nämlich gezeiget (m), daß das Blut auch von der Ge- walt eines Fiebers allein, oder von einer gewaltsamen Leibesbewegung, wenn auch keine Organa verlezzt sind, durch die Ausfürungsgänge des Harns, Schweisses, des Nasenschleims, durch die Lungenbläschen, mit dem Herz- beutelwasser (n), unter dem Damfe der Gedärme, und durch andre Wasserkanäle mit hindurchdringet, und zum Vorscheine kömmt. Es hat hiermit eben die Be- schaffenheit, als wenn sich eine Bleikugel in eine enge Röhre hineinbequemt, sobald man sie mit Gewalt, mit- telst eines Stökkchen hineinstösset, da sie ohne diese Ge- walt in die Röhre niemals eindringen würde.
Das Blut ist nicht das einzige, welches sich in zarte Gefässe hineinbegibt, denn es öfnet sich auch der dikke, und ölige Schweis den Weg in die Gefässe der Aus- dünstung: mit dem Harne vermischt sich ein dikkes Oel, und in Schwindsüchtigen lauter Fett, und so wälet sich die von ihren Wegen verirrte Milch allerhand fremde und viel zärtere Gänge.
Es sind hierinnen einige scharfsinnige Männer noch in etwas weiter gegangen. Sie haben nämlich die Weise gefunden, wie es geschehen könnte, daß blos von den verschiednen Klassen der Absonderungsgänge reine und mit keinen fremden Theilchen einer andern Ordnung vermischte Säfte, von dem Blute abgesondert würden. Fände also die Absicht statt, daß ein vollkommen dikker Saft, z. E. Galle abgesondert werden soll, so würde es gut seyn, daß aus einer, zum Gallabsondern bestimm- ten Schlagader, nach der Ordnung, Aeste von kleinerem Durchmesser, als die Stoffe der Galle sind, herausge- leitet werden; man sezze, es gebe von diesen Aesten eine ziemliche Anzal und lange Reihen, so werden aus dieser Schlagader alle diejenigen Theilchen ausgefürt werden,
wel-
(m)[Spaltenumbruch]
1. Buch.
(n)[Spaltenumbruch]santorini Storia d' un fete. S. 51.
der Verſchiedenheit der Saͤfte.
naͤmlich gezeiget (m), daß das Blut auch von der Ge- walt eines Fiebers allein, oder von einer gewaltſamen Leibesbewegung, wenn auch keine Organa verlezzt ſind, durch die Ausfuͤrungsgaͤnge des Harns, Schweiſſes, des Naſenſchleims, durch die Lungenblaͤschen, mit dem Herz- beutelwaſſer (n), unter dem Damfe der Gedaͤrme, und durch andre Waſſerkanaͤle mit hindurchdringet, und zum Vorſcheine koͤmmt. Es hat hiermit eben die Be- ſchaffenheit, als wenn ſich eine Bleikugel in eine enge Roͤhre hineinbequemt, ſobald man ſie mit Gewalt, mit- telſt eines Stoͤkkchen hineinſtoͤſſet, da ſie ohne dieſe Ge- walt in die Roͤhre niemals eindringen wuͤrde.
Das Blut iſt nicht das einzige, welches ſich in zarte Gefaͤſſe hineinbegibt, denn es oͤfnet ſich auch der dikke, und oͤlige Schweis den Weg in die Gefaͤſſe der Aus- duͤnſtung: mit dem Harne vermiſcht ſich ein dikkes Oel, und in Schwindſuͤchtigen lauter Fett, und ſo waͤlet ſich die von ihren Wegen verirrte Milch allerhand fremde und viel zaͤrtere Gaͤnge.
Es ſind hierinnen einige ſcharfſinnige Maͤnner noch in etwas weiter gegangen. Sie haben naͤmlich die Weiſe gefunden, wie es geſchehen koͤnnte, daß blos von den verſchiednen Klaſſen der Abſonderungsgaͤnge reine und mit keinen fremden Theilchen einer andern Ordnung vermiſchte Saͤfte, von dem Blute abgeſondert wuͤrden. Faͤnde alſo die Abſicht ſtatt, daß ein vollkommen dikker Saft, z. E. Galle abgeſondert werden ſoll, ſo wuͤrde es gut ſeyn, daß aus einer, zum Gallabſondern beſtimm- ten Schlagader, nach der Ordnung, Aeſte von kleinerem Durchmeſſer, als die Stoffe der Galle ſind, herausge- leitet werden; man ſezze, es gebe von dieſen Aeſten eine ziemliche Anzal und lange Reihen, ſo werden aus dieſer Schlagader alle diejenigen Theilchen ausgefuͤrt werden,
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1. Buch.
(n)[Spaltenumbruch]ſantorini Storia d’ un fete. S. 51.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
naͤmlich gezeiget (m), daß das Blut auch von der Ge-
walt eines Fiebers allein, oder von einer gewaltſamen
Leibesbewegung, wenn auch keine Organa verlezzt ſind,
durch die Ausfuͤrungsgaͤnge des Harns, Schweiſſes, des
Naſenſchleims, durch die Lungenblaͤschen, mit dem Herz-
beutelwaſſer (n), unter dem Damfe der Gedaͤrme, und
durch andre Waſſerkanaͤle mit hindurchdringet, und
zum Vorſcheine koͤmmt. Es hat hiermit eben die Be-
ſchaffenheit, als wenn ſich eine Bleikugel in eine enge
Roͤhre hineinbequemt, ſobald man ſie mit Gewalt, mit-
telſt eines Stoͤkkchen hineinſtoͤſſet, da ſie ohne dieſe Ge-
walt in die Roͤhre niemals eindringen wuͤrde.
Das Blut iſt nicht das einzige, welches ſich in zarte
Gefaͤſſe hineinbegibt, denn es oͤfnet ſich auch der dikke,
und oͤlige Schweis den Weg in die Gefaͤſſe der Aus-
duͤnſtung: mit dem Harne vermiſcht ſich ein dikkes Oel,
und in Schwindſuͤchtigen lauter Fett, und ſo waͤlet ſich
die von ihren Wegen verirrte Milch allerhand fremde
und viel zaͤrtere Gaͤnge.
Es ſind hierinnen einige ſcharfſinnige Maͤnner noch
in etwas weiter gegangen. Sie haben naͤmlich die
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den verſchiednen Klaſſen der Abſonderungsgaͤnge reine
und mit keinen fremden Theilchen einer andern Ordnung
vermiſchte Saͤfte, von dem Blute abgeſondert wuͤrden.
Faͤnde alſo die Abſicht ſtatt, daß ein vollkommen dikker
Saft, z. E. Galle abgeſondert werden ſoll, ſo wuͤrde
es gut ſeyn, daß aus einer, zum Gallabſondern beſtimm-
ten Schlagader, nach der Ordnung, Aeſte von kleinerem
Durchmeſſer, als die Stoffe der Galle ſind, herausge-
leitet werden; man ſezze, es gebe von dieſen Aeſten eine
ziemliche Anzal und lange Reihen, ſo werden aus dieſer
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/719>, abgerufen am 25.11.2024.
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