Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stimme. IX. Buch.
zehnten Jahrhunderts erfunden, und es hat diese Pe-
trus Pontius
(o), ein Benediktinermönch zuerst, so
viel ich Nachrichten finde, ausgeübet.

Nach ihm hat Joh. Paul Bonet ein Buch heraus-
gegeben, welches mir aber niemals zu Gesichte gekom-
men, und das zur Aufschrift hat: Reduction de la lette-
ras y arte para ensennar a hablar los mutos,
welches zu
Madrit 1620 aufgelegt worden, und worin er die Lehr-
säzze dieser Kunst vorträgt. Kurz nach ihm schrieb Em-
manuel Ramires
de Carrion maravillas
nemlich de nature-
leca qua se contienta los mil secretos da causas natu-
rales
im Jahre 1629. Nach ihnen glaubte Franz Mer-
kur
von Helmont, ein Mann, der lange Jare gelebet
hat, daß die Bewegungen der Werkzeuge der Stimme
ihre Karaktere von den Hebräern bekommen hätten, er
drükkte in seinen Kupfern diese Bewegungen aus, und er
lehrete einen tauben Tonkünstler nicht nur Buchstaben
sagen, sondern auch hebräisch sprechen (p).

Nach ihm verbesserte ein Mathematiker, J. Wallis,
die Fehler der Sprache, und er bestimmte die nothwendige
Lage der Theile. Ausserdem lehrete er dem Alexander
Popha,
welcher taub war, reden (q), welches er auch
an zween Tauben (r) innerhalb zwei Monathe (s) so gläub-
lich verrichtete, daß der eine darunter auch so gar polni-
sche Buchstaben nachsprechen konnte (t). Er schrieb ein
Buch von der Bildung der Buchstaben (u), welches mir
entweder, aus Mangel der englischen Sprache, oder an-
derer Ursachen wegen, nicht gar zu deutlich zu seyn schei-
net (x). Diesen Mann sahe Monconis, als er sich

in
(o) [Spaltenumbruch] wallesivs de sacra
philos.
S. 78. Daß die Erfindungen
dieses Mannes fälschlich dem eman.
ram.
de carrion
zugeschrieben
seyn, zeiget dan. morhof Po-
lyhist. L. II. c. 3. p. m.
341.
(p) Alph. nat. Sulzb. 1658. S. 5.
(q) Phil. trans. n. 345.
(r) Jn der Vorrede, und den
[Spaltenumbruch] Phil. trans. n. 61. über das Jahr 1662.
(s) Phil. trans. n. 61.
(t) Jn dem Schreiben an den
ammann.
(u) Eine englische Grammatik,
deren vierte Ausgabe zu Oxfort 1674
in Octav ich besizze.
(x) Siehe die Aussprache des u.
v. ch. th.

Die Stimme. IX. Buch.
zehnten Jahrhunderts erfunden, und es hat dieſe Pe-
trus Pontius
(o), ein Benediktinermoͤnch zuerſt, ſo
viel ich Nachrichten finde, ausgeuͤbet.

Nach ihm hat Joh. Paul Bonet ein Buch heraus-
gegeben, welches mir aber niemals zu Geſichte gekom-
men, und das zur Aufſchrift hat: Reduction de la lette-
ras y arte para enſennar a hablar los mutos,
welches zu
Madrit 1620 aufgelegt worden, und worin er die Lehr-
ſaͤzze dieſer Kunſt vortraͤgt. Kurz nach ihm ſchrieb Em-
manuel Ramires
de Carrion maravillas
nemlich de nature-
leça qua ſe contienta los mil ſecretos da cauſas natu-
rales
im Jahre 1629. Nach ihnen glaubte Franz Mer-
kur
von Helmont, ein Mann, der lange Jare gelebet
hat, daß die Bewegungen der Werkzeuge der Stimme
ihre Karaktere von den Hebraͤern bekommen haͤtten, er
druͤkkte in ſeinen Kupfern dieſe Bewegungen aus, und er
lehrete einen tauben Tonkuͤnſtler nicht nur Buchſtaben
ſagen, ſondern auch hebraͤiſch ſprechen (p).

Nach ihm verbeſſerte ein Mathematiker, J. Wallis,
die Fehler der Sprache, und er beſtimmte die nothwendige
Lage der Theile. Auſſerdem lehrete er dem Alexander
Popha,
welcher taub war, reden (q), welches er auch
an zween Tauben (r) innerhalb zwei Monathe (s) ſo glaͤub-
lich verrichtete, daß der eine darunter auch ſo gar polni-
ſche Buchſtaben nachſprechen konnte (t). Er ſchrieb ein
Buch von der Bildung der Buchſtaben (u), welches mir
entweder, aus Mangel der engliſchen Sprache, oder an-
derer Urſachen wegen, nicht gar zu deutlich zu ſeyn ſchei-
net (x). Dieſen Mann ſahe Monconis, als er ſich

in
(o) [Spaltenumbruch] walleſivſ de ſacra
philoſ.
S. 78. Daß die Erfindungen
dieſes Mannes faͤlſchlich dem eman.
ram.
de carrion
zugeſchrieben
ſeyn, zeiget dan. morhof Po-
lyhiſt. L. II. c. 3. p. m.
341.
(p) Alph. nat. Sulzb. 1658. S. 5.
(q) Phil. tranſ. n. 345.
(r) Jn der Vorrede, und den
[Spaltenumbruch] Phil. tranſ. n. 61. uͤber das Jahr 1662.
(s) Phil. tranſ. n. 61.
(t) Jn dem Schreiben an den
ammann.
(u) Eine engliſche Grammatik,
deren vierte Ausgabe zu Oxfort 1674
in Octav ich beſizze.
(x) Siehe die Ausſprache des u.
v. ch. th.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0754" n="746[748]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Stimme. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
zehnten Jahrhunderts erfunden, und es hat die&#x017F;e <hi rendition="#fr">Pe-<lb/>
trus Pontius</hi> <note place="foot" n="(o)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">walle&#x017F;iv&#x017F;</hi></hi> de &#x017F;acra<lb/>
philo&#x017F;.</hi> S. 78. Daß die Erfindungen<lb/>
die&#x017F;es Mannes fa&#x0364;l&#x017F;chlich dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">eman.<lb/>
ram.</hi></hi> de <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">carrion</hi></hi></hi> zuge&#x017F;chrieben<lb/>
&#x017F;eyn, zeiget <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">dan. morhof</hi></hi> Po-<lb/>
lyhi&#x017F;t. L. II. c. 3. p. m.</hi> 341.</note>, ein Benediktinermo&#x0364;nch zuer&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
viel ich Nachrichten finde, ausgeu&#x0364;bet.</p><lb/>
            <p>Nach ihm hat <hi rendition="#fr">Joh. Paul Bonet</hi> ein Buch heraus-<lb/>
gegeben, welches mir aber niemals zu Ge&#x017F;ichte gekom-<lb/>
men, und das zur Auf&#x017F;chrift hat: <hi rendition="#aq">Reduction de la lette-<lb/>
ras y arte para en&#x017F;ennar a hablar los mutos,</hi> welches zu<lb/>
Madrit 1620 aufgelegt worden, und worin er die Lehr-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;zze die&#x017F;er Kun&#x017F;t vortra&#x0364;gt. Kurz nach ihm &#x017F;chrieb <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Em-<lb/>
manuel Ramires</hi> de <hi rendition="#i">Carrion</hi> maravillas</hi> nemlich <hi rendition="#aq">de nature-<lb/>
leça qua &#x017F;e contienta los mil &#x017F;ecretos da cau&#x017F;as natu-<lb/>
rales</hi> im Jahre 1629. Nach ihnen glaubte <hi rendition="#fr">Franz Mer-<lb/>
kur</hi> von <hi rendition="#fr">Helmont,</hi> ein Mann, der lange Jare gelebet<lb/>
hat, daß die Bewegungen der Werkzeuge der Stimme<lb/>
ihre Karaktere von den Hebra&#x0364;ern bekommen ha&#x0364;tten, er<lb/>
dru&#x0364;kkte in &#x017F;einen Kupfern die&#x017F;e Bewegungen aus, und er<lb/>
lehrete einen tauben Tonku&#x0364;n&#x017F;tler nicht nur Buch&#x017F;taben<lb/>
&#x017F;agen, &#x017F;ondern auch hebra&#x0364;i&#x017F;ch &#x017F;prechen <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#aq">Alph. nat. Sulzb.</hi> 1658. S. 5.</note>.</p><lb/>
            <p>Nach ihm verbe&#x017F;&#x017F;erte ein Mathematiker, <hi rendition="#fr">J. Wallis,</hi><lb/>
die Fehler der Sprache, und er be&#x017F;timmte die nothwendige<lb/>
Lage der Theile. Au&#x017F;&#x017F;erdem lehrete er dem <hi rendition="#fr">Alexander<lb/>
Popha,</hi> welcher taub war, reden <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 345.</note>, welches er auch<lb/>
an zween Tauben <note place="foot" n="(r)">Jn der Vorrede, und den<lb/><cb/> <hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 61. u&#x0364;ber das Jahr 1662.</note> innerhalb zwei Monathe <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">Phil. tran&#x017F;. n.</hi> 61.</note> &#x017F;o gla&#x0364;ub-<lb/>
lich verrichtete, daß der eine darunter auch &#x017F;o gar polni-<lb/>
&#x017F;che Buch&#x017F;taben nach&#x017F;prechen konnte <note place="foot" n="(t)">Jn dem Schreiben an den<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">ammann.</hi></hi></hi></note>. Er &#x017F;chrieb ein<lb/>
Buch von der Bildung der Buch&#x017F;taben <note place="foot" n="(u)">Eine engli&#x017F;che Grammatik,<lb/>
deren vierte Ausgabe zu Oxfort 1674<lb/>
in Octav ich be&#x017F;izze.</note>, welches mir<lb/>
entweder, aus Mangel der engli&#x017F;chen Sprache, oder an-<lb/>
derer Ur&#x017F;achen wegen, nicht gar zu deutlich zu &#x017F;eyn &#x017F;chei-<lb/>
net <note place="foot" n="(x)">Siehe die Aus&#x017F;prache des u.<lb/>
v. ch. th.</note>. Die&#x017F;en Mann &#x017F;ahe <hi rendition="#fr">Monconis,</hi> als er &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[746[748]/0754] Die Stimme. IX. Buch. zehnten Jahrhunderts erfunden, und es hat dieſe Pe- trus Pontius (o), ein Benediktinermoͤnch zuerſt, ſo viel ich Nachrichten finde, ausgeuͤbet. Nach ihm hat Joh. Paul Bonet ein Buch heraus- gegeben, welches mir aber niemals zu Geſichte gekom- men, und das zur Aufſchrift hat: Reduction de la lette- ras y arte para enſennar a hablar los mutos, welches zu Madrit 1620 aufgelegt worden, und worin er die Lehr- ſaͤzze dieſer Kunſt vortraͤgt. Kurz nach ihm ſchrieb Em- manuel Ramires de Carrion maravillas nemlich de nature- leça qua ſe contienta los mil ſecretos da cauſas natu- rales im Jahre 1629. Nach ihnen glaubte Franz Mer- kur von Helmont, ein Mann, der lange Jare gelebet hat, daß die Bewegungen der Werkzeuge der Stimme ihre Karaktere von den Hebraͤern bekommen haͤtten, er druͤkkte in ſeinen Kupfern dieſe Bewegungen aus, und er lehrete einen tauben Tonkuͤnſtler nicht nur Buchſtaben ſagen, ſondern auch hebraͤiſch ſprechen (p). Nach ihm verbeſſerte ein Mathematiker, J. Wallis, die Fehler der Sprache, und er beſtimmte die nothwendige Lage der Theile. Auſſerdem lehrete er dem Alexander Popha, welcher taub war, reden (q), welches er auch an zween Tauben (r) innerhalb zwei Monathe (s) ſo glaͤub- lich verrichtete, daß der eine darunter auch ſo gar polni- ſche Buchſtaben nachſprechen konnte (t). Er ſchrieb ein Buch von der Bildung der Buchſtaben (u), welches mir entweder, aus Mangel der engliſchen Sprache, oder an- derer Urſachen wegen, nicht gar zu deutlich zu ſeyn ſchei- net (x). Dieſen Mann ſahe Monconis, als er ſich in (o) walleſivſ de ſacra philoſ. S. 78. Daß die Erfindungen dieſes Mannes faͤlſchlich dem eman. ram. de carrion zugeſchrieben ſeyn, zeiget dan. morhof Po- lyhiſt. L. II. c. 3. p. m. 341. (p) Alph. nat. Sulzb. 1658. S. 5. (q) Phil. tranſ. n. 345. (r) Jn der Vorrede, und den Phil. tranſ. n. 61. uͤber das Jahr 1662. (s) Phil. tranſ. n. 61. (t) Jn dem Schreiben an den ammann. (u) Eine engliſche Grammatik, deren vierte Ausgabe zu Oxfort 1674 in Octav ich beſizze. (x) Siehe die Ausſprache des u. v. ch. th.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/754
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 746[748]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/754>, abgerufen am 17.05.2024.