Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite

Thierische Bewegung. XI. Buch.
stigt ist. Es können auch andre Ursachen als der Ge-
schwulst des Gelenkes vorhanden sein, oder es kann eine
Muskel mit dem Knochen einen ziemlich grossen Winkel
machen, dergleichen an dem Brustmuskel, der sich an die
Schulter und dem kleinen gezakkten, der sich an den Fort-
sazz des Schulterblates anschlist, wahrzunehmen ist.

Man will, daß sich die Muskeln in den Jnsekten in
einer grössern Weite von der Gelenkmitte lagern (a), und
daß ihnen diese Lage zur Verstärkung der Kräfte beförder-
lich sei.

§. 29.
3. Weil sich die Fasern gegen die Sehne zu neigen.

Es befinden sich die Fleischfasern in vielen Muskeln,
doch aber nicht in allen und jeden, mit ihrer Sehne nicht
in einerlei Richtung. Sie pflegen an den gefiederten
Muskeln, unter einem abwärts stumfen Winkel, in die
Sehne zu laufen; und sie sind an den gestralten Mus-
keln noch schiefer in die Sehne eingefugt; und dieses thun
die äussersten Fasern noch mehr, als die innersten.

Nun verliert ein Muskel überhaupt mehr von seiner
Kraft, je grösser der Winkel ist, unter dem seine Fasern
in die Sehne laufen, und es würde unter einem rechten
Winkel gewis sehr wenig von der Thätigkeit eines Mus-
kels übrig bleiben. Es werden sich aber die thätigen Kräfte,
wie der mittlere Theil der Direktionslinie verhalten, die
durch die, von der schiefen Richtung gezogne senkrechte
Linie abgeschnitten wird, welche zu eben demjenigen Theile
der Richtungslinie hingeht, von dem die senkrechte aus-
läuft. Oder es verhalten sich, um einfacher zu rechnen,
die aufgewandte Kräfte zu den wirksamen Kräften, wie
der Sinus totus zum Sinus desjenigen Winkels, unter

wel-
(a) CHESELDEN introd.

Thieriſche Bewegung. XI. Buch.
ſtigt iſt. Es koͤnnen auch andre Urſachen als der Ge-
ſchwulſt des Gelenkes vorhanden ſein, oder es kann eine
Muſkel mit dem Knochen einen ziemlich groſſen Winkel
machen, dergleichen an dem Bruſtmuſkel, der ſich an die
Schulter und dem kleinen gezakkten, der ſich an den Fort-
ſazz des Schulterblates anſchliſt, wahrzunehmen iſt.

Man will, daß ſich die Muſkeln in den Jnſekten in
einer groͤſſern Weite von der Gelenkmitte lagern (a), und
daß ihnen dieſe Lage zur Verſtaͤrkung der Kraͤfte befoͤrder-
lich ſei.

§. 29.
3. Weil ſich die Faſern gegen die Sehne zu neigen.

Es befinden ſich die Fleiſchfaſern in vielen Muſkeln,
doch aber nicht in allen und jeden, mit ihrer Sehne nicht
in einerlei Richtung. Sie pflegen an den gefiederten
Muſkeln, unter einem abwaͤrts ſtumfen Winkel, in die
Sehne zu laufen; und ſie ſind an den geſtralten Muſ-
keln noch ſchiefer in die Sehne eingefugt; und dieſes thun
die aͤuſſerſten Faſern noch mehr, als die innerſten.

Nun verliert ein Muſkel uͤberhaupt mehr von ſeiner
Kraft, je groͤſſer der Winkel iſt, unter dem ſeine Faſern
in die Sehne laufen, und es wuͤrde unter einem rechten
Winkel gewis ſehr wenig von der Thaͤtigkeit eines Muſ-
kels uͤbrig bleiben. Es werden ſich aber die thaͤtigen Kraͤfte,
wie der mittlere Theil der Direktionslinie verhalten, die
durch die, von der ſchiefen Richtung gezogne ſenkrechte
Linie abgeſchnitten wird, welche zu eben demjenigen Theile
der Richtungslinie hingeht, von dem die ſenkrechte aus-
laͤuft. Oder es verhalten ſich, um einfacher zu rechnen,
die aufgewandte Kraͤfte zu den wirkſamen Kraͤften, wie
der Sinus totus zum Sinus desjenigen Winkels, unter

wel-
(a) CHESELDEN introd.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0102" n="84"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Thieri&#x017F;che Bewegung. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;tigt i&#x017F;t. Es ko&#x0364;nnen auch andre Ur&#x017F;achen als der Ge-<lb/>
&#x017F;chwul&#x017F;t des Gelenkes vorhanden &#x017F;ein, oder es kann eine<lb/>
Mu&#x017F;kel mit dem Knochen einen ziemlich gro&#x017F;&#x017F;en Winkel<lb/>
machen, dergleichen an dem Bru&#x017F;tmu&#x017F;kel, der &#x017F;ich an die<lb/>
Schulter und dem kleinen gezakkten, der &#x017F;ich an den Fort-<lb/>
&#x017F;azz des Schulterblates an&#x017F;chli&#x017F;t, wahrzunehmen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Man will, daß &#x017F;ich die Mu&#x017F;keln in den Jn&#x017F;ekten in<lb/>
einer gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern Weite von der Gelenkmitte lagern <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">CHESELDEN</hi> introd.</hi></note>, und<lb/>
daß ihnen die&#x017F;e Lage zur Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung der Kra&#x0364;fte befo&#x0364;rder-<lb/>
lich &#x017F;ei.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 29.</head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">3. Weil &#x017F;ich die Fa&#x017F;ern gegen die Sehne zu neigen.</hi> </head><lb/>
            <p>Es befinden &#x017F;ich die Flei&#x017F;chfa&#x017F;ern in vielen Mu&#x017F;keln,<lb/>
doch aber nicht in allen und jeden, mit ihrer Sehne nicht<lb/>
in einerlei Richtung. Sie pflegen an den gefiederten<lb/>
Mu&#x017F;keln, unter einem abwa&#x0364;rts &#x017F;tumfen Winkel, in die<lb/>
Sehne zu laufen; und &#x017F;ie &#x017F;ind an den ge&#x017F;tralten Mu&#x017F;-<lb/>
keln noch &#x017F;chiefer in die Sehne eingefugt; und die&#x017F;es thun<lb/>
die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Fa&#x017F;ern noch mehr, als die inner&#x017F;ten.</p><lb/>
            <p>Nun verliert ein Mu&#x017F;kel u&#x0364;berhaupt mehr von &#x017F;einer<lb/>
Kraft, je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er der Winkel i&#x017F;t, unter dem &#x017F;eine Fa&#x017F;ern<lb/>
in die Sehne laufen, und es wu&#x0364;rde unter einem rechten<lb/>
Winkel gewis &#x017F;ehr wenig von der Tha&#x0364;tigkeit eines Mu&#x017F;-<lb/>
kels u&#x0364;brig bleiben. Es werden &#x017F;ich aber die tha&#x0364;tigen Kra&#x0364;fte,<lb/>
wie der mittlere Theil der Direktionslinie verhalten, die<lb/>
durch die, von der &#x017F;chiefen Richtung gezogne &#x017F;enkrechte<lb/>
Linie abge&#x017F;chnitten wird, welche zu eben demjenigen Theile<lb/>
der Richtungslinie hingeht, von dem die &#x017F;enkrechte aus-<lb/>
la&#x0364;uft. Oder es verhalten &#x017F;ich, um einfacher zu rechnen,<lb/>
die aufgewandte Kra&#x0364;fte zu den wirk&#x017F;amen Kra&#x0364;ften, wie<lb/>
der Sinus totus zum Sinus desjenigen Winkels, unter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wel-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0102] Thieriſche Bewegung. XI. Buch. ſtigt iſt. Es koͤnnen auch andre Urſachen als der Ge- ſchwulſt des Gelenkes vorhanden ſein, oder es kann eine Muſkel mit dem Knochen einen ziemlich groſſen Winkel machen, dergleichen an dem Bruſtmuſkel, der ſich an die Schulter und dem kleinen gezakkten, der ſich an den Fort- ſazz des Schulterblates anſchliſt, wahrzunehmen iſt. Man will, daß ſich die Muſkeln in den Jnſekten in einer groͤſſern Weite von der Gelenkmitte lagern (a), und daß ihnen dieſe Lage zur Verſtaͤrkung der Kraͤfte befoͤrder- lich ſei. §. 29. 3. Weil ſich die Faſern gegen die Sehne zu neigen. Es befinden ſich die Fleiſchfaſern in vielen Muſkeln, doch aber nicht in allen und jeden, mit ihrer Sehne nicht in einerlei Richtung. Sie pflegen an den gefiederten Muſkeln, unter einem abwaͤrts ſtumfen Winkel, in die Sehne zu laufen; und ſie ſind an den geſtralten Muſ- keln noch ſchiefer in die Sehne eingefugt; und dieſes thun die aͤuſſerſten Faſern noch mehr, als die innerſten. Nun verliert ein Muſkel uͤberhaupt mehr von ſeiner Kraft, je groͤſſer der Winkel iſt, unter dem ſeine Faſern in die Sehne laufen, und es wuͤrde unter einem rechten Winkel gewis ſehr wenig von der Thaͤtigkeit eines Muſ- kels uͤbrig bleiben. Es werden ſich aber die thaͤtigen Kraͤfte, wie der mittlere Theil der Direktionslinie verhalten, die durch die, von der ſchiefen Richtung gezogne ſenkrechte Linie abgeſchnitten wird, welche zu eben demjenigen Theile der Richtungslinie hingeht, von dem die ſenkrechte aus- laͤuft. Oder es verhalten ſich, um einfacher zu rechnen, die aufgewandte Kraͤfte zu den wirkſamen Kraͤften, wie der Sinus totus zum Sinus desjenigen Winkels, unter wel- (a) CHESELDEN introd.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/102
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/102>, abgerufen am 07.05.2024.