Es hat mich theils meine Lebensart, theils meine schlechte Begierde gehindert, daß ich nicht das Erstere verbessern können. Da grosse Männer ihre Analisirungen mit der grösten Sorgfalt angestellet, und über die Untersu- chungen des Blutes grosse Bände geschrie- ben haben; so konnte man von mir keine Ver- besserungen erwarten.
Dinge, die niemand mit Augen gesehen, und welche ihren Grund in den Begriffen der forschenden Seele haben, habe ich gesucht, so begreiflich, als möglich, vorzutragen, und ich mache niemanden zu einer grössern Ge- wisheit Hoffnung. Dahingegen wende ich mich mit Vergnügen zur Erklärung des Atem- holens, indem dieses nicht nur von dem Lichte der Zergliederungskunst erhellet wird, son- dern auch durch die Zerlegung lebendiger Thiere, und durch mehr als zu bekannte Ver-
suche,
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Vorrede.
Es hat mich theils meine Lebensart, theils meine ſchlechte Begierde gehindert, daß ich nicht das Erſtere verbeſſern koͤnnen. Da groſſe Maͤnner ihre Analiſirungen mit der groͤſten Sorgfalt angeſtellet, und uͤber die Unterſu- chungen des Blutes groſſe Baͤnde geſchrie- ben haben; ſo konnte man von mir keine Ver- beſſerungen erwarten.
Dinge, die niemand mit Augen geſehen, und welche ihren Grund in den Begriffen der forſchenden Seele haben, habe ich geſucht, ſo begreiflich, als moͤglich, vorzutragen, und ich mache niemanden zu einer groͤſſern Ge- wisheit Hoffnung. Dahingegen wende ich mich mit Vergnuͤgen zur Erklaͤrung des Atem- holens, indem dieſes nicht nur von dem Lichte der Zergliederungskunſt erhellet wird, ſon- dern auch durch die Zerlegung lebendiger Thiere, und durch mehr als zu bekannte Ver-
ſuche,
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[0009]
Vorrede.
Es hat mich theils meine Lebensart, theils
meine ſchlechte Begierde gehindert, daß ich
nicht das Erſtere verbeſſern koͤnnen. Da groſſe
Maͤnner ihre Analiſirungen mit der groͤſten
Sorgfalt angeſtellet, und uͤber die Unterſu-
chungen des Blutes groſſe Baͤnde geſchrie-
ben haben; ſo konnte man von mir keine Ver-
beſſerungen erwarten.
Dinge, die niemand mit Augen geſehen,
und welche ihren Grund in den Begriffen der
forſchenden Seele haben, habe ich geſucht,
ſo begreiflich, als moͤglich, vorzutragen, und
ich mache niemanden zu einer groͤſſern Ge-
wisheit Hoffnung. Dahingegen wende ich
mich mit Vergnuͤgen zur Erklaͤrung des Atem-
holens, indem dieſes nicht nur von dem Lichte
der Zergliederungskunſt erhellet wird, ſon-
dern auch durch die Zerlegung lebendiger
Thiere, und durch mehr als zu bekannte Ver-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/9>, abgerufen am 22.11.2024.
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