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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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VIII. Abschnitt. Die Muthmassungen.
einbüsse, so war es ihnen leicht weiter zu schliessen und
in dem Lande des thierischen Gebietes, zween Hauptbe-
zirke feste zu setzen. Dem ersten darunter, der zum Le-
ben am ohnentbehrlichsten schien, und dem Herzen, und
denen zum Leben erforderlichen Theilen, Nerven austhei-
len sollte, ward im kleinen Gehirne der Wohnsitz ange-
wiesen.

Man setzte das zweite Reich, das der Seele die Ner-
ven, als Trabanten lieferte, und vor die Sinne und die
willkürliche Bewegung zu sorgen hätte, in dem beson-
ders so genannten grossen Gehirne an. So hat schon
vor langer Zeit Willhelm von Saliceto, um die Ur-
sache anzugeben, warum im Schlagflusse das Athemho-
len in vollkommnem Zustande verharre, einige Nerven,
welche dem Befehle des Willens gehorchten, und andre
Nerven unterschieden, welche die natürliche Bewegun-
gen zu verrichten hätten [Spaltenumbruch] h*.

Da endlich in der That viele Nerven, mit einigen
ihrer Aeste zur Empfindung, und zu willkürlichen Be-
wegungen bestimmt sind, mit andern hingegen die Le-
bensgeschäfte ausüben, und zum Herzen und zur Lunge,
oder andern, dem Willen nicht unterworfnen Werkzeugen,
hinlaufen; und da überdem, nach Zerstörung der em-
pfindenden, und bewegenden Nerven, öfters der heisse
Brand, nämlich eine Trägheit der Lebensgefässe, zu erfol-
gen pflegt i; so behaupteten sie, daß die Nervenfasern,
des grossen und kleinen Gehirns zusammen genommen,
diese Nerven gemeinschaftlich ausmachen, und sie sag-

ten,
h* Chirurg. collect. venet. | p.
354.
i Vom verrenkten Rückenmar-
ke, G. v. Swieten p. 238. Edimb.
societ. T. 1. n. vlt.
Der Harn versto-
pfte sich, und in den tiefsten Mu-
skeln war der kalte Brand, vom
[Spaltenumbruch] zerbrochnen untersten Rückenwir-
belbeine entstanden, besiehe den
Tabarran. p. 15. 16. Von einem
Falle von der Höhe, entstand eine
Unempfindlichkeit bei dem Clistir
geben, Rumler obs. 12. die Blase
war vertrocknet.
H. Phisiol. 4. B. Q q

VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen.
einbuͤſſe, ſo war es ihnen leicht weiter zu ſchlieſſen und
in dem Lande des thieriſchen Gebietes, zween Hauptbe-
zirke feſte zu ſetzen. Dem erſten darunter, der zum Le-
ben am ohnentbehrlichſten ſchien, und dem Herzen, und
denen zum Leben erforderlichen Theilen, Nerven austhei-
len ſollte, ward im kleinen Gehirne der Wohnſitz ange-
wieſen.

Man ſetzte das zweite Reich, das der Seele die Ner-
ven, als Trabanten lieferte, und vor die Sinne und die
willkuͤrliche Bewegung zu ſorgen haͤtte, in dem beſon-
ders ſo genannten groſſen Gehirne an. So hat ſchon
vor langer Zeit Willhelm von Saliceto, um die Ur-
ſache anzugeben, warum im Schlagfluſſe das Athemho-
len in vollkommnem Zuſtande verharre, einige Nerven,
welche dem Befehle des Willens gehorchten, und andre
Nerven unterſchieden, welche die natuͤrliche Bewegun-
gen zu verrichten haͤtten [Spaltenumbruch] h*.

Da endlich in der That viele Nerven, mit einigen
ihrer Aeſte zur Empfindung, und zu willkuͤrlichen Be-
wegungen beſtimmt ſind, mit andern hingegen die Le-
bensgeſchaͤfte ausuͤben, und zum Herzen und zur Lunge,
oder andern, dem Willen nicht unterworfnen Werkzeugen,
hinlaufen; und da uͤberdem, nach Zerſtoͤrung der em-
pfindenden, und bewegenden Nerven, oͤfters der heiſſe
Brand, naͤmlich eine Traͤgheit der Lebensgefaͤſſe, zu erfol-
gen pflegt i; ſo behaupteten ſie, daß die Nervenfaſern,
des groſſen und kleinen Gehirns zuſammen genommen,
dieſe Nerven gemeinſchaftlich ausmachen, und ſie ſag-

ten,
h* Chirurg. collect. venet. | p.
354.
i Vom verrenkten Ruͤckenmar-
ke, G. v. Swieten p. 238. Edimb.
ſociet. T. 1. n. vlt.
Der Harn verſto-
pfte ſich, und in den tiefſten Mu-
skeln war der kalte Brand, vom
[Spaltenumbruch] zerbrochnen unterſten Ruͤckenwir-
belbeine entſtanden, beſiehe den
Tabarran. p. 15. 16. Von einem
Falle von der Hoͤhe, entſtand eine
Unempfindlichkeit bei dem Cliſtir
geben, Rumler obſ. 12. die Blaſe
war vertrocknet.
H. Phiſiol. 4. B. Q q
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[609/0645] VIII. Abſchnitt. Die Muthmaſſungen. einbuͤſſe, ſo war es ihnen leicht weiter zu ſchlieſſen und in dem Lande des thieriſchen Gebietes, zween Hauptbe- zirke feſte zu ſetzen. Dem erſten darunter, der zum Le- ben am ohnentbehrlichſten ſchien, und dem Herzen, und denen zum Leben erforderlichen Theilen, Nerven austhei- len ſollte, ward im kleinen Gehirne der Wohnſitz ange- wieſen. Man ſetzte das zweite Reich, das der Seele die Ner- ven, als Trabanten lieferte, und vor die Sinne und die willkuͤrliche Bewegung zu ſorgen haͤtte, in dem beſon- ders ſo genannten groſſen Gehirne an. So hat ſchon vor langer Zeit Willhelm von Saliceto, um die Ur- ſache anzugeben, warum im Schlagfluſſe das Athemho- len in vollkommnem Zuſtande verharre, einige Nerven, welche dem Befehle des Willens gehorchten, und andre Nerven unterſchieden, welche die natuͤrliche Bewegun- gen zu verrichten haͤtten h*. Da endlich in der That viele Nerven, mit einigen ihrer Aeſte zur Empfindung, und zu willkuͤrlichen Be- wegungen beſtimmt ſind, mit andern hingegen die Le- bensgeſchaͤfte ausuͤben, und zum Herzen und zur Lunge, oder andern, dem Willen nicht unterworfnen Werkzeugen, hinlaufen; und da uͤberdem, nach Zerſtoͤrung der em- pfindenden, und bewegenden Nerven, oͤfters der heiſſe Brand, naͤmlich eine Traͤgheit der Lebensgefaͤſſe, zu erfol- gen pflegt i; ſo behaupteten ſie, daß die Nervenfaſern, des groſſen und kleinen Gehirns zuſammen genommen, dieſe Nerven gemeinſchaftlich ausmachen, und ſie ſag- ten, h* Chirurg. collect. venet. | p. 354. i Vom verrenkten Ruͤckenmar- ke, G. v. Swieten p. 238. Edimb. ſociet. T. 1. n. vlt. Der Harn verſto- pfte ſich, und in den tiefſten Mu- skeln war der kalte Brand, vom zerbrochnen unterſten Ruͤckenwir- belbeine entſtanden, beſiehe den Tabarran. p. 15. 16. Von einem Falle von der Hoͤhe, entſtand eine Unempfindlichkeit bei dem Cliſtir geben, Rumler obſ. 12. die Blaſe war vertrocknet. H. Phiſiol. 4. B. Q q

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/645>, abgerufen am 22.11.2024.