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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
mit Blei versezztes schweres Zinn an ein reineres Zinn,
ein Mengsel aus Gold und Silber an Silber, und Gold
an den Vitriolgeist. Man weis es ferner aus dem
Erempel von Metallen, daß schwere Säfte feste Kör-
per von geringerer Schwere auflösen, so wie eben die-
ses Vitriolöl die thierische Theile zernaget (p), und daß
in allen diesen Auflösungen keine von den Hamberger-
schen Regeln statt findet. Es machet nämlich der
schwerere Salpetergeist das leichtere Silber flüßig, und
es löset das leichtere Königswasser das schwerere Gold
auf (q). Es lässet sich also mit keinem Scheine der
Warheit behaupten, daß sich nicht flüßige Körper an
einem leichteren festen Körper anhängen sollten, und so
ist es auch wieder alle Versuche, daß sich flüßige Dinge
an feste desto hartnäkkiger anhängen sollten, je schwerer
diese feste Körper wären: und es trägt endlich die änli-
che Schwere in flüßigen und festen Dingen, nicht das
mindeste zu einem leichteren oder mühsamern Zusammen-
hängen bei.

Wenn es nun war ist, daß diese Grundsäzze, wor-
auf der Verteidiger derselben, welches ein Mann von
größrer Hizze, als Gelassenheit war, seine ganze Hipo-
tese erbaut hatte, unrichtig sind, so hätten wir auch die
Freiheit, eine so weitleuftige Streitigkeit in die Kürze
zu fassen. Allein wir wollen seinem Ansehn auch nicht
einmal das Recht entziehen, die Sache stükkweise durch-
zugehen.

Es ist gar nicht der rechte Weg, die eigentümliche
Schwere der Eingeweide auf die Art zu bestimmen, wie
sie der berümte Mann zu bestimmen gesucht hat. Es
nimmt derselbe nämlich sehr was unzuverläßiges an,
wenn er haben will, daß sich die ware Schwere der

rükk-
(p) [Spaltenumbruch] Respons. ad sauvages Phy-
siolog.
S. 189.
(q) Der berümte Hundert-
[Spaltenumbruch] mark
de vera mereurii virtute.
S. 13.
D d d 2

der Verſchiedenheit der Saͤfte.
mit Blei verſezztes ſchweres Zinn an ein reineres Zinn,
ein Mengſel aus Gold und Silber an Silber, und Gold
an den Vitriolgeiſt. Man weis es ferner aus dem
Erempel von Metallen, daß ſchwere Saͤfte feſte Koͤr-
per von geringerer Schwere aufloͤſen, ſo wie eben die-
ſes Vitrioloͤl die thieriſche Theile zernaget (p), und daß
in allen dieſen Aufloͤſungen keine von den Hamberger-
ſchen Regeln ſtatt findet. Es machet naͤmlich der
ſchwerere Salpetergeiſt das leichtere Silber fluͤßig, und
es loͤſet das leichtere Koͤnigswaſſer das ſchwerere Gold
auf (q). Es laͤſſet ſich alſo mit keinem Scheine der
Warheit behaupten, daß ſich nicht fluͤßige Koͤrper an
einem leichteren feſten Koͤrper anhaͤngen ſollten, und ſo
iſt es auch wieder alle Verſuche, daß ſich fluͤßige Dinge
an feſte deſto hartnaͤkkiger anhaͤngen ſollten, je ſchwerer
dieſe feſte Koͤrper waͤren: und es traͤgt endlich die aͤnli-
che Schwere in fluͤßigen und feſten Dingen, nicht das
mindeſte zu einem leichteren oder muͤhſamern Zuſammen-
haͤngen bei.

Wenn es nun war iſt, daß dieſe Grundſaͤzze, wor-
auf der Verteidiger derſelben, welches ein Mann von
groͤßrer Hizze, als Gelaſſenheit war, ſeine ganze Hipo-
teſe erbaut hatte, unrichtig ſind, ſo haͤtten wir auch die
Freiheit, eine ſo weitleuftige Streitigkeit in die Kuͤrze
zu faſſen. Allein wir wollen ſeinem Anſehn auch nicht
einmal das Recht entziehen, die Sache ſtuͤkkweiſe durch-
zugehen.

Es iſt gar nicht der rechte Weg, die eigentuͤmliche
Schwere der Eingeweide auf die Art zu beſtimmen, wie
ſie der beruͤmte Mann zu beſtimmen geſucht hat. Es
nimmt derſelbe naͤmlich ſehr was unzuverlaͤßiges an,
wenn er haben will, daß ſich die ware Schwere der

ruͤkk-
(p) [Spaltenumbruch] Reſponſ. ad ſauvageſ Phy-
ſiolog.
S. 189.
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[Spaltenumbruch] mark
de vera mereurii virtute.
S. 13.
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[787/0807] der Verſchiedenheit der Saͤfte. mit Blei verſezztes ſchweres Zinn an ein reineres Zinn, ein Mengſel aus Gold und Silber an Silber, und Gold an den Vitriolgeiſt. Man weis es ferner aus dem Erempel von Metallen, daß ſchwere Saͤfte feſte Koͤr- per von geringerer Schwere aufloͤſen, ſo wie eben die- ſes Vitrioloͤl die thieriſche Theile zernaget (p), und daß in allen dieſen Aufloͤſungen keine von den Hamberger- ſchen Regeln ſtatt findet. Es machet naͤmlich der ſchwerere Salpetergeiſt das leichtere Silber fluͤßig, und es loͤſet das leichtere Koͤnigswaſſer das ſchwerere Gold auf (q). Es laͤſſet ſich alſo mit keinem Scheine der Warheit behaupten, daß ſich nicht fluͤßige Koͤrper an einem leichteren feſten Koͤrper anhaͤngen ſollten, und ſo iſt es auch wieder alle Verſuche, daß ſich fluͤßige Dinge an feſte deſto hartnaͤkkiger anhaͤngen ſollten, je ſchwerer dieſe feſte Koͤrper waͤren: und es traͤgt endlich die aͤnli- che Schwere in fluͤßigen und feſten Dingen, nicht das mindeſte zu einem leichteren oder muͤhſamern Zuſammen- haͤngen bei. Wenn es nun war iſt, daß dieſe Grundſaͤzze, wor- auf der Verteidiger derſelben, welches ein Mann von groͤßrer Hizze, als Gelaſſenheit war, ſeine ganze Hipo- teſe erbaut hatte, unrichtig ſind, ſo haͤtten wir auch die Freiheit, eine ſo weitleuftige Streitigkeit in die Kuͤrze zu faſſen. Allein wir wollen ſeinem Anſehn auch nicht einmal das Recht entziehen, die Sache ſtuͤkkweiſe durch- zugehen. Es iſt gar nicht der rechte Weg, die eigentuͤmliche Schwere der Eingeweide auf die Art zu beſtimmen, wie ſie der beruͤmte Mann zu beſtimmen geſucht hat. Es nimmt derſelbe naͤmlich ſehr was unzuverlaͤßiges an, wenn er haben will, daß ſich die ware Schwere der ruͤkk- (p) Reſponſ. ad ſauvageſ Phy- ſiolog. S. 189. (q) Der beruͤmte Hundert- mark de vera mereurii virtute. S. 13. D d d 2

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 787. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/807>, abgerufen am 22.11.2024.