Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Atemholen. VIII. Buch.

Weiter sagen sie, daß das Blut schon blos von der
Berührung der Luft, nicht nur röther, sondern auch dich-
ter werde (q), aber auch bei der Dichtheit eine grössere
Flüßigkeit erlange (r).

Es sey diese Verdichtung überhaupt von der äussersten
Wichtigkeit, da das Blut in allen Blutadern des Kör-
pers verdünnt sey (s), und durch die Blutadern der Lun-
ge nicht anders durchgehen könne, als wenn es in der
Lunge seine gehörige Verdichtung bekäme (t).

Die Kälte lässet sich ohnehin von der Dichtheit schwer-
lich trennen. Denn wenn man die Verdünnung der im
Eise losgemachten Luft bei Seite sezzt, so wird in der
ganzen Natur alles von der Kälte verdichtet, und von
der Wärme verdünnt. Daß aber das Blut in der Lun-
ge abgekühlt werde, scheint gewis zu seyn, weil ein (u)
gegen 96 Grade warmes Blut, von einer sehr grossen
Oberfläche, an die Luft gestellt wird, da die Luft im Schat-
ten in den Europaeischen Ländern nicht leicht, über den
76 Grad warm wird, noch öfter hingegen, und hin und
wieder unglaublich viel kälter, und gegen 80 (x), und
120 Grade, unter dem ersten Gefrierungspunkte ist (y).

Zwischen diesem warmen Blute, und der kalten Luft,
befindet sich ein ungemein zartes Häutchen (z), welches,
nach den Rechnungen eines berühmten Mannes, nicht
dikker, als der tausende Theil eines Zolles ist.

Folglich gehet aus dem Blute so viel Wärme in die
Luft über, daß die Luft, welche kurz darauf aus der

Luft-
(q) [Spaltenumbruch] HELVET. S. 233. u. f.
(r) Eclairciss. S. 50.
(s) HELVET S. 240. 241. u. f.
hamberg S. 110.
(t) 8 B. 4. A 11 N.
(u) Es verhält sich die Abkühlung
des Blutes, wie die sich berührende
Oberflächen, robinson prop.
22. Die Oberfläche wird 20000 Zolle
[Spaltenumbruch] geschäzzt.
(x) Daß sich bis zu diesem Grade
die stärkste Kälte bringen lasse,
reavm. Mem. de l'Acad. 1736. S.
486. nämlich zu 38 Graden unter-
halb den Gefrierungspunkte.
(y) 8 B. 3. Abschn. 5. N. maty
Journ. Brit. Aug.
1750.
(z) HALES haemast. S. 97.
Das Atemholen. VIII. Buch.

Weiter ſagen ſie, daß das Blut ſchon blos von der
Beruͤhrung der Luft, nicht nur roͤther, ſondern auch dich-
ter werde (q), aber auch bei der Dichtheit eine groͤſſere
Fluͤßigkeit erlange (r).

Es ſey dieſe Verdichtung uͤberhaupt von der aͤuſſerſten
Wichtigkeit, da das Blut in allen Blutadern des Koͤr-
pers verduͤnnt ſey (s), und durch die Blutadern der Lun-
ge nicht anders durchgehen koͤnne, als wenn es in der
Lunge ſeine gehoͤrige Verdichtung bekaͤme (t).

Die Kaͤlte laͤſſet ſich ohnehin von der Dichtheit ſchwer-
lich trennen. Denn wenn man die Verduͤnnung der im
Eiſe losgemachten Luft bei Seite ſezzt, ſo wird in der
ganzen Natur alles von der Kaͤlte verdichtet, und von
der Waͤrme verduͤnnt. Daß aber das Blut in der Lun-
ge abgekuͤhlt werde, ſcheint gewis zu ſeyn, weil ein (u)
gegen 96 Grade warmes Blut, von einer ſehr groſſen
Oberflaͤche, an die Luft geſtellt wird, da die Luft im Schat-
ten in den Europaeiſchen Laͤndern nicht leicht, uͤber den
76 Grad warm wird, noch oͤfter hingegen, und hin und
wieder unglaublich viel kaͤlter, und gegen 80 (x), und
120 Grade, unter dem erſten Gefrierungspunkte iſt (y).

Zwiſchen dieſem warmen Blute, und der kalten Luft,
befindet ſich ein ungemein zartes Haͤutchen (z), welches,
nach den Rechnungen eines beruͤhmten Mannes, nicht
dikker, als der tauſende Theil eines Zolles iſt.

Folglich gehet aus dem Blute ſo viel Waͤrme in die
Luft uͤber, daß die Luft, welche kurz darauf aus der

Luft-
(q) [Spaltenumbruch] HELVET. S. 233. u. f.
(r) Eclairciſſ. S. 50.
(s) HELVET S. 240. 241. u. f.
hamberg S. 110.
(t) 8 B. 4. A 11 N.
(u) Es verhaͤlt ſich die Abkuͤhlung
des Blutes, wie die ſich beruͤhrende
Oberflaͤchen, robinſon prop.
22. Die Oberflaͤche wird 20000 Zolle
[Spaltenumbruch] geſchaͤzzt.
(x) Daß ſich bis zu dieſem Grade
die ſtaͤrkſte Kaͤlte bringen laſſe,
reavm. Mem. de l’Acad. 1736. S.
486. naͤmlich zu 38 Graden unter-
halb den Gefrierungspunkte.
(y) 8 B. 3. Abſchn. 5. N. maty
Journ. Brit. Aug.
1750.
(z) HALES haemaſt. S. 97.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0544" n="536[538]"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Atemholen. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
            <p>Weiter &#x017F;agen &#x017F;ie, daß das Blut &#x017F;chon blos von der<lb/>
Beru&#x0364;hrung der Luft, nicht nur ro&#x0364;ther, &#x017F;ondern auch dich-<lb/>
ter werde <note place="foot" n="(q)"><cb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HELVET.</hi></hi> S. 233. u. f.</note>, aber auch bei der Dichtheit eine gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Flu&#x0364;ßigkeit erlange <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq">Eclairci&#x017F;&#x017F;.</hi> S. 50.</note>.</p><lb/>
            <p>Es &#x017F;ey die&#x017F;e Verdichtung u&#x0364;berhaupt von der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten<lb/>
Wichtigkeit, da das Blut in allen Blutadern des Ko&#x0364;r-<lb/>
pers verdu&#x0364;nnt &#x017F;ey <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HELVET</hi></hi> S. 240. 241. u. f.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">hamberg</hi></hi></hi> S. 110.</note>, und durch die Blutadern der Lun-<lb/>
ge nicht anders durchgehen ko&#x0364;nne, als wenn es in der<lb/>
Lunge &#x017F;eine geho&#x0364;rige Verdichtung beka&#x0364;me <note place="foot" n="(t)">8 B. 4. A 11 N.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Ka&#x0364;lte la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich ohnehin von der Dichtheit &#x017F;chwer-<lb/>
lich trennen. Denn wenn man die Verdu&#x0364;nnung der im<lb/>
Ei&#x017F;e losgemachten Luft bei Seite &#x017F;ezzt, &#x017F;o wird in der<lb/>
ganzen Natur alles von der Ka&#x0364;lte verdichtet, und von<lb/>
der Wa&#x0364;rme verdu&#x0364;nnt. Daß aber das Blut in der Lun-<lb/>
ge abgeku&#x0364;hlt werde, &#x017F;cheint gewis zu &#x017F;eyn, weil ein <note place="foot" n="(u)">Es verha&#x0364;lt &#x017F;ich die Abku&#x0364;hlung<lb/>
des Blutes, wie die &#x017F;ich beru&#x0364;hrende<lb/>
Oberfla&#x0364;chen, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">robin&#x017F;on</hi></hi> prop.</hi><lb/>
22. Die Oberfla&#x0364;che wird 20000 Zolle<lb/><cb/>
ge&#x017F;cha&#x0364;zzt.</note><lb/>
gegen 96 Grade warmes Blut, von einer &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Oberfla&#x0364;che, an die Luft ge&#x017F;tellt wird, da die Luft im Schat-<lb/>
ten in den Europaei&#x017F;chen La&#x0364;ndern nicht leicht, u&#x0364;ber den<lb/>
76 Grad warm wird, noch o&#x0364;fter hingegen, und hin und<lb/>
wieder unglaublich viel ka&#x0364;lter, und gegen 80 <note place="foot" n="(x)">Daß &#x017F;ich bis zu die&#x017F;em Grade<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;te Ka&#x0364;lte bringen la&#x017F;&#x017F;e,<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">reavm.</hi></hi> Mem. de l&#x2019;Acad.</hi> 1736. S.<lb/>
486. na&#x0364;mlich zu 38 Graden unter-<lb/>
halb den Gefrierungspunkte.</note>, und<lb/>
120 Grade, unter dem er&#x017F;ten Gefrierungspunkte i&#x017F;t <note place="foot" n="(y)">8 B. 3. Ab&#x017F;chn. 5. N. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">maty</hi></hi><lb/>
Journ. Brit. Aug.</hi> 1750.</note>.</p><lb/>
            <p>Zwi&#x017F;chen die&#x017F;em warmen Blute, und der kalten Luft,<lb/>
befindet &#x017F;ich ein ungemein zartes Ha&#x0364;utchen <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HALES</hi> haema&#x017F;t.</hi> S. 97.</note>, welches,<lb/>
nach den Rechnungen eines beru&#x0364;hmten Mannes, nicht<lb/>
dikker, als der tau&#x017F;ende Theil eines Zolles i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Folglich gehet aus dem Blute &#x017F;o viel Wa&#x0364;rme in die<lb/>
Luft u&#x0364;ber, daß die Luft, welche kurz darauf aus der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Luft-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[536[538]/0544] Das Atemholen. VIII. Buch. Weiter ſagen ſie, daß das Blut ſchon blos von der Beruͤhrung der Luft, nicht nur roͤther, ſondern auch dich- ter werde (q), aber auch bei der Dichtheit eine groͤſſere Fluͤßigkeit erlange (r). Es ſey dieſe Verdichtung uͤberhaupt von der aͤuſſerſten Wichtigkeit, da das Blut in allen Blutadern des Koͤr- pers verduͤnnt ſey (s), und durch die Blutadern der Lun- ge nicht anders durchgehen koͤnne, als wenn es in der Lunge ſeine gehoͤrige Verdichtung bekaͤme (t). Die Kaͤlte laͤſſet ſich ohnehin von der Dichtheit ſchwer- lich trennen. Denn wenn man die Verduͤnnung der im Eiſe losgemachten Luft bei Seite ſezzt, ſo wird in der ganzen Natur alles von der Kaͤlte verdichtet, und von der Waͤrme verduͤnnt. Daß aber das Blut in der Lun- ge abgekuͤhlt werde, ſcheint gewis zu ſeyn, weil ein (u) gegen 96 Grade warmes Blut, von einer ſehr groſſen Oberflaͤche, an die Luft geſtellt wird, da die Luft im Schat- ten in den Europaeiſchen Laͤndern nicht leicht, uͤber den 76 Grad warm wird, noch oͤfter hingegen, und hin und wieder unglaublich viel kaͤlter, und gegen 80 (x), und 120 Grade, unter dem erſten Gefrierungspunkte iſt (y). Zwiſchen dieſem warmen Blute, und der kalten Luft, befindet ſich ein ungemein zartes Haͤutchen (z), welches, nach den Rechnungen eines beruͤhmten Mannes, nicht dikker, als der tauſende Theil eines Zolles iſt. Folglich gehet aus dem Blute ſo viel Waͤrme in die Luft uͤber, daß die Luft, welche kurz darauf aus der Luft- (q) HELVET. S. 233. u. f. (r) Eclairciſſ. S. 50. (s) HELVET S. 240. 241. u. f. hamberg S. 110. (t) 8 B. 4. A 11 N. (u) Es verhaͤlt ſich die Abkuͤhlung des Blutes, wie die ſich beruͤhrende Oberflaͤchen, robinſon prop. 22. Die Oberflaͤche wird 20000 Zolle geſchaͤzzt. (x) Daß ſich bis zu dieſem Grade die ſtaͤrkſte Kaͤlte bringen laſſe, reavm. Mem. de l’Acad. 1736. S. 486. naͤmlich zu 38 Graden unter- halb den Gefrierungspunkte. (y) 8 B. 3. Abſchn. 5. N. maty Journ. Brit. Aug. 1750. (z) HALES haemaſt. S. 97.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/544
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 536[538]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/544>, abgerufen am 16.07.2024.