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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Thierische Bewegung. XI. Buch.

Endlich ist es noch nicht ausgemacht, daß die Fasern
gedreht sind (g), und ich glaube, daß dieses nur so zu
sein scheine, weil sehr kleine Zellfäden um dieselbe herum-
liegen.

§. 23.
Die Stenonianische Rauten.

Wir können auch diese Theorie bei dem Muskelbaue
nicht übergehen, und sie ist in der That die allereinfachste.
Es meinet nämlich dieser vortrefliche Mann, daß ein
jeglicher Muskel aus zwo Sehnen, und aus Fleischfasern
bestehe, welche mit beiden Sehnen schiefe Winkel machen
(h), und dieses finde überhaupt in allen Thiergeschlechtern
statt (i).

Wenn sich nun diese Winkel verändern, und grösser
werden, so erfolgen alle Erscheinungen der Muskelbewe-
gung (k), indem der Muskel kürzer werde, aufschwelle,
und die Sehnen angezogen werden.

Diese sinnreiche Muthmassung bekam Beifall (k*),
und sie konnte auch dadurch noch bestärket werden, was
wir von der Verdrehung und den grösser werdenden Win-
keln der Muskelpäkke an den Ribbenmuskeln bei deren
Spiele vorgetragen haben. Es hat aber auch Stephan
Hales an dem Muskel eines Frosches, den er im Brenn-
punkte eines Brennspiegels zur Bewegung brachte, die
Fasern zittren und sich aus ihrer parallelen Lage in Rauten-
züge (m) verwandeln gesehen, ob sie gleich vielmehr aus
Rautenfiguren zu parallelen Körpern hätten werden müssen.

Allein der Bau läuft wider alle Warheit. Es sind
dergleichen Muskeln, deren Fleischfasern mit beiden Seh-
nen schiefe Winkel machen sollten, was Seltenes. Die
meresten machen mit der Sehne sehr spizze Winkel.

(l)
Wenn
(g) [Spaltenumbruch] pag. 414.
(h) Myolog. spec. f. 10. tab. 1.
f.
4.
(i) pag. 23. etc.
(k) [Spaltenumbruch] pag. 470. sqq.
(k*) Conf. BAGLIV. p. 400.
VERHEYEN L. II. p.
156.
(m) p. 61.
(l) pag. 479.
Thieriſche Bewegung. XI. Buch.

Endlich iſt es noch nicht ausgemacht, daß die Faſern
gedreht ſind (g), und ich glaube, daß dieſes nur ſo zu
ſein ſcheine, weil ſehr kleine Zellfaͤden um dieſelbe herum-
liegen.

§. 23.
Die Stenonianiſche Rauten.

Wir koͤnnen auch dieſe Theorie bei dem Muſkelbaue
nicht uͤbergehen, und ſie iſt in der That die allereinfachſte.
Es meinet naͤmlich dieſer vortrefliche Mann, daß ein
jeglicher Muſkel aus zwo Sehnen, und aus Fleiſchfaſern
beſtehe, welche mit beiden Sehnen ſchiefe Winkel machen
(h), und dieſes finde uͤberhaupt in allen Thiergeſchlechtern
ſtatt (i).

Wenn ſich nun dieſe Winkel veraͤndern, und groͤſſer
werden, ſo erfolgen alle Erſcheinungen der Muſkelbewe-
gung (k), indem der Muſkel kuͤrzer werde, aufſchwelle,
und die Sehnen angezogen werden.

Dieſe ſinnreiche Muthmaſſung bekam Beifall (k*),
und ſie konnte auch dadurch noch beſtaͤrket werden, was
wir von der Verdrehung und den groͤſſer werdenden Win-
keln der Muſkelpaͤkke an den Ribbenmuſkeln bei deren
Spiele vorgetragen haben. Es hat aber auch Stephan
Hales an dem Muſkel eines Froſches, den er im Brenn-
punkte eines Brennſpiegels zur Bewegung brachte, die
Faſern zittren und ſich aus ihrer parallelen Lage in Rauten-
zuͤge (m) verwandeln geſehen, ob ſie gleich vielmehr aus
Rautenfiguren zu parallelen Koͤrpern haͤtten werden muͤſſen.

Allein der Bau laͤuft wider alle Warheit. Es ſind
dergleichen Muſkeln, deren Fleiſchfaſern mit beiden Seh-
nen ſchiefe Winkel machen ſollten, was Seltenes. Die
mereſten machen mit der Sehne ſehr ſpizze Winkel.

(l)
Wenn
(g) [Spaltenumbruch] pag. 414.
(h) Myolog. ſpec. f. 10. tab. 1.
f.
4.
(i) pag. 23. etc.
(k) [Spaltenumbruch] pag. 470. ſqq.
(k*) Conf. BAGLIV. p. 400.
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[178/0196] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. Endlich iſt es noch nicht ausgemacht, daß die Faſern gedreht ſind (g), und ich glaube, daß dieſes nur ſo zu ſein ſcheine, weil ſehr kleine Zellfaͤden um dieſelbe herum- liegen. §. 23. Die Stenonianiſche Rauten. Wir koͤnnen auch dieſe Theorie bei dem Muſkelbaue nicht uͤbergehen, und ſie iſt in der That die allereinfachſte. Es meinet naͤmlich dieſer vortrefliche Mann, daß ein jeglicher Muſkel aus zwo Sehnen, und aus Fleiſchfaſern beſtehe, welche mit beiden Sehnen ſchiefe Winkel machen (h), und dieſes finde uͤberhaupt in allen Thiergeſchlechtern ſtatt (i). Wenn ſich nun dieſe Winkel veraͤndern, und groͤſſer werden, ſo erfolgen alle Erſcheinungen der Muſkelbewe- gung (k), indem der Muſkel kuͤrzer werde, aufſchwelle, und die Sehnen angezogen werden. Dieſe ſinnreiche Muthmaſſung bekam Beifall (k*), und ſie konnte auch dadurch noch beſtaͤrket werden, was wir von der Verdrehung und den groͤſſer werdenden Win- keln der Muſkelpaͤkke an den Ribbenmuſkeln bei deren Spiele vorgetragen haben. Es hat aber auch Stephan Hales an dem Muſkel eines Froſches, den er im Brenn- punkte eines Brennſpiegels zur Bewegung brachte, die Faſern zittren und ſich aus ihrer parallelen Lage in Rauten- zuͤge (m) verwandeln geſehen, ob ſie gleich vielmehr aus Rautenfiguren zu parallelen Koͤrpern haͤtten werden muͤſſen. Allein der Bau laͤuft wider alle Warheit. Es ſind dergleichen Muſkeln, deren Fleiſchfaſern mit beiden Seh- nen ſchiefe Winkel machen ſollten, was Seltenes. Die mereſten machen mit der Sehne ſehr ſpizze Winkel. Wenn (l) (g) pag. 414. (h) Myolog. ſpec. f. 10. tab. 1. f. 4. (i) pag. 23. etc. (k) pag. 470. ſqq. (k*) Conf. BAGLIV. p. 400. VERHEYEN L. II. p. 156. (m) p. 61. (l) pag. 479.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/196>, abgerufen am 24.11.2024.