Sie sagen, es müsse das flüßige der Nerven, we- gen der Kleinigkeit der Nervenröhrchen im Herzen, wenn man solche mit der Aorte vergleicht, welche um 2880000000 mal kleiner, als diese Aorte sind, um 2880 mal geschwinder, als das Blut, oder innerhalb einer Sekunde durch 57600000000 Fuß [Spaltenumbruch]b, und nach andern Rechnungen, welche mäßiger sind, durch 7750 b* und 32400 Fuß in einer Sekunde fliessen. Da dieses aber blos theoretische Zahlen sind, und ich lieber Versuche vor mich nehmen, ob diese gleich keine solche gebirgige Sinne her- ausbringen, so finde demohngeachtet doch, daß die aller- gröste Geschwindigkeit des Muskelsaftes, nicht weniger, als einen Raum von 9000 Fuß innerhalb einer Minute durchstreicht [Spaltenumbruch]c.
Viertens muß das flüßige der Nerven ungemein zart oder dünne sein, um äusserst kleine, und durch kein Vergrösserungsglas zu entdeckende Röhrchen durchlaufen zu können, ia es können die Lebensgeister selbst durch kei- nerlei Art von Beihülfe, für unsre Sinnen sichtbar ge- macht werden. Dieses flüßige müste ferner darum un- gememein zart sein, weil es, vermöge des obigen, die allerschnellste Bewegungen macht. So ist der Strom des Wassers träge, hingegen der Strom der Luft die um tausend mal dünner, als das Wasser ist, schon schnel- ler, noch schneller aber der Strom der elektrischen Ma- terie, und am allerschnellsten der Strom des Lichts d, über welches nichts zärter ist. So haben auch die Ele- mente unter allen Dingen die stärkste Gewalt, weil ihre Theile am kleinsten sind, dergleichen von denen zu däm- pfen ausgedehnten Wassertheilen, und den Theilen der Luft, des Feuers, der elektrischen Materie und des Lichts, bekannt ist.
Fünf-
bEss. sur le mechanism. des muscl. p. 93.
b*Sauvages de la fievre p. 302. 303
cConf. L. XI.
dEberhard physiolog. p. 285.
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Sie ſagen, es muͤſſe das fluͤßige der Nerven, we- gen der Kleinigkeit der Nervenroͤhrchen im Herzen, wenn man ſolche mit der Aorte vergleicht, welche um 2880000000 mal kleiner, als dieſe Aorte ſind, um 2880 mal geſchwinder, als das Blut, oder innerhalb einer Sekunde durch 57600000000 Fuß [Spaltenumbruch]b, und nach andern Rechnungen, welche maͤßiger ſind, durch 7750 b* und 32400 Fuß in einer Sekunde flieſſen. Da dieſes aber blos theoretiſche Zahlen ſind, und ich lieber Verſuche vor mich nehmen, ob dieſe gleich keine ſolche gebirgige Sinne her- ausbringen, ſo finde demohngeachtet doch, daß die aller- groͤſte Geſchwindigkeit des Muskelſaftes, nicht weniger, als einen Raum von 9000 Fuß innerhalb einer Minute durchſtreicht [Spaltenumbruch]c.
Viertens muß das fluͤßige der Nerven ungemein zart oder duͤnne ſein, um aͤuſſerſt kleine, und durch kein Vergroͤſſerungsglas zu entdeckende Roͤhrchen durchlaufen zu koͤnnen, ia es koͤnnen die Lebensgeiſter ſelbſt durch kei- nerlei Art von Beihuͤlfe, fuͤr unſre Sinnen ſichtbar ge- macht werden. Dieſes fluͤßige muͤſte ferner darum un- gememein zart ſein, weil es, vermoͤge des obigen, die allerſchnellſte Bewegungen macht. So iſt der Strom des Waſſers traͤge, hingegen der Strom der Luft die um tauſend mal duͤnner, als das Waſſer iſt, ſchon ſchnel- ler, noch ſchneller aber der Strom der elektriſchen Ma- terie, und am allerſchnellſten der Strom des Lichts d, uͤber welches nichts zaͤrter iſt. So haben auch die Ele- mente unter allen Dingen die ſtaͤrkſte Gewalt, weil ihre Theile am kleinſten ſind, dergleichen von denen zu daͤm- pfen ausgedehnten Waſſertheilen, und den Theilen der Luft, des Feuers, der elektriſchen Materie und des Lichts, bekannt iſt.
Fuͤnf-
bEſſ. ſur le mechanism. des muſcl. p. 93.
b*Sauvages de la fievre p. 302. 303
cConf. L. XI.
dEberhard phyſiolog. p. 285.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0622"n="586"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Gehirn und die Nerven. <hirendition="#aq">X.</hi> Buch.</hi></fw><lb/><p>Sie ſagen, es muͤſſe das fluͤßige der Nerven, we-<lb/>
gen der Kleinigkeit der Nervenroͤhrchen im Herzen, wenn<lb/>
man ſolche mit der Aorte vergleicht, welche um<lb/>
2880000000 mal kleiner, als dieſe Aorte ſind, um 2880<lb/>
mal geſchwinder, als das Blut, oder innerhalb einer<lb/>
Sekunde durch 57600000000 Fuß <cb/><noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Eſſ. ſur le mechanism. des<lb/>
muſcl. p.</hi> 93.</note>, und nach andern<lb/>
Rechnungen, welche maͤßiger ſind, durch 7750 <noteplace="foot"n="b*"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Sauvages</hi> de la fievre p.</hi> 302.<lb/><hirendition="#g">303</hi></note> und<lb/>
32400 Fuß in einer Sekunde flieſſen. Da dieſes aber blos<lb/>
theoretiſche Zahlen ſind, und ich lieber Verſuche vor mich<lb/>
nehmen, ob dieſe gleich keine ſolche gebirgige Sinne her-<lb/>
ausbringen, ſo finde demohngeachtet doch, daß die aller-<lb/>
groͤſte Geſchwindigkeit des Muskelſaftes, nicht weniger,<lb/>
als einen Raum von 9000 Fuß innerhalb einer Minute<lb/>
durchſtreicht <cb/><noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Conf. L. XI.</hi></note>.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Viertens</hi> muß das fluͤßige der Nerven ungemein<lb/>
zart oder duͤnne ſein, um aͤuſſerſt kleine, und durch kein<lb/>
Vergroͤſſerungsglas zu entdeckende Roͤhrchen durchlaufen<lb/>
zu koͤnnen, ia es koͤnnen die Lebensgeiſter ſelbſt durch kei-<lb/>
nerlei Art von Beihuͤlfe, fuͤr unſre Sinnen ſichtbar ge-<lb/>
macht werden. Dieſes fluͤßige muͤſte ferner darum un-<lb/>
gememein zart ſein, weil es, vermoͤge des obigen, die<lb/>
allerſchnellſte Bewegungen macht. So iſt der Strom<lb/>
des Waſſers traͤge, hingegen der Strom der Luft die<lb/>
um tauſend mal duͤnner, als das Waſſer iſt, ſchon ſchnel-<lb/>
ler, noch ſchneller aber der Strom der elektriſchen Ma-<lb/>
terie, und am allerſchnellſten der Strom des Lichts <noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq">E<hirendition="#i">berhard</hi> phyſiolog. p.</hi> 285.</note>,<lb/>
uͤber welches nichts zaͤrter iſt. So haben auch die Ele-<lb/>
mente unter allen Dingen die ſtaͤrkſte Gewalt, weil ihre<lb/>
Theile am kleinſten ſind, dergleichen von denen zu daͤm-<lb/>
pfen ausgedehnten Waſſertheilen, und den Theilen der<lb/>
Luft, des Feuers, der elektriſchen Materie und des Lichts,<lb/>
bekannt iſt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Fuͤnf-</hi></fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[586/0622]
Das Gehirn und die Nerven. X. Buch.
Sie ſagen, es muͤſſe das fluͤßige der Nerven, we-
gen der Kleinigkeit der Nervenroͤhrchen im Herzen, wenn
man ſolche mit der Aorte vergleicht, welche um
2880000000 mal kleiner, als dieſe Aorte ſind, um 2880
mal geſchwinder, als das Blut, oder innerhalb einer
Sekunde durch 57600000000 Fuß
b, und nach andern
Rechnungen, welche maͤßiger ſind, durch 7750 b* und
32400 Fuß in einer Sekunde flieſſen. Da dieſes aber blos
theoretiſche Zahlen ſind, und ich lieber Verſuche vor mich
nehmen, ob dieſe gleich keine ſolche gebirgige Sinne her-
ausbringen, ſo finde demohngeachtet doch, daß die aller-
groͤſte Geſchwindigkeit des Muskelſaftes, nicht weniger,
als einen Raum von 9000 Fuß innerhalb einer Minute
durchſtreicht
c.
Viertens muß das fluͤßige der Nerven ungemein
zart oder duͤnne ſein, um aͤuſſerſt kleine, und durch kein
Vergroͤſſerungsglas zu entdeckende Roͤhrchen durchlaufen
zu koͤnnen, ia es koͤnnen die Lebensgeiſter ſelbſt durch kei-
nerlei Art von Beihuͤlfe, fuͤr unſre Sinnen ſichtbar ge-
macht werden. Dieſes fluͤßige muͤſte ferner darum un-
gememein zart ſein, weil es, vermoͤge des obigen, die
allerſchnellſte Bewegungen macht. So iſt der Strom
des Waſſers traͤge, hingegen der Strom der Luft die
um tauſend mal duͤnner, als das Waſſer iſt, ſchon ſchnel-
ler, noch ſchneller aber der Strom der elektriſchen Ma-
terie, und am allerſchnellſten der Strom des Lichts d,
uͤber welches nichts zaͤrter iſt. So haben auch die Ele-
mente unter allen Dingen die ſtaͤrkſte Gewalt, weil ihre
Theile am kleinſten ſind, dergleichen von denen zu daͤm-
pfen ausgedehnten Waſſertheilen, und den Theilen der
Luft, des Feuers, der elektriſchen Materie und des Lichts,
bekannt iſt.
Fuͤnf-
b Eſſ. ſur le mechanism. des
muſcl. p. 93.
b* Sauvages de la fievre p. 302.
303
c Conf. L. XI.
d Eberhard phyſiolog. p. 285.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/622>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.