Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch. Das Fortrükken
weil sich das Blut, mittelst der communicirenden Blut-
adern, an andre Oerter hinwendet. Und daher kömmt
es auch, daß wenn die Haut erkältet worden, das Blut
sich sehr leicht in die tiefliegende Gefässe zurükkezieht,
und der Gefar zu gerinen dadurch zuvorkömmt, und was
dergleichen mehr, aus dieser hurtigen Ableitung des Blu-
tes auf neue Strassen, gefolgert werden kann.

Doch stehen die Anastomosirungen dem Kreislaufe
des Blutes, und der Geschwindigkeit des Blutaderblu-
tes in so fern im Wege (k), daß sich Ströme von wie-
drigen Orten einander zur Last fallen, sich einander un-
terwegens, wenn sie sich begegegnen, aufhalten, verwei-
len, einer dem andern die Geschwindigkeit zu hemmen
sucht (l), bis ein Strom über den andern das Ueberge-
wichte, und die Strasse allein behauptet (m). Jndessen
geht es an, daß das Blut, eine Weile im Gleichgewichte
stehend, hin und her schwanken (n), und wärend dieser
Schwankung eine solche Bewegung annehmen kann,
daß es gar nicht aus der Stelle fortkömmt. Ohnezwei-
fel haben auch eben diese Aderleitungen (anastomoses) (o),
obschon nicht einzig und allein, an der wunderbaren Un-
beständigkeit des bewegten Blutes in den Blutadern
Schuld, wodurch in der That die Rükkehr desselben ins
Herz auf eine wundernswürdige Weise verspätet wird.

§. 13.
Ursachen, welche machen, daß sich das Blut-
aderblut verspäten mus.
Das Reiben.

Unter diesen Ursachen gibt [es] einige, welche die Blut-
adern nicht angehen, sondern blos den Schlagadern we-

sent-
(k) [Spaltenumbruch] Wie in den Schlagadern
6. Buch. 3. Abschn. §. 3.
(l) Man lese nach die Kämfe
der gegen einander streitenden
Blutströme. Exp. 137.
(m) [Spaltenumbruch] Exp. 65. 93. 95. 123. 129.
(n) Exp. 132. 137. 191. 229. 233.
im Anastomosirungsafte. Verglei-
chet damit A. de heyde obs. 85.
(o) Exp. 125. 137.

Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
weil ſich das Blut, mittelſt der communicirenden Blut-
adern, an andre Oerter hinwendet. Und daher koͤmmt
es auch, daß wenn die Haut erkaͤltet worden, das Blut
ſich ſehr leicht in die tiefliegende Gefaͤſſe zuruͤkkezieht,
und der Gefar zu gerinen dadurch zuvorkoͤmmt, und was
dergleichen mehr, aus dieſer hurtigen Ableitung des Blu-
tes auf neue Straſſen, gefolgert werden kann.

Doch ſtehen die Anaſtomoſirungen dem Kreislaufe
des Blutes, und der Geſchwindigkeit des Blutaderblu-
tes in ſo fern im Wege (k), daß ſich Stroͤme von wie-
drigen Orten einander zur Laſt fallen, ſich einander un-
terwegens, wenn ſie ſich begegegnen, aufhalten, verwei-
len, einer dem andern die Geſchwindigkeit zu hemmen
ſucht (l), bis ein Strom uͤber den andern das Ueberge-
wichte, und die Straſſe allein behauptet (m). Jndeſſen
geht es an, daß das Blut, eine Weile im Gleichgewichte
ſtehend, hin und her ſchwanken (n), und waͤrend dieſer
Schwankung eine ſolche Bewegung annehmen kann,
daß es gar nicht aus der Stelle fortkoͤmmt. Ohnezwei-
fel haben auch eben dieſe Aderleitungen (anaſtomoſes) (o),
obſchon nicht einzig und allein, an der wunderbaren Un-
beſtaͤndigkeit des bewegten Blutes in den Blutadern
Schuld, wodurch in der That die Ruͤkkehr deſſelben ins
Herz auf eine wundernswuͤrdige Weiſe verſpaͤtet wird.

§. 13.
Urſachen, welche machen, daß ſich das Blut-
aderblut verſpaͤten mus.
Das Reiben.

Unter dieſen Urſachen gibt [es] einige, welche die Blut-
adern nicht angehen, ſondern blos den Schlagadern we-

ſent-
(k) [Spaltenumbruch] Wie in den Schlagadern
6. Buch. 3. Abſchn. §. 3.
(l) Man leſe nach die Kaͤmfe
der gegen einander ſtreitenden
Blutſtroͤme. Exp. 137.
(m) [Spaltenumbruch] Exp. 65. 93. 95. 123. 129.
(n) Exp. 132. 137. 191. 229. 233.
im Anaſtomoſirungsafte. Verglei-
chet damit A. de heyde obſ. 85.
(o) Exp. 125. 137.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0568" n="548"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch. Das Fortru&#x0364;kken</hi></fw><lb/>
weil &#x017F;ich das Blut, mittel&#x017F;t der communicirenden Blut-<lb/>
adern, an andre Oerter hinwendet. Und daher ko&#x0364;mmt<lb/>
es auch, daß wenn die Haut erka&#x0364;ltet worden, das Blut<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;ehr leicht in die tiefliegende Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zuru&#x0364;kkezieht,<lb/>
und der Gefar zu gerinen dadurch zuvorko&#x0364;mmt, und was<lb/>
dergleichen mehr, aus die&#x017F;er hurtigen Ableitung des Blu-<lb/>
tes auf neue Stra&#x017F;&#x017F;en, gefolgert werden kann.</p><lb/>
            <p>Doch &#x017F;tehen die Ana&#x017F;tomo&#x017F;irungen dem Kreislaufe<lb/>
des Blutes, und der Ge&#x017F;chwindigkeit des Blutaderblu-<lb/>
tes in &#x017F;o fern im Wege <note place="foot" n="(k)"><cb/>
Wie in den Schlagadern<lb/>
6. Buch. 3. Ab&#x017F;chn. §. 3.</note>, daß &#x017F;ich Stro&#x0364;me von wie-<lb/>
drigen Orten einander zur La&#x017F;t fallen, &#x017F;ich einander un-<lb/>
terwegens, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich begegegnen, aufhalten, verwei-<lb/>
len, einer dem andern die Ge&#x017F;chwindigkeit zu hemmen<lb/>
&#x017F;ucht <note place="foot" n="(l)">Man le&#x017F;e nach die Ka&#x0364;mfe<lb/>
der gegen einander &#x017F;treitenden<lb/>
Blut&#x017F;tro&#x0364;me. <hi rendition="#aq">Exp.</hi> 137.</note>, bis ein Strom u&#x0364;ber den andern das Ueberge-<lb/>
wichte, und die Stra&#x017F;&#x017F;e allein behauptet <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 65. 93. 95. 123. 129.</note>. Jnde&#x017F;&#x017F;en<lb/>
geht es an, daß das Blut, eine Weile im Gleichgewichte<lb/>
&#x017F;tehend, hin und her &#x017F;chwanken <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 132. 137. 191. 229. 233.<lb/>
im Ana&#x017F;tomo&#x017F;irungsafte. Verglei-<lb/>
chet damit <hi rendition="#aq">A. de <hi rendition="#k">heyde</hi> ob&#x017F;.</hi> 85.</note>, und wa&#x0364;rend die&#x017F;er<lb/>
Schwankung eine &#x017F;olche Bewegung annehmen kann,<lb/>
daß es gar nicht aus der Stelle fortko&#x0364;mmt. Ohnezwei-<lb/>
fel haben auch eben die&#x017F;e Aderleitungen (<hi rendition="#aq">ana&#x017F;tomo&#x017F;es</hi>) <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 125. 137.</note>,<lb/>
ob&#x017F;chon nicht einzig und allein, an der wunderbaren Un-<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit des bewegten Blutes in den Blutadern<lb/>
Schuld, wodurch in der That die Ru&#x0364;kkehr de&#x017F;&#x017F;elben ins<lb/>
Herz auf eine wundernswu&#x0364;rdige Wei&#x017F;e ver&#x017F;pa&#x0364;tet wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 13.<lb/>
Ur&#x017F;achen, welche machen, daß &#x017F;ich das Blut-<lb/>
aderblut ver&#x017F;pa&#x0364;ten mus.<lb/>
Das Reiben.</head><lb/>
            <p>Unter die&#x017F;en Ur&#x017F;achen gibt <supplied>es</supplied> einige, welche die Blut-<lb/>
adern nicht angehen, &#x017F;ondern blos den Schlagadern we-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ent-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[548/0568] Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken weil ſich das Blut, mittelſt der communicirenden Blut- adern, an andre Oerter hinwendet. Und daher koͤmmt es auch, daß wenn die Haut erkaͤltet worden, das Blut ſich ſehr leicht in die tiefliegende Gefaͤſſe zuruͤkkezieht, und der Gefar zu gerinen dadurch zuvorkoͤmmt, und was dergleichen mehr, aus dieſer hurtigen Ableitung des Blu- tes auf neue Straſſen, gefolgert werden kann. Doch ſtehen die Anaſtomoſirungen dem Kreislaufe des Blutes, und der Geſchwindigkeit des Blutaderblu- tes in ſo fern im Wege (k), daß ſich Stroͤme von wie- drigen Orten einander zur Laſt fallen, ſich einander un- terwegens, wenn ſie ſich begegegnen, aufhalten, verwei- len, einer dem andern die Geſchwindigkeit zu hemmen ſucht (l), bis ein Strom uͤber den andern das Ueberge- wichte, und die Straſſe allein behauptet (m). Jndeſſen geht es an, daß das Blut, eine Weile im Gleichgewichte ſtehend, hin und her ſchwanken (n), und waͤrend dieſer Schwankung eine ſolche Bewegung annehmen kann, daß es gar nicht aus der Stelle fortkoͤmmt. Ohnezwei- fel haben auch eben dieſe Aderleitungen (anaſtomoſes) (o), obſchon nicht einzig und allein, an der wunderbaren Un- beſtaͤndigkeit des bewegten Blutes in den Blutadern Schuld, wodurch in der That die Ruͤkkehr deſſelben ins Herz auf eine wundernswuͤrdige Weiſe verſpaͤtet wird. §. 13. Urſachen, welche machen, daß ſich das Blut- aderblut verſpaͤten mus. Das Reiben. Unter dieſen Urſachen gibt es einige, welche die Blut- adern nicht angehen, ſondern blos den Schlagadern we- ſent- (k) Wie in den Schlagadern 6. Buch. 3. Abſchn. §. 3. (l) Man leſe nach die Kaͤmfe der gegen einander ſtreitenden Blutſtroͤme. Exp. 137. (m) Exp. 65. 93. 95. 123. 129. (n) Exp. 132. 137. 191. 229. 233. im Anaſtomoſirungsafte. Verglei- chet damit A. de heyde obſ. 85. (o) Exp. 125. 137.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/568
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/568>, abgerufen am 22.11.2024.