der Harn und Unflat eben so beschwerliche Eindrükke machen. So gar leidet nicht einmal die Luftröhre, daß sich Wasser unter den Schleim mischen darf.
§. 5. Die gallertartigen Säfte.
Wir haben bereits in diesem Werke die Natur dieser Säfte vorgetragen, als wir eine Beschreibung von dem Flieswasser gaben (e), und das Salzwasser im Blute er- klärten. Sie haben alle die Natur mit einander gemein, daß sie am Feuer, oder wenn man siedendes Wasser, oder starken Weingeist, oder eine mineralische Säure unter sie gisset, zu Flokken, Klümpe und Gallert zusammenlaufen. Es bleiben diese Säfte, so lange ihre Wärme noch unter dem 148 Farenheitschen Grade steht, im flüßigen Zu- stande, sie ziehen sich weniger als der Schleim zu Fäden, sie geben in diesem Falle selbst der Leichtflüßigkeit des Was- sers wenig nach, und wenn sie aufbehalten und bis zum ersten Grade der Fäulnis erwärmt werden, so vermeret sich ihre Flüßigkeit dergestalt, so daß sie sich ferner nicht mehr zum Gerinnen bequemen wollen, wenn man einen sauern oder weinartigen Saft unter sie mischt (f). Die meresten geben einen unmerklichen oder höchst gelinde sal- zigen Geschmak. Trokknet man sie, so schälen sie sich wie Gummischuppen ab (g), so daß sie mehr Erdteile, als der Schleim, und auch mehr Oel zu enthalten scheinen.
Zu dieser Klasse gehöret demnach das Salzwasser im Blute, das Flieswasser der Klappengefässe (h), und das Weisse im Eie (i), wie auch die Flüßigkeit, die das Hün- chen im Eie umflist, die Amnionsflüßigkeit im Menschen,
welche
(e)[Spaltenumbruch]
5. Buch. 3. Abschnitt.
(f) 5. Buch. 3. Abschn. §. 4. malpighi de pullo incub. S. 12. vom reifern Eiweisse.
(g) Vor andern Eiweis. bellin de motu cord. S. 27. 28. der der [Spaltenumbruch]
Luft am nächsten gelegene Theil wird nicht hart, und es vermert sich dieses Stükke täglich.
(h) 5. Buch. 3. Abschn. §. 3.
(i) Ebendas.
Siebendes Buch. Die Abſonderung.
der Harn und Unflat eben ſo beſchwerliche Eindruͤkke machen. So gar leidet nicht einmal die Luftroͤhre, daß ſich Waſſer unter den Schleim miſchen darf.
§. 5. Die gallertartigen Saͤfte.
Wir haben bereits in dieſem Werke die Natur dieſer Saͤfte vorgetragen, als wir eine Beſchreibung von dem Flieswaſſer gaben (e), und das Salzwaſſer im Blute er- klaͤrten. Sie haben alle die Natur mit einander gemein, daß ſie am Feuer, oder wenn man ſiedendes Waſſer, oder ſtarken Weingeiſt, oder eine mineraliſche Saͤure unter ſie giſſet, zu Flokken, Kluͤmpe und Gallert zuſammenlaufen. Es bleiben dieſe Saͤfte, ſo lange ihre Waͤrme noch unter dem 148 Farenheitſchen Grade ſteht, im fluͤßigen Zu- ſtande, ſie ziehen ſich weniger als der Schleim zu Faͤden, ſie geben in dieſem Falle ſelbſt der Leichtfluͤßigkeit des Waſ- ſers wenig nach, und wenn ſie aufbehalten und bis zum erſten Grade der Faͤulnis erwaͤrmt werden, ſo vermeret ſich ihre Fluͤßigkeit dergeſtalt, ſo daß ſie ſich ferner nicht mehr zum Gerinnen bequemen wollen, wenn man einen ſauern oder weinartigen Saft unter ſie miſcht (f). Die mereſten geben einen unmerklichen oder hoͤchſt gelinde ſal- zigen Geſchmak. Trokknet man ſie, ſo ſchaͤlen ſie ſich wie Gummiſchuppen ab (g), ſo daß ſie mehr Erdteile, als der Schleim, und auch mehr Oel zu enthalten ſcheinen.
Zu dieſer Klaſſe gehoͤret demnach das Salzwaſſer im Blute, das Flieswaſſer der Klappengefaͤſſe (h), und das Weiſſe im Eie (i), wie auch die Fluͤßigkeit, die das Huͤn- chen im Eie umfliſt, die Amnionsfluͤßigkeit im Menſchen,
welche
(e)[Spaltenumbruch]
5. Buch. 3. Abſchnitt.
(f) 5. Buch. 3. Abſchn. §. 4. malpighi de pullo incub. S. 12. vom reifern Eiweiſſe.
(g) Vor andern Eiweis. bellin de motu cord. S. 27. 28. der der [Spaltenumbruch]
Luft am naͤchſten gelegene Theil wird nicht hart, und es vermert ſich dieſes Stuͤkke taͤglich.
(h) 5. Buch. 3. Abſchn. §. 3.
(i) Ebendaſ.
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Siebendes Buch. Die Abſonderung.
der Harn und Unflat eben ſo beſchwerliche Eindruͤkke
machen. So gar leidet nicht einmal die Luftroͤhre, daß
ſich Waſſer unter den Schleim miſchen darf.
§. 5.
Die gallertartigen Saͤfte.
Wir haben bereits in dieſem Werke die Natur dieſer
Saͤfte vorgetragen, als wir eine Beſchreibung von dem
Flieswaſſer gaben (e), und das Salzwaſſer im Blute er-
klaͤrten. Sie haben alle die Natur mit einander gemein,
daß ſie am Feuer, oder wenn man ſiedendes Waſſer, oder
ſtarken Weingeiſt, oder eine mineraliſche Saͤure unter ſie
giſſet, zu Flokken, Kluͤmpe und Gallert zuſammenlaufen.
Es bleiben dieſe Saͤfte, ſo lange ihre Waͤrme noch unter
dem 148 Farenheitſchen Grade ſteht, im fluͤßigen Zu-
ſtande, ſie ziehen ſich weniger als der Schleim zu Faͤden,
ſie geben in dieſem Falle ſelbſt der Leichtfluͤßigkeit des Waſ-
ſers wenig nach, und wenn ſie aufbehalten und bis zum
erſten Grade der Faͤulnis erwaͤrmt werden, ſo vermeret
ſich ihre Fluͤßigkeit dergeſtalt, ſo daß ſie ſich ferner nicht
mehr zum Gerinnen bequemen wollen, wenn man einen
ſauern oder weinartigen Saft unter ſie miſcht (f). Die
mereſten geben einen unmerklichen oder hoͤchſt gelinde ſal-
zigen Geſchmak. Trokknet man ſie, ſo ſchaͤlen ſie ſich
wie Gummiſchuppen ab (g), ſo daß ſie mehr Erdteile, als
der Schleim, und auch mehr Oel zu enthalten ſcheinen.
Zu dieſer Klaſſe gehoͤret demnach das Salzwaſſer im
Blute, das Flieswaſſer der Klappengefaͤſſe (h), und das
Weiſſe im Eie (i), wie auch die Fluͤßigkeit, die das Huͤn-
chen im Eie umfliſt, die Amnionsfluͤßigkeit im Menſchen,
welche
(e)
5. Buch. 3. Abſchnitt.
(f) 5. Buch. 3. Abſchn. §. 4.
malpighi de pullo incub. S. 12.
vom reifern Eiweiſſe.
(g) Vor andern Eiweis. bellin
de motu cord. S. 27. 28. der der
Luft am naͤchſten gelegene Theil
wird nicht hart, und es vermert
ſich dieſes Stuͤkke taͤglich.
(h) 5. Buch. 3. Abſchn. §. 3.
(i) Ebendaſ.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/610>, abgerufen am 30.11.2024.
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