fässes, war Luft, welche mit der Atmosphäre, mittelst eines eignen Loches, Gemeinschaft hatte. Es bewegte der berühmte Mann hierauf das bewegliche Zwerchfell, und da sich also durch das Hin- und Herziehen, und Erwei- tern die zwischen der Blase und den Wänden der Kapsel befindliche Luft in einen grössern Raum ausdehnte, so schwoll die Lunge, wegen des geminderten Drukkes auf: es verengerte sich hingegen die Luft, und sie gieng aus der Röhre, wenn die Luft der künstlichen Brust wieder von dem nachgelassenen Zwerchfelle zusammen gedrükkt ward (n).
Achtens. Doch es kommen meine Gegner in de- nen Versuchen, die ich nunmehr erzähle, der Sache selbst nä- her. Sie sagen nämlich, wenn man die Zwischenribben- muskeln wegnehme, und die Ribbenhaut entblösse, so könne man sehen, daß die Lunge von dieser Membran nicht aller Orten berührt werde (o), und daß allerdings ein Raum, der ohne Zweifel luftleer sei, zwischen beiden Statt finde. Mit einerlei Erfolge, hat diesen Versuch auch der vortrefliche Morgagni(p) an einem lebendi- gen Thiere angestellt. Und ein andrer Schriftsteller (q) sagt, wenn man die Brust eröfne, so berühre die aufge- blasene Lunge nie die Ribbenhaut.
Neuntens. Da der vortrefliche J. Nathanael Cieberkühn einen Hauptversuch vortrug, der den ganzen Streit hätte entscheiden können, wie er glaubte, so ha- ben auch die Herren von der Gegenmeinung, diesen Ver- such für sich angezogen. Man bringe nämlich ein gan- zes Thier unter Wasser; hernach eröfne man die Ribben- haut an dem untergedauchten Thiere; wenn nun zwischen
der
(n)[Spaltenumbruch]
S. 11. 12.
(o)HAMBERG. angef Ort. n. 10. und von der Frucht physio- log. S. 748. Der der. de bee- [Spaltenumbruch]
mond. S. 470.
(p)Advers. V. S. 46.
(q)REICHNAV. de pulm, structura. n. 5.
Das Atemholen. VIII. Buch.
faͤſſes, war Luft, welche mit der Atmoſphaͤre, mittelſt eines eignen Loches, Gemeinſchaft hatte. Es bewegte der beruͤhmte Mann hierauf das bewegliche Zwerchfell, und da ſich alſo durch das Hin- und Herziehen, und Erwei- tern die zwiſchen der Blaſe und den Waͤnden der Kapſel befindliche Luft in einen groͤſſern Raum ausdehnte, ſo ſchwoll die Lunge, wegen des geminderten Drukkes auf: es verengerte ſich hingegen die Luft, und ſie gieng aus der Roͤhre, wenn die Luft der kuͤnſtlichen Bruſt wieder von dem nachgelaſſenen Zwerchfelle zuſammen gedruͤkkt ward (n).
Achtens. Doch es kommen meine Gegner in de- nen Verſuchen, die ich nunmehr erzaͤhle, der Sache ſelbſt naͤ- her. Sie ſagen naͤmlich, wenn man die Zwiſchenribben- muskeln wegnehme, und die Ribbenhaut entbloͤſſe, ſo koͤnne man ſehen, daß die Lunge von dieſer Membran nicht aller Orten beruͤhrt werde (o), und daß allerdings ein Raum, der ohne Zweifel luftleer ſei, zwiſchen beiden Statt finde. Mit einerlei Erfolge, hat dieſen Verſuch auch der vortrefliche Morgagni(p) an einem lebendi- gen Thiere angeſtellt. Und ein andrer Schriftſteller (q) ſagt, wenn man die Bruſt eroͤfne, ſo beruͤhre die aufge- blaſene Lunge nie die Ribbenhaut.
Neuntens. Da der vortrefliche J. Nathanael Cieberkuͤhn einen Hauptverſuch vortrug, der den ganzen Streit haͤtte entſcheiden koͤnnen, wie er glaubte, ſo ha- ben auch die Herren von der Gegenmeinung, dieſen Ver- ſuch fuͤr ſich angezogen. Man bringe naͤmlich ein gan- zes Thier unter Waſſer; hernach eroͤfne man die Ribben- haut an dem untergedauchten Thiere; wenn nun zwiſchen
der
(n)[Spaltenumbruch]
S. 11. 12.
(o)HAMBERG. angef Ort. n. 10. und von der Frucht phyſio- log. S. 748. Der der. de bee- [Spaltenumbruch]
mond. S. 470.
(p)Adverſ. V. S. 46.
(q)REICHNAV. de pulm, ſtructura. n. 5.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0208"n="202"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Atemholen. <hirendition="#aq">VIII.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
faͤſſes, war Luft, welche mit der Atmoſphaͤre, mittelſt<lb/>
eines eignen Loches, Gemeinſchaft hatte. Es bewegte<lb/>
der beruͤhmte Mann hierauf das bewegliche Zwerchfell,<lb/>
und da ſich alſo durch das Hin- und Herziehen, und Erwei-<lb/>
tern die zwiſchen der Blaſe und den Waͤnden der Kapſel<lb/>
befindliche Luft in einen groͤſſern Raum ausdehnte, ſo<lb/>ſchwoll die Lunge, wegen des geminderten Drukkes auf:<lb/>
es verengerte ſich hingegen die Luft, und ſie gieng aus der<lb/>
Roͤhre, wenn die Luft der kuͤnſtlichen Bruſt wieder von<lb/>
dem nachgelaſſenen Zwerchfelle zuſammen gedruͤkkt<lb/>
ward <noteplace="foot"n="(n)"><cb/>
S. 11. 12.</note>.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Achtens.</hi> Doch es kommen meine Gegner in de-<lb/>
nen Verſuchen, die ich nunmehr erzaͤhle, der Sache ſelbſt naͤ-<lb/>
her. Sie ſagen naͤmlich, wenn man die Zwiſchenribben-<lb/>
muskeln wegnehme, und die Ribbenhaut entbloͤſſe, ſo<lb/>
koͤnne man ſehen, daß die Lunge von dieſer Membran<lb/>
nicht aller Orten beruͤhrt werde <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">HAMBERG.</hi></hi> angef Ort.<lb/><hirendition="#aq">n.</hi> 10. und von der Frucht <hirendition="#aq">phyſio-<lb/>
log.</hi> S. 748. Der der. <hirendition="#aq"><hirendition="#g"><hirendition="#k">de bee-<lb/><cb/>
mond.</hi></hi></hi> S. 470.</note>, und daß allerdings<lb/>
ein Raum, der ohne Zweifel luftleer ſei, zwiſchen beiden<lb/>
Statt finde. Mit einerlei Erfolge, hat dieſen Verſuch<lb/>
auch der vortrefliche <hirendition="#fr">Morgagni</hi><noteplace="foot"n="(p)"><hirendition="#aq">Adverſ. V.</hi> S. 46.</note> an einem lebendi-<lb/>
gen Thiere angeſtellt. Und ein andrer Schriftſteller <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">REICHNAV.</hi> de pulm,<lb/>ſtructura. n.</hi> 5.</note><lb/>ſagt, wenn man die Bruſt eroͤfne, ſo beruͤhre die aufge-<lb/>
blaſene Lunge nie die Ribbenhaut.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Neuntens.</hi> Da der vortrefliche <hirendition="#fr">J. Nathanael<lb/>
Cieberkuͤhn</hi> einen Hauptverſuch vortrug, der den ganzen<lb/>
Streit haͤtte entſcheiden koͤnnen, wie er glaubte, ſo ha-<lb/>
ben auch die Herren von der Gegenmeinung, dieſen Ver-<lb/>ſuch fuͤr ſich angezogen. Man bringe naͤmlich ein gan-<lb/>
zes Thier unter Waſſer; hernach eroͤfne man die Ribben-<lb/>
haut an dem untergedauchten Thiere; wenn nun zwiſchen<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[202/0208]
Das Atemholen. VIII. Buch.
faͤſſes, war Luft, welche mit der Atmoſphaͤre, mittelſt
eines eignen Loches, Gemeinſchaft hatte. Es bewegte
der beruͤhmte Mann hierauf das bewegliche Zwerchfell,
und da ſich alſo durch das Hin- und Herziehen, und Erwei-
tern die zwiſchen der Blaſe und den Waͤnden der Kapſel
befindliche Luft in einen groͤſſern Raum ausdehnte, ſo
ſchwoll die Lunge, wegen des geminderten Drukkes auf:
es verengerte ſich hingegen die Luft, und ſie gieng aus der
Roͤhre, wenn die Luft der kuͤnſtlichen Bruſt wieder von
dem nachgelaſſenen Zwerchfelle zuſammen gedruͤkkt
ward (n).
Achtens. Doch es kommen meine Gegner in de-
nen Verſuchen, die ich nunmehr erzaͤhle, der Sache ſelbſt naͤ-
her. Sie ſagen naͤmlich, wenn man die Zwiſchenribben-
muskeln wegnehme, und die Ribbenhaut entbloͤſſe, ſo
koͤnne man ſehen, daß die Lunge von dieſer Membran
nicht aller Orten beruͤhrt werde (o), und daß allerdings
ein Raum, der ohne Zweifel luftleer ſei, zwiſchen beiden
Statt finde. Mit einerlei Erfolge, hat dieſen Verſuch
auch der vortrefliche Morgagni (p) an einem lebendi-
gen Thiere angeſtellt. Und ein andrer Schriftſteller (q)
ſagt, wenn man die Bruſt eroͤfne, ſo beruͤhre die aufge-
blaſene Lunge nie die Ribbenhaut.
Neuntens. Da der vortrefliche J. Nathanael
Cieberkuͤhn einen Hauptverſuch vortrug, der den ganzen
Streit haͤtte entſcheiden koͤnnen, wie er glaubte, ſo ha-
ben auch die Herren von der Gegenmeinung, dieſen Ver-
ſuch fuͤr ſich angezogen. Man bringe naͤmlich ein gan-
zes Thier unter Waſſer; hernach eroͤfne man die Ribben-
haut an dem untergedauchten Thiere; wenn nun zwiſchen
der
(n)
S. 11. 12.
(o) HAMBERG. angef Ort.
n. 10. und von der Frucht phyſio-
log. S. 748. Der der. de bee-
mond. S. 470.
(p) Adverſ. V. S. 46.
(q) REICHNAV. de pulm,
ſtructura. n. 5.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/208>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.