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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

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Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
schaften, den Umlauf des Blutes schneller zu machen,
vielleicht aber auch auf einige ähnliche Nervenklappen im
Herzen, wodurch solche Leidenschaften angehalten wer-
den könnten. Es ist diese Meinung lange Zeit und mit
vielem Eigensinne von den Peripatetikern vertheidigt
worden [Spaltenumbruch] e.

§. 21.
Ob die thierischen Geister von den Geistern des
Lebens verschieden sind.

Jch berühre diese Meinung nur beiläufig. Es
machte Galen nach dem Unterschiede der Fähigkeiten,
von denen der menschliche Körper beherrscht wird, und
welche die Thierische natürliche und die Lebenskraft ge-
nannt werden, auch eben so viel Klassen der Lebensgei-
ster f, ia es zeigte mein gewesener Lehrer [Spaltenumbruch] g, daß ihm
diese Meinung nicht mißfalle, wenn er dasienige thie-
rische Lebensgeister nennt, was von den kleinen Schlag-
adern, welche hie und da im Körper entspringen, in die
Nerven ausgeschüttet wird.

Daß sich die Geister, die das Leben beherrschen,
in dem kleinen Gehirne erzeugen, sagt eben derselbe,
nebst dem Willis, und einem grossen Anhange berüm-
ter Männer h. Da selbige glaubten, daß das kleine
Gehirn der vornehmste Quell der Lebenskräfte sei, indem
ein Thier, bei Verletzung desselben, so gleich das Leben

ein-
e Da man einem Aristotelico
zeigte, daß Nerven vom Gehirn,
und nicht vom Herzen entspringen,
erklärte er sich, er wolle dem Ari-
stoteles
mehr glauben, als seinen
eignen Augen, Leon a Capoa rag-
gion. p.
61.
f Die thierischen Lebensgeister
erzeugen sich in den Gehirnkam-
mern, vtil. respir. beim Ende. Die
Geister des Lebens aber, in der
Lunge und im Herzen.
g Ad n. 291. An unzähligen
Orten hat man über diese Geister,
wie es mit allem zu gehen pflegt,
das auf blosser Vermuthung be-
ruht, Streit geführt. Endlich hat
Harvey diese Geisterfamilie ver-
drengt. Bronzer läst blos den Geist
des Lebens zu, aber keinen natür-
lichen, Frik in paradox.
h p. 187.

Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
ſchaften, den Umlauf des Blutes ſchneller zu machen,
vielleicht aber auch auf einige aͤhnliche Nervenklappen im
Herzen, wodurch ſolche Leidenſchaften angehalten wer-
den koͤnnten. Es iſt dieſe Meinung lange Zeit und mit
vielem Eigenſinne von den Peripatetikern vertheidigt
worden [Spaltenumbruch] e.

§. 21.
Ob die thieriſchen Geiſter von den Geiſtern des
Lebens verſchieden ſind.

Jch beruͤhre dieſe Meinung nur beilaͤufig. Es
machte Galen nach dem Unterſchiede der Faͤhigkeiten,
von denen der menſchliche Koͤrper beherrſcht wird, und
welche die Thieriſche natuͤrliche und die Lebenskraft ge-
nannt werden, auch eben ſo viel Klaſſen der Lebensgei-
ſter f, ia es zeigte mein geweſener Lehrer [Spaltenumbruch] g, daß ihm
dieſe Meinung nicht mißfalle, wenn er dasienige thie-
riſche Lebensgeiſter nennt, was von den kleinen Schlag-
adern, welche hie und da im Koͤrper entſpringen, in die
Nerven ausgeſchuͤttet wird.

Daß ſich die Geiſter, die das Leben beherrſchen,
in dem kleinen Gehirne erzeugen, ſagt eben derſelbe,
nebſt dem Willis, und einem groſſen Anhange beruͤm-
ter Maͤnner h. Da ſelbige glaubten, daß das kleine
Gehirn der vornehmſte Quell der Lebenskraͤfte ſei, indem
ein Thier, bei Verletzung deſſelben, ſo gleich das Leben

ein-
e Da man einem Ariſtotelico
zeigte, daß Nerven vom Gehirn,
und nicht vom Herzen entſpringen,
erklaͤrte er ſich, er wolle dem Ari-
ſtoteles
mehr glauben, als ſeinen
eignen Augen, Leon a Capoa rag-
gion. p.
61.
f Die thieriſchen Lebensgeiſter
erzeugen ſich in den Gehirnkam-
mern, vtil. reſpir. beim Ende. Die
Geiſter des Lebens aber, in der
Lunge und im Herzen.
g Ad n. 291. An unzaͤhligen
Orten hat man uͤber dieſe Geiſter,
wie es mit allem zu gehen pflegt,
das auf bloſſer Vermuthung be-
ruht, Streit gefuͤhrt. Endlich hat
Harvey dieſe Geiſterfamilie ver-
drengt. Bronzer laͤſt blos den Geiſt
des Lebens zu, aber keinen natuͤr-
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h p. 187.
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[608/0644] Das Gehirn und die Nerven. X. Buch. ſchaften, den Umlauf des Blutes ſchneller zu machen, vielleicht aber auch auf einige aͤhnliche Nervenklappen im Herzen, wodurch ſolche Leidenſchaften angehalten wer- den koͤnnten. Es iſt dieſe Meinung lange Zeit und mit vielem Eigenſinne von den Peripatetikern vertheidigt worden e. §. 21. Ob die thieriſchen Geiſter von den Geiſtern des Lebens verſchieden ſind. Jch beruͤhre dieſe Meinung nur beilaͤufig. Es machte Galen nach dem Unterſchiede der Faͤhigkeiten, von denen der menſchliche Koͤrper beherrſcht wird, und welche die Thieriſche natuͤrliche und die Lebenskraft ge- nannt werden, auch eben ſo viel Klaſſen der Lebensgei- ſter f, ia es zeigte mein geweſener Lehrer g, daß ihm dieſe Meinung nicht mißfalle, wenn er dasienige thie- riſche Lebensgeiſter nennt, was von den kleinen Schlag- adern, welche hie und da im Koͤrper entſpringen, in die Nerven ausgeſchuͤttet wird. Daß ſich die Geiſter, die das Leben beherrſchen, in dem kleinen Gehirne erzeugen, ſagt eben derſelbe, nebſt dem Willis, und einem groſſen Anhange beruͤm- ter Maͤnner h. Da ſelbige glaubten, daß das kleine Gehirn der vornehmſte Quell der Lebenskraͤfte ſei, indem ein Thier, bei Verletzung deſſelben, ſo gleich das Leben ein- e Da man einem Ariſtotelico zeigte, daß Nerven vom Gehirn, und nicht vom Herzen entſpringen, erklaͤrte er ſich, er wolle dem Ari- ſtoteles mehr glauben, als ſeinen eignen Augen, Leon a Capoa rag- gion. p. 61. f Die thieriſchen Lebensgeiſter erzeugen ſich in den Gehirnkam- mern, vtil. reſpir. beim Ende. Die Geiſter des Lebens aber, in der Lunge und im Herzen. g Ad n. 291. An unzaͤhligen Orten hat man uͤber dieſe Geiſter, wie es mit allem zu gehen pflegt, das auf bloſſer Vermuthung be- ruht, Streit gefuͤhrt. Endlich hat Harvey dieſe Geiſterfamilie ver- drengt. Bronzer laͤſt blos den Geiſt des Lebens zu, aber keinen natuͤr- lichen, Frik in paradox. h p. 187.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/644>, abgerufen am 22.11.2024.