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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Sechstes Buch. Die Wirkung des
Dichtheit sey; so geräth man in der That auf phisische
Lehrsäzze, wohin weder die Zergliederungskunst, noch eine
dreiste Phisiologie ihren Schwung hinwagen sollte.
Was die erstere Hipotese betrift, so sezzt man den Un-
terscheid zwischen dem Schlag- und Blutaderblute zu
gros an, als ihn die Natur zu machen vergönnt (h).
Ferner nehmen die dichtesten Körper, Gold, Queksilber,
Blei, nicht selten eine rote Farbe an (i), wenn man sie zu
Pulver macht; darum könnte man dieses aber doch nicht
auf unsre Kügelchen ziehen, die ein wenig schwerer, als
Wasser sind, und welche von den meisten Säften an
Dichtheit übertroffen werden, und die darum doch durch-
sichtig bleiben, wie die Glaskügelchen, Vitriolöl, u. s. f.
Treibet man mit dem Blasen des Atems Luft ins Blut,
und wird dadurch folglich die Masse dünner gemacht, so
vermert sich dem ohngeachtet doch die Röthe (k). Auch
dieses ist nicht einmal der Warheit gemäs, daß die
Röte im Blute stärker sey, wenn rote Kügelchen näher
bei einander liegen. Es sind nämlich in dem von der
Salzsolution (l), oder von einem feuerfesten Alkali (m),
oder dem Epsomersalze (englisch Salz) schönen roten Blu-
te, wirklich die Kügelchen von vortreflichen Männern
abgesondert gefunden worden, und ich habe oft gelbe Kü-
gelchen in gedrengten Haufen, und einsame lebhaft roth
gefunden (o).

Endlich so hängt überhaupt die Röthe der Kügel-
chen nicht von der Dichtheit, die sich eigentlich nach dem
Zusammenhängen richtet, ab. Denn es ist die Blut-
rinde im Seitenstechen viel zäher, als der Blutkuchen,
und dennoch an Farbe weis (p).

Es entsteht aber auch nicht die Röte in der Lunge,
es mag endlich die nächste Ursache davon liegen, worin-
(n)

nen
(h) [Spaltenumbruch] 5. B. 1. Absch. §. 5.
(i) newton Optiks. S. 205.
(k) Vergleicht damit den Mi-
chelotti
im Briefe an den Fonten.
(l) Eller angef. Ort. S. 17.
(m) [Spaltenumbruch] Ebendas.
(o) 5. Buch. 2. Abschn. §. 13.
(p) michelotti Epistola ad
Fontenell.
S. XV.
(n) 5. Buch. 1. Abschn. §. 7.

Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Dichtheit ſey; ſo geraͤth man in der That auf phiſiſche
Lehrſaͤzze, wohin weder die Zergliederungskunſt, noch eine
dreiſte Phiſiologie ihren Schwung hinwagen ſollte.
Was die erſtere Hipoteſe betrift, ſo ſezzt man den Un-
terſcheid zwiſchen dem Schlag- und Blutaderblute zu
gros an, als ihn die Natur zu machen vergoͤnnt (h).
Ferner nehmen die dichteſten Koͤrper, Gold, Quekſilber,
Blei, nicht ſelten eine rote Farbe an (i), wenn man ſie zu
Pulver macht; darum koͤnnte man dieſes aber doch nicht
auf unſre Kuͤgelchen ziehen, die ein wenig ſchwerer, als
Waſſer ſind, und welche von den meiſten Saͤften an
Dichtheit uͤbertroffen werden, und die darum doch durch-
ſichtig bleiben, wie die Glaskuͤgelchen, Vitrioloͤl, u. ſ. f.
Treibet man mit dem Blaſen des Atems Luft ins Blut,
und wird dadurch folglich die Maſſe duͤnner gemacht, ſo
vermert ſich dem ohngeachtet doch die Roͤthe (k). Auch
dieſes iſt nicht einmal der Warheit gemaͤs, daß die
Roͤte im Blute ſtaͤrker ſey, wenn rote Kuͤgelchen naͤher
bei einander liegen. Es ſind naͤmlich in dem von der
Salzſolution (l), oder von einem feuerfeſten Alkali (m),
oder dem Epſomerſalze (engliſch Salz) ſchoͤnen roten Blu-
te, wirklich die Kuͤgelchen von vortreflichen Maͤnnern
abgeſondert gefunden worden, und ich habe oft gelbe Kuͤ-
gelchen in gedrengten Haufen, und einſame lebhaft roth
gefunden (o).

Endlich ſo haͤngt uͤberhaupt die Roͤthe der Kuͤgel-
chen nicht von der Dichtheit, die ſich eigentlich nach dem
Zuſammenhaͤngen richtet, ab. Denn es iſt die Blut-
rinde im Seitenſtechen viel zaͤher, als der Blutkuchen,
und dennoch an Farbe weis (p).

Es entſteht aber auch nicht die Roͤte in der Lunge,
es mag endlich die naͤchſte Urſache davon liegen, worin-
(n)

nen
(h) [Spaltenumbruch] 5. B. 1. Abſch. §. 5.
(i) newton Optiks. S. 205.
(k) Vergleicht damit den Mi-
chelotti
im Briefe an den Fonten.
(l) Eller angef. Ort. S. 17.
(m) [Spaltenumbruch] Ebendaſ.
(o) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 13.
(p) michelotti Epiſtola ad
Fontenell.
S. XV.
(n) 5. Buch. 1. Abſchn. §. 7.
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[504/0524] Sechſtes Buch. Die Wirkung des Dichtheit ſey; ſo geraͤth man in der That auf phiſiſche Lehrſaͤzze, wohin weder die Zergliederungskunſt, noch eine dreiſte Phiſiologie ihren Schwung hinwagen ſollte. Was die erſtere Hipoteſe betrift, ſo ſezzt man den Un- terſcheid zwiſchen dem Schlag- und Blutaderblute zu gros an, als ihn die Natur zu machen vergoͤnnt (h). Ferner nehmen die dichteſten Koͤrper, Gold, Quekſilber, Blei, nicht ſelten eine rote Farbe an (i), wenn man ſie zu Pulver macht; darum koͤnnte man dieſes aber doch nicht auf unſre Kuͤgelchen ziehen, die ein wenig ſchwerer, als Waſſer ſind, und welche von den meiſten Saͤften an Dichtheit uͤbertroffen werden, und die darum doch durch- ſichtig bleiben, wie die Glaskuͤgelchen, Vitrioloͤl, u. ſ. f. Treibet man mit dem Blaſen des Atems Luft ins Blut, und wird dadurch folglich die Maſſe duͤnner gemacht, ſo vermert ſich dem ohngeachtet doch die Roͤthe (k). Auch dieſes iſt nicht einmal der Warheit gemaͤs, daß die Roͤte im Blute ſtaͤrker ſey, wenn rote Kuͤgelchen naͤher bei einander liegen. Es ſind naͤmlich in dem von der Salzſolution (l), oder von einem feuerfeſten Alkali (m), oder dem Epſomerſalze (engliſch Salz) ſchoͤnen roten Blu- te, wirklich die Kuͤgelchen von vortreflichen Maͤnnern abgeſondert gefunden worden, und ich habe oft gelbe Kuͤ- gelchen in gedrengten Haufen, und einſame lebhaft roth gefunden (o). Endlich ſo haͤngt uͤberhaupt die Roͤthe der Kuͤgel- chen nicht von der Dichtheit, die ſich eigentlich nach dem Zuſammenhaͤngen richtet, ab. Denn es iſt die Blut- rinde im Seitenſtechen viel zaͤher, als der Blutkuchen, und dennoch an Farbe weis (p). Es entſteht aber auch nicht die Roͤte in der Lunge, es mag endlich die naͤchſte Urſache davon liegen, worin- nen (n) (h) 5. B. 1. Abſch. §. 5. (i) newton Optiks. S. 205. (k) Vergleicht damit den Mi- chelotti im Briefe an den Fonten. (l) Eller angef. Ort. S. 17. (m) Ebendaſ. (o) 5. Buch. 2. Abſchn. §. 13. (p) michelotti Epiſtola ad Fontenell. S. XV. (n) 5. Buch. 1. Abſchn. §. 7.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/524>, abgerufen am 22.11.2024.