Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.Fünftes Buch. Das Blut. hat man darüber Nachrichten so, daß es so gar Schrift-steller gibt, welche behaupten, ihr Blut sei kälter als die Luft (c), und das Wasser (d): andre berichten aus nicht viel besserm Grunde (e), das Blut derselben wäre eben so gemäßigt, als die Luft. Allein es stossen den Reisenden, denen gemeiniglich an Erforschung der Na- tur wenig gelegen ist, dergleichen Jrrtümer leichtlich auf. Diejenigen, welche sich der Thermometer nicht zu bedie- nen wissen, und die Wärme blos nach ihrer Empfindung messen, halten alles für kalt, was weniger Wärme, als ihr Blut hat, oder was mit seinen Elementartheilen (Grundstoffen) die Werkzeuge unsrer Empfindlichkeit nicht so schnell, als unser eignes Blut erschüttert (f). Und daher kömmt es auch, daß die tiefen Keller und Quellen, welche aus dem tiefsten Eingeweide der Berge herauf- sprudeln, im Winter warm, und im Sommer kalt scheinen: sie ändern nämlich ihren gemäßigten Grad nicht, welches so gar in der Tiefe des Meeres beinahe den 53 Grad am Farenheitschen Thermometer beträgt (g) (h). Es sind aber diese Graden in der Sommerwärme kleiner, in der Luftwärme des Winters aber grösser. Und hier- aus erhellet auch, warum die Reisenden, welche von beeisten Gebürgen in die Thäler hinabsteigen, die Mitte der Hügel warm |finden (i), über deren Kälte sich doch ebendieselben beklagen, wenn sie von einer sehr heissen Ebene der Gestaden, eben dahin aufwerts steigen. Eben so erzälet Kenelmus Digby, als er die nach verschiednen Graden (c) [Spaltenumbruch]
Ebendas. (d) richer Memoir. de l'Acad. avant 1699. Voyage de Guianne S. 325. Du hamel Hist. Acad. reg. scient. S. 157. übler urtheilt davon Leonard a Capoa, welcher dem Delphin, Meerkalbe, und den Wallfischen ein kälteres Herz, als die Luft, zueignet delle moffette S. 44. (e) [Spaltenumbruch]
halley beim birch Histor. of the R. S. T. IV. S. 257. bazin Obs. sur les plantes, S. 201. (f) boyle of cold. S. 3. u. f. Wolf von den Wirkungen der Natur. n. 74. (g) martine Essays S. 223. (h) ellis Journ. oeconom. 1754. M. April. (i) Tarigagua ulloa in itinere
Americano, S. 285. Fuͤnftes Buch. Das Blut. hat man daruͤber Nachrichten ſo, daß es ſo gar Schrift-ſteller gibt, welche behaupten, ihr Blut ſei kaͤlter als die Luft (c), und das Waſſer (d): andre berichten aus nicht viel beſſerm Grunde (e), das Blut derſelben waͤre eben ſo gemaͤßigt, als die Luft. Allein es ſtoſſen den Reiſenden, denen gemeiniglich an Erforſchung der Na- tur wenig gelegen iſt, dergleichen Jrrtuͤmer leichtlich auf. Diejenigen, welche ſich der Thermometer nicht zu bedie- nen wiſſen, und die Waͤrme blos nach ihrer Empfindung meſſen, halten alles fuͤr kalt, was weniger Waͤrme, als ihr Blut hat, oder was mit ſeinen Elementartheilen (Grundſtoffen) die Werkzeuge unſrer Empfindlichkeit nicht ſo ſchnell, als unſer eignes Blut erſchuͤttert (f). Und daher koͤmmt es auch, daß die tiefen Keller und Quellen, welche aus dem tiefſten Eingeweide der Berge herauf- ſprudeln, im Winter warm, und im Sommer kalt ſcheinen: ſie aͤndern naͤmlich ihren gemaͤßigten Grad nicht, welches ſo gar in der Tiefe des Meeres beinahe den 53 Grad am Farenheitſchen Thermometer betraͤgt (g) (h). Es ſind aber dieſe Graden in der Sommerwaͤrme kleiner, in der Luftwaͤrme des Winters aber groͤſſer. Und hier- aus erhellet auch, warum die Reiſenden, welche von beeiſten Gebuͤrgen in die Thaͤler hinabſteigen, die Mitte der Huͤgel warm |finden (i), uͤber deren Kaͤlte ſich doch ebendieſelben beklagen, wenn ſie von einer ſehr heiſſen Ebene der Geſtaden, eben dahin aufwerts ſteigen. Eben ſo erzaͤlet Kenelmus Digby, als er die nach verſchiednen Graden (c) [Spaltenumbruch]
Ebendaſ. (d) richer Memoir. de l’Acad. avant 1699. Voyage de Guianne S. 325. Du hamel Hiſt. Acad. reg. ſcient. S. 157. uͤbler urtheilt davon Leonard a Capoa, welcher dem Delphin, Meerkalbe, und den Wallfiſchen ein kaͤlteres Herz, als die Luft, zueignet delle moffette S. 44. (e) [Spaltenumbruch]
halley beim birch Hiſtor. of the R. S. T. IV. S. 257. bazin Obſ. ſur les plantes, S. 201. (f) boyle of cold. S. 3. u. f. Wolf von den Wirkungen der Natur. n. 74. (g) martine Eſſays S. 223. (h) elliſ Journ. oeconom. 1754. M. April. (i) Tarigagua ulloa in itinere
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Fuͤnftes Buch. Das Blut.
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ſteller gibt, welche behaupten, ihr Blut ſei kaͤlter als
die Luft (c), und das Waſſer (d): andre berichten aus
nicht viel beſſerm Grunde (e), das Blut derſelben waͤre
eben ſo gemaͤßigt, als die Luft. Allein es ſtoſſen den
Reiſenden, denen gemeiniglich an Erforſchung der Na-
tur wenig gelegen iſt, dergleichen Jrrtuͤmer leichtlich auf.
Diejenigen, welche ſich der Thermometer nicht zu bedie-
nen wiſſen, und die Waͤrme blos nach ihrer Empfindung
meſſen, halten alles fuͤr kalt, was weniger Waͤrme, als
ihr Blut hat, oder was mit ſeinen Elementartheilen
(Grundſtoffen) die Werkzeuge unſrer Empfindlichkeit nicht
ſo ſchnell, als unſer eignes Blut erſchuͤttert (f). Und
daher koͤmmt es auch, daß die tiefen Keller und Quellen,
welche aus dem tiefſten Eingeweide der Berge herauf-
ſprudeln, im Winter warm, und im Sommer kalt
ſcheinen: ſie aͤndern naͤmlich ihren gemaͤßigten Grad nicht,
welches ſo gar in der Tiefe des Meeres beinahe den 53
Grad am Farenheitſchen Thermometer betraͤgt (g) (h).
Es ſind aber dieſe Graden in der Sommerwaͤrme kleiner,
in der Luftwaͤrme des Winters aber groͤſſer. Und hier-
aus erhellet auch, warum die Reiſenden, welche von
beeiſten Gebuͤrgen in die Thaͤler hinabſteigen, die Mitte
der Huͤgel warm |finden (i), uͤber deren Kaͤlte ſich doch
ebendieſelben beklagen, wenn ſie von einer ſehr heiſſen
Ebene der Geſtaden, eben dahin aufwerts ſteigen. Eben
ſo erzaͤlet Kenelmus Digby, als er die nach verſchiednen
Graden
(c)
Ebendaſ.
(d) richer Memoir. de l’Acad.
avant 1699. Voyage de Guianne
S. 325. Du hamel Hiſt. Acad.
reg. ſcient. S. 157. uͤbler urtheilt
davon Leonard a Capoa, welcher
dem Delphin, Meerkalbe, und den
Wallfiſchen ein kaͤlteres Herz, als
die Luft, zueignet delle moffette
S. 44.
(e)
halley beim birch Hiſtor.
of the R. S. T. IV. S. 257. bazin
Obſ. ſur les plantes, S. 201.
(f) boyle of cold. S. 3. u. f.
Wolf von den Wirkungen der
Natur. n. 74.
(g) martine Eſſays S. 223.
(h) elliſ Journ. oeconom. 1754.
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