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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Thierische Bewegung. XI. Buch.
als es von dem Gewichte herabgedrükkt wird, so wird auf
jedes Bläsgen, welches sich in eine Quadratfigur verwan-
deln soll, gedoppelt so viel Gewicht erfordert (h); und da
bei einem jeden Bläsgen einer vollständigen Kette eben
so viel Kräfte verloren gehen, so wird endlich zu dem Auf-
heben des Gewichtes eine so viel stärkere Gewalt erfordert,
als die Anzal der Bläsgen, zweimal genommen, grösser
als die Einheit ist.

Eben so ist gezeigt worden, daß dazu eine unglaubliche
Erweiterung (i) des Muskels gehöre, wenn nur eine
geringe Verkürzung geschehen soll, und daß man sie bei
der borellischen Rautenhipotese um siebenzigmal (k)
grösser machen müsse, um nur selbigen um den hunderten
Theil zu verkürzen, hingegen fünf und zwanzigmal mehr
(l) um ein Drittheil, wie doch oft mehr geschicht, zu ver-
kürzen. Doch es findet dergleichen Erweiterung nie bei
einem Muskel statt, und es mus selbige nicht viel über
dreifach bei der Verkürzung auf ein Drittheil sein, da ein
Muskel überhaupt entweder ganz und gar nicht, oder doch
um ein sehr geringes an Dikke zunimmt (l*). Man
nimmt aber nur vergeblich zu der Kleinheit der Bläsgen
seine Zuflucht, daß selbige ihre Erweiterung nicht sichtbar
werden lassen. Denn da der ganze Muskel, vermöge
der Hipotese, aus dergleichen Ketten besteht, so müste sich
der Muskel auch, nach dem Verhältnisse, als eine einzige
Blase erweitern. Ja, es erfordern kleine Bläsgen eine
grössere Kraft zum Einblasen (l**).

Es kann endlich, selbst nach den Hipotesen der berüm-
ten Männer, leicht geschehen, daß ein Muskel nach die-

ser
(h) [Spaltenumbruch] Conf. ASTRUC loc. cit.
p. 30. 31. SEGNER apud NIEU-
WENTYT p.
110. 111. 112. Jm
Versuche hob die doppelte Kraft
des Gewichtes das Gewicht bis
hoch von der gesamten Länge.
TABOR 199. 200.
(i) [Spaltenumbruch] PEMBERTON loc. cit.
p. XXIV. seqq. TABOR p.
188.
(l) pag. 189.
(l*) pag. 479.
(l**) CHESELDEN p. 62.

Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
als es von dem Gewichte herabgedruͤkkt wird, ſo wird auf
jedes Blaͤsgen, welches ſich in eine Quadratfigur verwan-
deln ſoll, gedoppelt ſo viel Gewicht erfordert (h); und da
bei einem jeden Blaͤsgen einer vollſtaͤndigen Kette eben
ſo viel Kraͤfte verloren gehen, ſo wird endlich zu dem Auf-
heben des Gewichtes eine ſo viel ſtaͤrkere Gewalt erfordert,
als die Anzal der Blaͤsgen, zweimal genommen, groͤſſer
als die Einheit iſt.

Eben ſo iſt gezeigt worden, daß dazu eine unglaubliche
Erweiterung (i) des Muſkels gehoͤre, wenn nur eine
geringe Verkuͤrzung geſchehen ſoll, und daß man ſie bei
der borelliſchen Rautenhipoteſe um ſiebenzigmal (k)
groͤſſer machen muͤſſe, um nur ſelbigen um den hunderten
Theil zu verkuͤrzen, hingegen fuͤnf und zwanzigmal mehr
(l) um ein Drittheil, wie doch oft mehr geſchicht, zu ver-
kuͤrzen. Doch es findet dergleichen Erweiterung nie bei
einem Muſkel ſtatt, und es mus ſelbige nicht viel uͤber
dreifach bei der Verkuͤrzung auf ein Drittheil ſein, da ein
Muſkel uͤberhaupt entweder ganz und gar nicht, oder doch
um ein ſehr geringes an Dikke zunimmt (l*). Man
nimmt aber nur vergeblich zu der Kleinheit der Blaͤsgen
ſeine Zuflucht, daß ſelbige ihre Erweiterung nicht ſichtbar
werden laſſen. Denn da der ganze Muſkel, vermoͤge
der Hipoteſe, aus dergleichen Ketten beſteht, ſo muͤſte ſich
der Muſkel auch, nach dem Verhaͤltniſſe, als eine einzige
Blaſe erweitern. Ja, es erfordern kleine Blaͤsgen eine
groͤſſere Kraft zum Einblaſen (l**).

Es kann endlich, ſelbſt nach den Hipoteſen der beruͤm-
ten Maͤnner, leicht geſchehen, daß ein Muſkel nach die-

ſer
(h) [Spaltenumbruch] Conf. ASTRUC loc. cit.
p. 30. 31. SEGNER apud NIEU-
WENTYT p.
110. 111. 112. Jm
Verſuche hob die doppelte Kraft
des Gewichtes das Gewicht bis
hoch von der geſamten Laͤnge.
TABOR 199. 200.
(i) [Spaltenumbruch] PEMBERTON loc. cit.
p. XXIV. ſeqq. TABOR p.
188.
(l) pag. 189.
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(l**) CHESELDEN p. 62.
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[166/0184] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. als es von dem Gewichte herabgedruͤkkt wird, ſo wird auf jedes Blaͤsgen, welches ſich in eine Quadratfigur verwan- deln ſoll, gedoppelt ſo viel Gewicht erfordert (h); und da bei einem jeden Blaͤsgen einer vollſtaͤndigen Kette eben ſo viel Kraͤfte verloren gehen, ſo wird endlich zu dem Auf- heben des Gewichtes eine ſo viel ſtaͤrkere Gewalt erfordert, als die Anzal der Blaͤsgen, zweimal genommen, groͤſſer als die Einheit iſt. Eben ſo iſt gezeigt worden, daß dazu eine unglaubliche Erweiterung (i) des Muſkels gehoͤre, wenn nur eine geringe Verkuͤrzung geſchehen ſoll, und daß man ſie bei der borelliſchen Rautenhipoteſe um ſiebenzigmal (k) groͤſſer machen muͤſſe, um nur ſelbigen um den hunderten Theil zu verkuͤrzen, hingegen fuͤnf und zwanzigmal mehr (l) um ein Drittheil, wie doch oft mehr geſchicht, zu ver- kuͤrzen. Doch es findet dergleichen Erweiterung nie bei einem Muſkel ſtatt, und es mus ſelbige nicht viel uͤber dreifach bei der Verkuͤrzung auf ein Drittheil ſein, da ein Muſkel uͤberhaupt entweder ganz und gar nicht, oder doch um ein ſehr geringes an Dikke zunimmt (l*). Man nimmt aber nur vergeblich zu der Kleinheit der Blaͤsgen ſeine Zuflucht, daß ſelbige ihre Erweiterung nicht ſichtbar werden laſſen. Denn da der ganze Muſkel, vermoͤge der Hipoteſe, aus dergleichen Ketten beſteht, ſo muͤſte ſich der Muſkel auch, nach dem Verhaͤltniſſe, als eine einzige Blaſe erweitern. Ja, es erfordern kleine Blaͤsgen eine groͤſſere Kraft zum Einblaſen (l**). Es kann endlich, ſelbſt nach den Hipoteſen der beruͤm- ten Maͤnner, leicht geſchehen, daß ein Muſkel nach die- ſer (h) Conf. ASTRUC loc. cit. p. 30. 31. SEGNER apud NIEU- WENTYT p. 110. 111. 112. Jm Verſuche hob die doppelte Kraft des Gewichtes das Gewicht bis [FORMEL] hoch von der geſamten Laͤnge. TABOR 199. 200. (i) PEMBERTON loc. cit. p. XXIV. ſeqq. TABOR p. 188. (l) pag. 189. (l*) pag. 479. (l**) CHESELDEN p. 62.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/184>, abgerufen am 24.11.2024.