§. 4. Die Beschleunigung des Blutes in den Blutadern.
So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern immer eine kleine Einbusse nach der andern leidet, so wird dadurch beständig die Rükkehr des Blutaderblutes beschleunigt. Es hat aber diese Beschleunigung viele Ursachen zum Grunde, wovon man diejenigen absondern mus, die nicht wirklich vorhanden, sondern nur Gebur- ten der Hipotesen sind.
Die erste, welche wir abfertigen müssen, ist das Herz. Denn ob sich wohl der allergröste Theil von einer jeden thierischen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein herschreibt (n), und ich glaube, daß sonst keine Ursache das Blutaderblut nachdrükklicher in Bewegung sezze (o); so glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zusammen- gezognen Herzen in seinem Laufe angespornt werde. Es glaubte Anton von Leeuwenhoek(p), und der vortref- liche Verfasser vieler phisischen Erfarungen, Stephan Hales(q), dieses wirklich gesehen zu haben. Doch ich habe (r), in so vielen Versuchen, nichts von dergleichen, weder an den kleinen, noch grossen Blutadern gesehen, und ich zäle die Berichte berümter Männer zu den feler- haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches bisweilen, nach einer trägen oder gar gehemmten Bewe- gung, wenn das Thier seine Kräfte wiederbekömmt, mit einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen
sucht
(n)[Spaltenumbruch]
4. Buch.
(o) Hieher gehört noch ein sehr einfältiger Versuch. Nämlich in der Ohnmacht, oder wenn das Herze stille steht, hört auch das Blut auf aus einer geöffenten Blutader zu laufen. G. watts de revulsione S. 21.
(p)Philosoph. Transacti. n. 319. Uffenbachs Reisen. T. III. S. 350.
(q)[Spaltenumbruch]Hämastatiks S. 69.
(r)Second Memoi. Exp. 122. 130. 132. ferner Ant. de heyde exp. 6. George Adams angef. Ort. S. 45. J. Alph. borelli de motu animali L. II. prop 31. Der berüm- te Delius in den Fränkischen An- merkungen. T. I. S. 21.
Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
§. 4. Die Beſchleunigung des Blutes in den Blutadern.
So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern immer eine kleine Einbuſſe nach der andern leidet, ſo wird dadurch beſtaͤndig die Ruͤkkehr des Blutaderblutes beſchleunigt. Es hat aber dieſe Beſchleunigung viele Urſachen zum Grunde, wovon man diejenigen abſondern mus, die nicht wirklich vorhanden, ſondern nur Gebur- ten der Hipoteſen ſind.
Die erſte, welche wir abfertigen muͤſſen, iſt das Herz. Denn ob ſich wohl der allergroͤſte Theil von einer jeden thieriſchen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein herſchreibt (n), und ich glaube, daß ſonſt keine Urſache das Blutaderblut nachdruͤkklicher in Bewegung ſezze (o); ſo glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zuſammen- gezognen Herzen in ſeinem Laufe angeſpornt werde. Es glaubte Anton von Leeuwenhoek(p), und der vortref- liche Verfaſſer vieler phiſiſchen Erfarungen, Stephan Hales(q), dieſes wirklich geſehen zu haben. Doch ich habe (r), in ſo vielen Verſuchen, nichts von dergleichen, weder an den kleinen, noch groſſen Blutadern geſehen, und ich zaͤle die Berichte beruͤmter Maͤnner zu den feler- haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches bisweilen, nach einer traͤgen oder gar gehemmten Bewe- gung, wenn das Thier ſeine Kraͤfte wiederbekoͤmmt, mit einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen
ſucht
(n)[Spaltenumbruch]
4. Buch.
(o) Hieher gehoͤrt noch ein ſehr einfaͤltiger Verſuch. Naͤmlich in der Ohnmacht, oder wenn das Herze ſtille ſteht, hoͤrt auch das Blut auf aus einer geoͤffenten Blutader zu laufen. G. wattſ de revulſione S. 21.
(p)Philoſoph. Transacti. n. 319. Uffenbachs Reiſen. T. III. S. 350.
(q)[Spaltenumbruch]Hämaſtatiks S. 69.
(r)Second Memoi. Exp. 122. 130. 132. ferner Ant. de heyde exp. 6. George Adams angef. Ort. S. 45. J. Alph. borelli de motu animali L. II. prop 31. Der beruͤm- te Delius in den Fraͤnkiſchen An- merkungen. T. I. S. 21.
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Sechſtes Buch. Das Fortruͤkken
§. 4.
Die Beſchleunigung des Blutes in den
Blutadern.
So wie der Lauf des Blutes in den Schlagadern
immer eine kleine Einbuſſe nach der andern leidet, ſo
wird dadurch beſtaͤndig die Ruͤkkehr des Blutaderblutes
beſchleunigt. Es hat aber dieſe Beſchleunigung viele
Urſachen zum Grunde, wovon man diejenigen abſondern
mus, die nicht wirklich vorhanden, ſondern nur Gebur-
ten der Hipoteſen ſind.
Die erſte, welche wir abfertigen muͤſſen, iſt das Herz.
Denn ob ſich wohl der allergroͤſte Theil von einer jeden
thieriſchen Bewegung, aus dem Herzen einzig und allein
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das Blutaderblut nachdruͤkklicher in Bewegung ſezze (o);
ſo glaube ich dennoch nicht, daß es von dem zuſammen-
gezognen Herzen in ſeinem Laufe angeſpornt werde. Es
glaubte Anton von Leeuwenhoek (p), und der vortref-
liche Verfaſſer vieler phiſiſchen Erfarungen, Stephan
Hales (q), dieſes wirklich geſehen zu haben. Doch ich
habe (r), in ſo vielen Verſuchen, nichts von dergleichen,
weder an den kleinen, noch groſſen Blutadern geſehen,
und ich zaͤle die Berichte beruͤmter Maͤnner zu den feler-
haften und unruhigen Bewegungen des Blutes, welches
bisweilen, nach einer traͤgen oder gar gehemmten Bewe-
gung, wenn das Thier ſeine Kraͤfte wiederbekoͤmmt, mit
einem neuen Anfalle wieder in den Gang zu kommen
ſucht
(n)
4. Buch.
(o) Hieher gehoͤrt noch ein ſehr
einfaͤltiger Verſuch. Naͤmlich in
der Ohnmacht, oder wenn das
Herze ſtille ſteht, hoͤrt auch das
Blut auf aus einer geoͤffenten
Blutader zu laufen. G. wattſ de
revulſione S. 21.
(p) Philoſoph. Transacti. n. 319.
Uffenbachs Reiſen. T. III. S. 350.
(q)
Hämaſtatiks S. 69.
(r) Second Memoi. Exp. 122.
130. 132. ferner Ant. de heyde
exp. 6. George Adams angef. Ort.
S. 45. J. Alph. borelli de motu
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/544>, abgerufen am 22.11.2024.
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