(g). Obgleich einige Bewegungen ferner, entweder einzig
und allein, oder doch hauptſaͤchlich, von der angebornen
(f)

reiz-
(z) [Spaltenumbruch] FABRICIUS pag. 98.
SWAMMERD. p. 856. BER-
TRAND
de motu muſculor.
STENONIUS pag. 158. STUARD
pag. 68. PERRAULT mecan.
de anim. L. II. c.
2.
(a) KNIGTH vindication p.
53. HEUERMANN phyſiol.
T. III. p. 151. QUINCY ſtat.
med. pag.
387.
(b) STUART. PERRAULT.
BERTRAND. ENT. pag.
559.
[Spaltenumbruch] LOWER de corde p. 80. Nach
Vermutung QUINCY.
(c) SWAMMERDAM bibl.
p.
844. Man ſehe aber den Unter-
ſcheid nach, L. XI. pag. 468.
(c*) CHEYNE diſeaſes p. 32.
(c**) eſſ. de phyſ. T. III. pag.
72. mouvem. periſtalt p. 161. etc.
(d) L. XI. p. 325.
(e) pag. 323. 324.
(g) Soll anderswo gezeigt wer-
den.
(f) pag. 324.
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[186/0204] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Folglich ſei das Zuſammenziehen der natuͤrliche Zu- ſtand eines Muſkels (z), und ſolches ruͤhre blos von den feſten Theilen her (a); das Erſchlaffen komme von den Nerven und Lebensgeiſtern her (b), und es finde zwiſchen dem natuͤrlichen und willkuͤrlichen Zuſammenziehen des Muſkels kein Unterſchied ſtatt (c). Andere wollen, daß die elaſtiſche Kraft der feſten Theile ein groͤſſeres Ver- moͤgen habe (c*), und der beruͤmte Perrault (c**), von der Stahliſchen Partei, ſchreibt das Zuſammenziehen, welches den Membranfaſern eigen ſei, die Bewegung des Muſkels zu. Es iſt dieſes wenigſtens die allereinfachſte unter den uͤbrigen Hipoteſen; allein, ſie iſt deswegen nicht ſo gleich wahr, und ſie entſteht aus Vermiſchung der eingepflanz- ten Bewegung, mit der Bewegung, die von den Ner- ven herſtammt. So paſſet auch dieſe Theorie nicht mit den Erſcheinungen zuſammen, indem ſelbige lehren, daß die heftigſte Bewegungen hervorgebracht werden, ſobald man einen Nerven reizt (d), und daß ſolche auf hoͤren, wenn man ihn bindet (e), (indem blos noch ein Klopfen uͤbrig bleibt) daß ſie nach ſeiner Befreiung oder Entbin- dung wiederkommen, und nach ſeiner Zerſchneidung nicht, als nur bisweilen lange Zeit hernach erſt wiederkommen (g). Obgleich einige Bewegungen ferner, entweder einzig und allein, oder doch hauptſaͤchlich, von der angebornen reiz- (f) (z) FABRICIUS pag. 98. SWAMMERD. p. 856. BER- TRAND de motu muſculor. STENONIUS pag. 158. STUARD pag. 68. PERRAULT mecan. de anim. L. II. c. 2. (a) KNIGTH vindication p. 53. HEUERMANN phyſiol. T. III. p. 151. QUINCY ſtat. med. pag. 387. (b) STUART. PERRAULT. BERTRAND. ENT. pag. 559. LOWER de corde p. 80. Nach Vermutung QUINCY. (c) SWAMMERDAM bibl. p. 844. Man ſehe aber den Unter- ſcheid nach, L. XI. pag. 468. (c*) CHEYNE diſeaſes p. 32. (c**) eſſ. de phyſ. T. III. pag. 72. mouvem. periſtalt p. 161. etc. (d) L. XI. p. 325. (e) pag. 323. 324. (g) Soll anderswo gezeigt wer- den. (f) pag. 324.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/204>, abgerufen am 02.05.2024.