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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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Der Schlaf. XVII. Buch.
des Fettes, mit einer grossen Menge chemischer Säure,
die ich zu mir nahm, mit einem mäßigen Gebrauche des
warmen Weines, und der Enthaltung vom übermäßigen
Studiren, gehoben.

Diejenigen können nicht schlafen, denen ein Theil
friert, wenn indessen der Kopf warm ist. Daraus ent-
steht ein ungleicher Blutumlauf, eine Anhäufung im Ge-
hirn, und die Ruhe wird dadurch gehindert.

Auch solche schlafen, wenigstens nicht lange, denen
ein grosses Getöse, oder andre Dinge beschwerlich fallen,
wodurch die Sinne sehr gerührt werden. So erfand man
in Frankreich, bei denen im Jahr 1685 angebrachten Mar-
tern, wodurch man die Elenden entweder dem Willen des
Königes zu gehorchen, oder die Sinnen zu verlieren
zwang, auch das Trommeln.

Diejenigen schlafen nicht, die ihr Gemüthe mit
Sorgen und grosser Anstrengung beschäftigen, wie wir
vom Franz Vieta lesen. So verstatten alle schwere Sor-
gen keine Ruhe. Diejenigen elenden Frauenspersonen,
welche in einem engen Schlafzimmer unter einer Menge
Schnee, ganzer sieben und dreißig Tage lang, vergraben
lagen (f), konnten wenig schlafen. Eine Schwangre blieb
fünf und vierzig Tage schlaflos (g). Eine Melancholi-
sche sechs Wochen (h). Tolle Leute können oft nicht schla-
fen, und einige derselben schlafen niemals (i). Eine
histerische Frau blieb drei Monate wachend, und es half
bei ihr nicht einmal Opium (k). Eine hat niemals ge-
schlafen (l), allein dieses ist nicht glaublich.

Der berühmte Home blieb, wie er glaubte, von
einer Entzündung des Gehirns mit einer übermäßigen
Empfindung, aller Körper, und so gar des Lichtes,

schlaf-
(f) [Spaltenumbruch] Somis raggionam p. 74.
(g) BARTHOLIN Cent. IV.
hist.
70.
(h) G. v. SWIETEN. T. III.
p.
264.
(i) [Spaltenumbruch] Phil. trans. n. 317. INGRAM.
cases p.
100.
(k) MILITIA morb. graviss. p.
27. Andere Exempel. PLEMP. va-
let logat. p. 28. n.
(l) MOUSIN. hort. p. 289.

Der Schlaf. XVII. Buch.
des Fettes, mit einer groſſen Menge chemiſcher Saͤure,
die ich zu mir nahm, mit einem maͤßigen Gebrauche des
warmen Weines, und der Enthaltung vom uͤbermaͤßigen
Studiren, gehoben.

Diejenigen koͤnnen nicht ſchlafen, denen ein Theil
friert, wenn indeſſen der Kopf warm iſt. Daraus ent-
ſteht ein ungleicher Blutumlauf, eine Anhaͤufung im Ge-
hirn, und die Ruhe wird dadurch gehindert.

Auch ſolche ſchlafen, wenigſtens nicht lange, denen
ein groſſes Getoͤſe, oder andre Dinge beſchwerlich fallen,
wodurch die Sinne ſehr geruͤhrt werden. So erfand man
in Frankreich, bei denen im Jahr 1685 angebrachten Mar-
tern, wodurch man die Elenden entweder dem Willen des
Koͤniges zu gehorchen, oder die Sinnen zu verlieren
zwang, auch das Trommeln.

Diejenigen ſchlafen nicht, die ihr Gemuͤthe mit
Sorgen und groſſer Anſtrengung beſchaͤftigen, wie wir
vom Franz Vieta leſen. So verſtatten alle ſchwere Sor-
gen keine Ruhe. Diejenigen elenden Frauensperſonen,
welche in einem engen Schlafzimmer unter einer Menge
Schnee, ganzer ſieben und dreißig Tage lang, vergraben
lagen (f), konnten wenig ſchlafen. Eine Schwangre blieb
fuͤnf und vierzig Tage ſchlaflos (g). Eine Melancholi-
ſche ſechs Wochen (h). Tolle Leute koͤnnen oft nicht ſchla-
fen, und einige derſelben ſchlafen niemals (i). Eine
hiſteriſche Frau blieb drei Monate wachend, und es half
bei ihr nicht einmal Opium (k). Eine hat niemals ge-
ſchlafen (l), allein dieſes iſt nicht glaublich.

Der beruͤhmte Home blieb, wie er glaubte, von
einer Entzuͤndung des Gehirns mit einer uͤbermaͤßigen
Empfindung, aller Koͤrper, und ſo gar des Lichtes,

ſchlaf-
(f) [Spaltenumbruch] Somis raggionam p. 74.
(g) BARTHOLIN Cent. IV.
hiſt.
70.
(h) G. v. SWIETEN. T. III.
p.
264.
(i) [Spaltenumbruch] Phil. tranſ. n. 317. INGRAM.
caſes p.
100.
(k) MILITIA morb. graviſſ. p.
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[1168/1186] Der Schlaf. XVII. Buch. des Fettes, mit einer groſſen Menge chemiſcher Saͤure, die ich zu mir nahm, mit einem maͤßigen Gebrauche des warmen Weines, und der Enthaltung vom uͤbermaͤßigen Studiren, gehoben. Diejenigen koͤnnen nicht ſchlafen, denen ein Theil friert, wenn indeſſen der Kopf warm iſt. Daraus ent- ſteht ein ungleicher Blutumlauf, eine Anhaͤufung im Ge- hirn, und die Ruhe wird dadurch gehindert. Auch ſolche ſchlafen, wenigſtens nicht lange, denen ein groſſes Getoͤſe, oder andre Dinge beſchwerlich fallen, wodurch die Sinne ſehr geruͤhrt werden. So erfand man in Frankreich, bei denen im Jahr 1685 angebrachten Mar- tern, wodurch man die Elenden entweder dem Willen des Koͤniges zu gehorchen, oder die Sinnen zu verlieren zwang, auch das Trommeln. Diejenigen ſchlafen nicht, die ihr Gemuͤthe mit Sorgen und groſſer Anſtrengung beſchaͤftigen, wie wir vom Franz Vieta leſen. So verſtatten alle ſchwere Sor- gen keine Ruhe. Diejenigen elenden Frauensperſonen, welche in einem engen Schlafzimmer unter einer Menge Schnee, ganzer ſieben und dreißig Tage lang, vergraben lagen (f), konnten wenig ſchlafen. Eine Schwangre blieb fuͤnf und vierzig Tage ſchlaflos (g). Eine Melancholi- ſche ſechs Wochen (h). Tolle Leute koͤnnen oft nicht ſchla- fen, und einige derſelben ſchlafen niemals (i). Eine hiſteriſche Frau blieb drei Monate wachend, und es half bei ihr nicht einmal Opium (k). Eine hat niemals ge- ſchlafen (l), allein dieſes iſt nicht glaublich. Der beruͤhmte Home blieb, wie er glaubte, von einer Entzuͤndung des Gehirns mit einer uͤbermaͤßigen Empfindung, aller Koͤrper, und ſo gar des Lichtes, ſchlaf- (f) Somis raggionam p. 74. (g) BARTHOLIN Cent. IV. hiſt. 70. (h) G. v. SWIETEN. T. III. p. 264. (i) Phil. tranſ. n. 317. INGRAM. caſes p. 100. (k) MILITIA morb. graviſſ. p. 27. Andere Exempel. PLEMP. va- let logat. p. 28. n. (l) MOUSIN. hort. p. 289.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1186>, abgerufen am 23.11.2024.