Lunge gezogen haben, können wir nicht ehe, als in der Geschichte des Atemholens in Erwägung ziehen.
Das erste, was ein träges, stillstehendes, oder weg- gelassnes Blut, einbüst, ist seine flüßige Natur, Kraft der es sich durch die Gefässe hindurch bewegte. Denn es bleibt dasselbe, wie bereits gezeigt worden ist, nach der Art eines Gallerts stehen, es versammlen sich die Kügelchen, sowol in todten Körpern (s), als in dem Ge- fässe, womit man es aus der Ader auffängt (t), in Hau- fen zusammen, und das thut es ebenfalls, sobald es aus der Nase eines gesunden Menschen tröpfelnd durch die Luft fällt, so wie in der Röhre, die das Blut von einem Thiere in das andre überleitet (u), in dem Schlagader- sakke (x), in verschnürten Schlagadern (y), und sonst in den Gefässen eines matten Thieres (z). Ferner flisset das Blut, auch wenn es sich nicht in dichte Klümpe ver- wandelt, dennoch in Leichnamen trübe, und es sinken die Kügelchen träge im Salzwasser niederwerts (a). So kann man überhaupt aus dem Blute der Schwalben, welches seine Flüßigkeit erhält, mit Recht schlissen (b), daß ihr Blut nicht ohne Bewegung gewesen. Sobald hin- gegen die Bewegung das Blut wieder belebt, so werden dadurch die Gerinnungen der Kügelchen zerstreut, so daß die Stoffe, wie ehedem, einzeln vor sich herumschwim- men (b*). So glaubt der vortrefliche Leibarzt (b**), daß die in der starken Ohnmacht (syncope) gewordne Flokk- chen, durch ein entstandnes Herzklopfen wieder aufgelö-
set
(s)[Spaltenumbruch]
5. Buch.
(t) Ebendas.
(u) Ebendas.
(x) S. 22. Man fand sechszehn Pfunde eines klümpigen Blutes in dem Schlagadersakke in der Kniekelnschlagader. matani de anevrysmat. S. 139. Jn den Schlufwinkeln einer rükkgängigen Schlagader, da sich das Blut nicht bewegt, ist es allezeit geronnen. Blutige Plättchen in einem [Spaltenumbruch]
Schlagadersakke. Observ. of a So- ciety at Lond. vol. I. S. 346.
(y)lancis S. 124. Ausg. von 1728.
(z) S. 20.
(a)malpighi de polypis S. 130.
(b)lister beim linnaevs in dessen Oeconom. natur. S. 39.
(b*)Memoi. sur le mouvem. du sang. Exp. 151. 155. u. f.
(b**)Swieten über den Boer- haaveT. I. S. 684.
Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Lunge gezogen haben, koͤnnen wir nicht ehe, als in der Geſchichte des Atemholens in Erwaͤgung ziehen.
Das erſte, was ein traͤges, ſtillſtehendes, oder weg- gelaſſnes Blut, einbuͤſt, iſt ſeine fluͤßige Natur, Kraft der es ſich durch die Gefaͤſſe hindurch bewegte. Denn es bleibt daſſelbe, wie bereits gezeigt worden iſt, nach der Art eines Gallerts ſtehen, es verſammlen ſich die Kuͤgelchen, ſowol in todten Koͤrpern (s), als in dem Ge- faͤſſe, womit man es aus der Ader auffaͤngt (t), in Hau- fen zuſammen, und das thut es ebenfalls, ſobald es aus der Naſe eines geſunden Menſchen troͤpfelnd durch die Luft faͤllt, ſo wie in der Roͤhre, die das Blut von einem Thiere in das andre uͤberleitet (u), in dem Schlagader- ſakke (x), in verſchnuͤrten Schlagadern (y), und ſonſt in den Gefaͤſſen eines matten Thieres (z). Ferner fliſſet das Blut, auch wenn es ſich nicht in dichte Kluͤmpe ver- wandelt, dennoch in Leichnamen truͤbe, und es ſinken die Kuͤgelchen traͤge im Salzwaſſer niederwerts (a). So kann man uͤberhaupt aus dem Blute der Schwalben, welches ſeine Fluͤßigkeit erhaͤlt, mit Recht ſchliſſen (b), daß ihr Blut nicht ohne Bewegung geweſen. Sobald hin- gegen die Bewegung das Blut wieder belebt, ſo werden dadurch die Gerinnungen der Kuͤgelchen zerſtreut, ſo daß die Stoffe, wie ehedem, einzeln vor ſich herumſchwim- men (b*). So glaubt der vortrefliche Leibarzt (b**), daß die in der ſtarken Ohnmacht (ſyncope) gewordne Flokk- chen, durch ein entſtandnes Herzklopfen wieder aufgeloͤ-
ſet
(s)[Spaltenumbruch]
5. Buch.
(t) Ebendaſ.
(u) Ebendaſ.
(x) S. 22. Man fand ſechszehn Pfunde eines kluͤmpigen Blutes in dem Schlagaderſakke in der Kniekelnſchlagader. matani de anevryſmat. S. 139. Jn den Schlufwinkeln einer ruͤkkgaͤngigen Schlagader, da ſich das Blut nicht bewegt, iſt es allezeit geronnen. Blutige Plaͤttchen in einem [Spaltenumbruch]
Schlagaderſakke. Obſerv. of a So- ciety at Lond. vol. I. S. 346.
(y)lanciſ S. 124. Ausg. von 1728.
(z) S. 20.
(a)malpighi de polypis S. 130.
(b)liſter beim linnaevſ in deſſen Oeconom. natur. S. 39.
(b*)Memoi. ſur le mouvem. du ſang. Exp. 151. 155. u. f.
(b**)Swieten uͤber den Boer- haaveT. I. S. 684.
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Sechſtes Buch. Die Wirkung des
Lunge gezogen haben, koͤnnen wir nicht ehe, als in der
Geſchichte des Atemholens in Erwaͤgung ziehen.
Das erſte, was ein traͤges, ſtillſtehendes, oder weg-
gelaſſnes Blut, einbuͤſt, iſt ſeine fluͤßige Natur, Kraft
der es ſich durch die Gefaͤſſe hindurch bewegte. Denn
es bleibt daſſelbe, wie bereits gezeigt worden iſt, nach
der Art eines Gallerts ſtehen, es verſammlen ſich die
Kuͤgelchen, ſowol in todten Koͤrpern (s), als in dem Ge-
faͤſſe, womit man es aus der Ader auffaͤngt (t), in Hau-
fen zuſammen, und das thut es ebenfalls, ſobald es aus
der Naſe eines geſunden Menſchen troͤpfelnd durch die
Luft faͤllt, ſo wie in der Roͤhre, die das Blut von einem
Thiere in das andre uͤberleitet (u), in dem Schlagader-
ſakke (x), in verſchnuͤrten Schlagadern (y), und ſonſt in
den Gefaͤſſen eines matten Thieres (z). Ferner fliſſet
das Blut, auch wenn es ſich nicht in dichte Kluͤmpe ver-
wandelt, dennoch in Leichnamen truͤbe, und es ſinken die
Kuͤgelchen traͤge im Salzwaſſer niederwerts (a). So
kann man uͤberhaupt aus dem Blute der Schwalben,
welches ſeine Fluͤßigkeit erhaͤlt, mit Recht ſchliſſen (b), daß
ihr Blut nicht ohne Bewegung geweſen. Sobald hin-
gegen die Bewegung das Blut wieder belebt, ſo werden
dadurch die Gerinnungen der Kuͤgelchen zerſtreut, ſo daß
die Stoffe, wie ehedem, einzeln vor ſich herumſchwim-
men (b*). So glaubt der vortrefliche Leibarzt (b**), daß
die in der ſtarken Ohnmacht (ſyncope) gewordne Flokk-
chen, durch ein entſtandnes Herzklopfen wieder aufgeloͤ-
ſet
(s)
5. Buch.
(t) Ebendaſ.
(u) Ebendaſ.
(x) S. 22. Man fand ſechszehn
Pfunde eines kluͤmpigen Blutes
in dem Schlagaderſakke in der
Kniekelnſchlagader. matani de
anevryſmat. S. 139. Jn den
Schlufwinkeln einer ruͤkkgaͤngigen
Schlagader, da ſich das Blut nicht
bewegt, iſt es allezeit geronnen.
Blutige Plaͤttchen in einem
Schlagaderſakke. Obſerv. of a So-
ciety at Lond. vol. I. S. 346.
(y) lanciſ S. 124. Ausg. von
1728.
(z) S. 20.
(a) malpighi de polypis S. 130.
(b) liſter beim linnaevſ in
deſſen Oeconom. natur. S. 39.
(b*) Memoi. ſur le mouvem.
du ſang. Exp. 151. 155. u. f.
(b**) Swieten uͤber den Boer-
haave T. I. S. 684.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/478>, abgerufen am 22.11.2024.
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