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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766.

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Das Atemholen. VIII. Buch.
§. 47.
Die Absichten der Natur bei dem Baue einer
solchen Blutader.

Es erhellet aus dem ersten Augenscheine, daß Ve-
sal
(d) vorlängst Grund gehabt, anzumerken, wie es
nothwendig gewesen, daß die Natur denen untern Blut-
adern zwischen den Ribben, einen einzigen Stamm geben
müssen, der sich für so zahlreiche Pulsadern schikken könnte.
Er streichet nämlich die Aorte, mit guter Anordnung,
welche in allen Absichten gut ist, neben allen Anfängen
der Ribben, einige wenige obern ausgenommen, vorbei,
dahingegen konnten keine Blutadern in demjenigen gan-
zen Plazze angelegt werden, welcher zwischen dem Zusam-
menhange der Holader mit dem Herzbeutel, und zwischen
dem Zwerchfelle statt findet.

Da ferner alle Blutadern unter sich sehr oft einen
wechselweisen Zusammenhang haben, so hat hingegen die
ungepaarte Blutader mit der untern Holader, und deren
Aesten, Anastomosirungen von einer ungewöhnlichen Grös-
se, von deren sonderbaren Nuzzen man bereits seine Ge-
danken geäussert. Jch übergehe die Alten, welche ge-
schrieben, daß im Seitenstechen die eitrige Materie auf
eben diesem Wege (e) in die Nieren, und folglich in den
Harn abfliesse. Denn obwohl durch die ungepaarte Ader
allerdings, auch wenn sie bisweilen ihre Klappen hat, ohne
Unterscheid Wachs (f), Luft und Blut, entweder hinauf,
oder hinunterwerts gebracht werden kann, so ist es doch
keine Wahrscheinlichkeit, daß etwas eben in der Niere ab-
gesondert werden sollte. Jch werde an einem andern
Orte, von der abwechselnden Bewegung reden, welche ei-

nige
(d) [Spaltenumbruch] Lib. 3. c. 7. S. 460.
(e) EVSTACH. de renibus.
S. 132. 137. nicolavs Novoco-
[Spaltenumbruch] mensis.
angef. Ort.
(f) FALLOPIVS de venis
kieseweter.
angef. Ort.
Das Atemholen. VIII. Buch.
§. 47.
Die Abſichten der Natur bei dem Baue einer
ſolchen Blutader.

Es erhellet aus dem erſten Augenſcheine, daß Ve-
ſal
(d) vorlaͤngſt Grund gehabt, anzumerken, wie es
nothwendig geweſen, daß die Natur denen untern Blut-
adern zwiſchen den Ribben, einen einzigen Stamm geben
muͤſſen, der ſich fuͤr ſo zahlreiche Pulsadern ſchikken koͤnnte.
Er ſtreichet naͤmlich die Aorte, mit guter Anordnung,
welche in allen Abſichten gut iſt, neben allen Anfaͤngen
der Ribben, einige wenige obern ausgenommen, vorbei,
dahingegen konnten keine Blutadern in demjenigen gan-
zen Plazze angelegt werden, welcher zwiſchen dem Zuſam-
menhange der Holader mit dem Herzbeutel, und zwiſchen
dem Zwerchfelle ſtatt findet.

Da ferner alle Blutadern unter ſich ſehr oft einen
wechſelweiſen Zuſammenhang haben, ſo hat hingegen die
ungepaarte Blutader mit der untern Holader, und deren
Aeſten, Anaſtomoſirungen von einer ungewoͤhnlichen Groͤſ-
ſe, von deren ſonderbaren Nuzzen man bereits ſeine Ge-
danken geaͤuſſert. Jch uͤbergehe die Alten, welche ge-
ſchrieben, daß im Seitenſtechen die eitrige Materie auf
eben dieſem Wege (e) in die Nieren, und folglich in den
Harn abflieſſe. Denn obwohl durch die ungepaarte Ader
allerdings, auch wenn ſie bisweilen ihre Klappen hat, ohne
Unterſcheid Wachs (f), Luft und Blut, entweder hinauf,
oder hinunterwerts gebracht werden kann, ſo iſt es doch
keine Wahrſcheinlichkeit, daß etwas eben in der Niere ab-
geſondert werden ſollte. Jch werde an einem andern
Orte, von der abwechſelnden Bewegung reden, welche ei-

nige
(d) [Spaltenumbruch] Lib. 3. c. 7. S. 460.
(e) EVSTACH. de renibus.
S. 132. 137. nicolavſ Novoco-
[Spaltenumbruch] menſis.
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[178/0184] Das Atemholen. VIII. Buch. §. 47. Die Abſichten der Natur bei dem Baue einer ſolchen Blutader. Es erhellet aus dem erſten Augenſcheine, daß Ve- ſal (d) vorlaͤngſt Grund gehabt, anzumerken, wie es nothwendig geweſen, daß die Natur denen untern Blut- adern zwiſchen den Ribben, einen einzigen Stamm geben muͤſſen, der ſich fuͤr ſo zahlreiche Pulsadern ſchikken koͤnnte. Er ſtreichet naͤmlich die Aorte, mit guter Anordnung, welche in allen Abſichten gut iſt, neben allen Anfaͤngen der Ribben, einige wenige obern ausgenommen, vorbei, dahingegen konnten keine Blutadern in demjenigen gan- zen Plazze angelegt werden, welcher zwiſchen dem Zuſam- menhange der Holader mit dem Herzbeutel, und zwiſchen dem Zwerchfelle ſtatt findet. Da ferner alle Blutadern unter ſich ſehr oft einen wechſelweiſen Zuſammenhang haben, ſo hat hingegen die ungepaarte Blutader mit der untern Holader, und deren Aeſten, Anaſtomoſirungen von einer ungewoͤhnlichen Groͤſ- ſe, von deren ſonderbaren Nuzzen man bereits ſeine Ge- danken geaͤuſſert. Jch uͤbergehe die Alten, welche ge- ſchrieben, daß im Seitenſtechen die eitrige Materie auf eben dieſem Wege (e) in die Nieren, und folglich in den Harn abflieſſe. Denn obwohl durch die ungepaarte Ader allerdings, auch wenn ſie bisweilen ihre Klappen hat, ohne Unterſcheid Wachs (f), Luft und Blut, entweder hinauf, oder hinunterwerts gebracht werden kann, ſo iſt es doch keine Wahrſcheinlichkeit, daß etwas eben in der Niere ab- geſondert werden ſollte. Jch werde an einem andern Orte, von der abwechſelnden Bewegung reden, welche ei- nige (d) Lib. 3. c. 7. S. 460. (e) EVSTACH. de renibus. S. 132. 137. nicolavſ Novoco- menſis. angef. Ort. (f) FALLOPIVS de venis kieſeweter. angef. Ort.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/184>, abgerufen am 17.05.2024.