Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Der Verstand.
bestranke (k), vom Saamen Cansie (l) und der Selbst-
beflekkung (m), verging das völlige Gedächtnis. Die-
ses geschahe auch von übermäßiger Sonnenhizze (n). Von
einer Pinte Wasser. Zwischen den Gehirnhäutchen, wurde
jemand vergeslich (o), wie auch von Wasserbläschen im
Gehirne (p). Man vergaß durch einen Herabfall die
Buchstaben, die Mutter und die Anverwandten (q). Ein
grosser Stein in der Zirbeldrüse hatte den Verlust des
Gedächtnisses zur Folge (r).

Wenn daher dieser Fehler im Körper gehoben wor-
den, so stellet sich auch das Gedächtnis wieder ein. Leute,
welche vergeslich geworden waren, wurden wieder herge-
stellt, als ihnen die Füsse zu schwellen anfingen (s), weil
die Feuchtigkeit, die das Gehirn überschwemmet hatte,
sich herab zog. Ein andrer bekam nach einem Durchfalle (t),
sein Gedächtnis wieder. Jemand der vom Dache gefal-
len war, und sich gequetscht hatte, wurde gesund, und
bekam sein geschwächtes Gedächtnis wieder (u). Der
Schlag, und die Vergeslichkeit wurden nach sechs Mo-
naten mit Schröpfköpfen und Feuer (x) geheilet. Bei
mittlerer Sonnenhizze (y) fand sich das Gedächtnis (z), so
wie bei denen wieder ein, welche es von einer bösartigen
Krankheit verlohren, oder nach Wiedereröfnung geschloß-
ner Wunden (a).

Es hat das Ansehn, daß sich Dinge behalten lassen,
welche tiefer eingedrükkt worden, indessen daß die übrigen
Bilder zerstört werden. Ein Mensch, welcher durch

eine
(k) [Spaltenumbruch] UNZER pag. 107. HEERS
pag.
131.
(l) LEEUWENHOECK Phil.
trans. n.
305.
(m) Onanisme p. 32.
(n) Hist. de l'Acad. 1705. p. 58.
(o) Phil. trans. n. 185.
(p) WEPFER de morb. capit.
obs.
96.
(q) Plin. L. VII. c. 24.
(r) CONTULI lap. pod. p. 42.
(s) [Spaltenumbruch] G. v. SWIETEN T. III. p.
973.
(t) BENIVEN abd. morb. cons
hist.
(u) CORNAR hist- rar. c. 15.
(x) Hist. de l'Acad. des scien-
ces 1719. Add. HEERS obs.
21.
(y) Histoir de l'Acad. des scien-
ces 1705. l. c.
(z) IUCH l. c.
(a) Glorn. de Lett T. XVIII.
pag.
64.
X x x 2

I. Abſchnitt. Der Verſtand.
bestranke (k), vom Saamen Canſie (l) und der Selbſt-
beflekkung (m), verging das voͤllige Gedaͤchtnis. Die-
ſes geſchahe auch von uͤbermaͤßiger Sonnenhizze (n). Von
einer Pinte Waſſer. Zwiſchen den Gehirnhaͤutchen, wurde
jemand vergeslich (o), wie auch von Waſſerblaͤschen im
Gehirne (p). Man vergaß durch einen Herabfall die
Buchſtaben, die Mutter und die Anverwandten (q). Ein
groſſer Stein in der Zirbeldruͤſe hatte den Verluſt des
Gedaͤchtniſſes zur Folge (r).

Wenn daher dieſer Fehler im Koͤrper gehoben wor-
den, ſo ſtellet ſich auch das Gedaͤchtnis wieder ein. Leute,
welche vergeslich geworden waren, wurden wieder herge-
ſtellt, als ihnen die Fuͤſſe zu ſchwellen anfingen (s), weil
die Feuchtigkeit, die das Gehirn uͤberſchwemmet hatte,
ſich herab zog. Ein andrer bekam nach einem Durchfalle (t),
ſein Gedaͤchtnis wieder. Jemand der vom Dache gefal-
len war, und ſich gequetſcht hatte, wurde geſund, und
bekam ſein geſchwaͤchtes Gedaͤchtnis wieder (u). Der
Schlag, und die Vergeslichkeit wurden nach ſechs Mo-
naten mit Schroͤpfkoͤpfen und Feuer (x) geheilet. Bei
mittlerer Sonnenhizze (y) fand ſich das Gedaͤchtnis (z), ſo
wie bei denen wieder ein, welche es von einer boͤsartigen
Krankheit verlohren, oder nach Wiedereroͤfnung geſchloß-
ner Wunden (a).

Es hat das Anſehn, daß ſich Dinge behalten laſſen,
welche tiefer eingedruͤkkt worden, indeſſen daß die uͤbrigen
Bilder zerſtoͤrt werden. Ein Menſch, welcher durch

eine
(k) [Spaltenumbruch] UNZER pag. 107. HEERS
pag.
131.
(l) LEEUWENHOECK Phil.
tranſ. n.
305.
(m) Onanisme p. 32.
(n) Hiſt. de l’Acad. 1705. p. 58.
(o) Phil. tranſ. n. 185.
(p) WEPFER de morb. capit.
obſ.
96.
(q) Plin. L. VII. c. 24.
(r) CONTULI lap. pod. p. 42.
(s) [Spaltenumbruch] G. v. SWIETEN T. III. p.
973.
(t) BENIVEN abd. morb. conſ
hiſt.
(u) CORNAR hiſt- rar. c. 15.
(x) Hiſt. de l’Acad. des ſcien-
ces 1719. Add. HEERS obſ.
21.
(y) Hiſtoir de l’Acad. des ſcien-
ces 1705. l. c.
(z) IUCH l. c.
(a) Glorn. de Lett T. XVIII.
pag.
64.
X x x 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1077" n="1059"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Der Ver&#x017F;tand.</hi></fw><lb/>
bestranke <note place="foot" n="(k)"><cb/><hi rendition="#aq">UNZER pag. 107. HEERS<lb/>
pag.</hi> 131.</note>, vom Saamen Can&#x017F;ie <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">LEEUWENHOECK Phil.<lb/>
tran&#x017F;. n.</hi> 305.</note> und der Selb&#x017F;t-<lb/>
beflekkung <note place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">Onanisme p.</hi> 32.</note>, verging das vo&#x0364;llige Geda&#x0364;chtnis. Die-<lb/>
&#x017F;es ge&#x017F;chahe auch von u&#x0364;berma&#x0364;ßiger Sonnenhizze <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. de l&#x2019;Acad. 1705. p.</hi> 58.</note>. Von<lb/>
einer Pinte Wa&#x017F;&#x017F;er. Zwi&#x017F;chen den Gehirnha&#x0364;utchen, wurde<lb/>
jemand vergeslich <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 185.</note>, wie auch von Wa&#x017F;&#x017F;erbla&#x0364;schen im<lb/>
Gehirne <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">WEPFER de morb. capit.<lb/>
ob&#x017F;.</hi> 96.</note>. Man vergaß durch einen Herabfall die<lb/>
Buch&#x017F;taben, die Mutter und die Anverwandten <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Plin. L. VII. c.</hi> 24.</note>. Ein<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Stein in der Zirbeldru&#x0364;&#x017F;e hatte den Verlu&#x017F;t des<lb/>
Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;es zur Folge <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">CONTULI lap. pod. p.</hi> 42.</note>.</p><lb/>
            <p>Wenn daher die&#x017F;er Fehler im Ko&#x0364;rper gehoben wor-<lb/>
den, &#x017F;o &#x017F;tellet &#x017F;ich auch das Geda&#x0364;chtnis wieder ein. Leute,<lb/>
welche vergeslich geworden waren, wurden wieder herge-<lb/>
&#x017F;tellt, als ihnen die Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu &#x017F;chwellen anfingen <note place="foot" n="(s)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">G.</hi> v. SWIETEN T. III. p.</hi><lb/>
973.</note>, weil<lb/>
die Feuchtigkeit, die das Gehirn u&#x0364;ber&#x017F;chwemmet hatte,<lb/>
&#x017F;ich herab zog. Ein andrer bekam nach einem Durchfalle <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">BENIVEN abd. morb. con&#x017F;<lb/>
hi&#x017F;t.</hi></note>,<lb/>
&#x017F;ein Geda&#x0364;chtnis wieder. Jemand der vom Dache gefal-<lb/>
len war, und &#x017F;ich gequet&#x017F;cht hatte, wurde ge&#x017F;und, und<lb/>
bekam &#x017F;ein ge&#x017F;chwa&#x0364;chtes Geda&#x0364;chtnis wieder <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">CORNAR hi&#x017F;t- rar. c.</hi> 15.</note>. Der<lb/>
Schlag, und die Vergeslichkeit wurden nach &#x017F;echs Mo-<lb/>
naten mit Schro&#x0364;pfko&#x0364;pfen und Feuer <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;t. de l&#x2019;Acad. des &#x017F;cien-<lb/>
ces 1719. Add. HEERS ob&#x017F;.</hi> 21.</note> geheilet. Bei<lb/>
mittlerer Sonnenhizze <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toir de l&#x2019;Acad. des &#x017F;cien-<lb/>
ces 1705. l. c.</hi></note> fand &#x017F;ich das Geda&#x0364;chtnis <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">IUCH l. c.</hi></note>, &#x017F;o<lb/>
wie bei denen wieder ein, welche es von einer bo&#x0364;sartigen<lb/>
Krankheit verlohren, oder nach Wiederero&#x0364;fnung ge&#x017F;chloß-<lb/>
ner Wunden <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Glorn. de Lett T. XVIII.<lb/>
pag.</hi> 64.</note>.</p><lb/>
            <p>Es hat das An&#x017F;ehn, daß &#x017F;ich Dinge behalten la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
welche tiefer eingedru&#x0364;kkt worden, inde&#x017F;&#x017F;en daß die u&#x0364;brigen<lb/>
Bilder zer&#x017F;to&#x0364;rt werden. Ein Men&#x017F;ch, welcher durch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X x x 2</fw><fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1059/1077] I. Abſchnitt. Der Verſtand. bestranke (k), vom Saamen Canſie (l) und der Selbſt- beflekkung (m), verging das voͤllige Gedaͤchtnis. Die- ſes geſchahe auch von uͤbermaͤßiger Sonnenhizze (n). Von einer Pinte Waſſer. Zwiſchen den Gehirnhaͤutchen, wurde jemand vergeslich (o), wie auch von Waſſerblaͤschen im Gehirne (p). Man vergaß durch einen Herabfall die Buchſtaben, die Mutter und die Anverwandten (q). Ein groſſer Stein in der Zirbeldruͤſe hatte den Verluſt des Gedaͤchtniſſes zur Folge (r). Wenn daher dieſer Fehler im Koͤrper gehoben wor- den, ſo ſtellet ſich auch das Gedaͤchtnis wieder ein. Leute, welche vergeslich geworden waren, wurden wieder herge- ſtellt, als ihnen die Fuͤſſe zu ſchwellen anfingen (s), weil die Feuchtigkeit, die das Gehirn uͤberſchwemmet hatte, ſich herab zog. Ein andrer bekam nach einem Durchfalle (t), ſein Gedaͤchtnis wieder. Jemand der vom Dache gefal- len war, und ſich gequetſcht hatte, wurde geſund, und bekam ſein geſchwaͤchtes Gedaͤchtnis wieder (u). Der Schlag, und die Vergeslichkeit wurden nach ſechs Mo- naten mit Schroͤpfkoͤpfen und Feuer (x) geheilet. Bei mittlerer Sonnenhizze (y) fand ſich das Gedaͤchtnis (z), ſo wie bei denen wieder ein, welche es von einer boͤsartigen Krankheit verlohren, oder nach Wiedereroͤfnung geſchloß- ner Wunden (a). Es hat das Anſehn, daß ſich Dinge behalten laſſen, welche tiefer eingedruͤkkt worden, indeſſen daß die uͤbrigen Bilder zerſtoͤrt werden. Ein Menſch, welcher durch eine (k) UNZER pag. 107. HEERS pag. 131. (l) LEEUWENHOECK Phil. tranſ. n. 305. (m) Onanisme p. 32. (n) Hiſt. de l’Acad. 1705. p. 58. (o) Phil. tranſ. n. 185. (p) WEPFER de morb. capit. obſ. 96. (q) Plin. L. VII. c. 24. (r) CONTULI lap. pod. p. 42. (s) G. v. SWIETEN T. III. p. 973. (t) BENIVEN abd. morb. conſ hiſt. (u) CORNAR hiſt- rar. c. 15. (x) Hiſt. de l’Acad. des ſcien- ces 1719. Add. HEERS obſ. 21. (y) Hiſtoir de l’Acad. des ſcien- ces 1705. l. c. (z) IUCH l. c. (a) Glorn. de Lett T. XVIII. pag. 64. X x x 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1077
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1059. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1077>, abgerufen am 18.06.2024.