Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

bewegten Blutes, in den Schlagadern.
es war kein andrer Weg übrig, um die immer wieder-
kommende häufige Blutungen an der Schlagader des
Daumens zu hemmen. Es trat nämlich das Blut durch
beide Bogen der flachen Hand (m) aus dem Ellbogen-
stamme in den Spindeladerstamm in kurzer Zeit zurükke.
Selbst da der Oberarm fast gänzlich abgenommen war,
stellte sich der Pulsschlag dennoch den dritten Tag wieder
ein, und die Wärme fing die Hand wieder zu beleben
an (n). An Hunden habe ich oft eine von beiden Hals-
adern, oder beide zugleich unterbunden (o), ohne daß
hierauf was übles erfolgt wäre. Mit einem Geschwul-
ste schnitte ein Wundarzt, ohne Schaden der Gesundheit,
die Halsschlagader (carotis) (und zugleich die äussere
Drosselblutader) weg (p).

Jch füre dieses nur beiläufig an, denn diese Zusam-
menhänge der Adern haben noch andre Eigenschaften an
sich, welche eigentlicher hieher gehören. Denn da zwo
Schlagadern Aeste von sich werfen, die sich von entge-
gengesezzten Seiten in einander begeben, so kann die
Richtung, die das Blut durch die kleinen Gefässe nimmt,
desto leichter geändert werden. Wenn z. E. in einer
oberwerts liegenden Schlagader die Geschwindigkeit
grösser ist, so wird das Geblüte unterwerts herab durch
die zwote Schlagader, welche nun statt einer Blutader
dient, ablaufen können. Jst es mit der untern, wie
erst gesagt, beschaffen, so wird das Blut über sich hinauf
zurükke getrieben werden. Dieses ist in der That keine
theoretische Vermutung, sondern Versuche, und vornäm-
lich unsre eigne Versuche (q), bestätigen die Sache aller-

dings.
(m) [Spaltenumbruch] Ebendas. S. 28. 41.
(n) Chir. Anweisung. T. II. an-
gef. Ort.
(o) Sowohl der berümte Rob.
Emert, als der Gehülfe in dessen
Arbeiten, der berümte parisot
Journ. oecon. 1756. Januar.
(p) Schwenke S. 20.
(q) Exp. 66. 154. 173. Denn ob-
[Spaltenumbruch] gleich das Blut in der Anastomo-
sis nicht einen gegenseitigen Weg
genommen, so ist doch genung, daß
die stärkre Säule, in einerlei Ka-
nale diejenige überwältigt hat,
welche schwächer lief. Bei einer
Anastomosirung der Blutadern,
habe ich diese Erscheinung gesehen.
Exp. 132.
F f 2

bewegten Blutes, in den Schlagadern.
es war kein andrer Weg uͤbrig, um die immer wieder-
kommende haͤufige Blutungen an der Schlagader des
Daumens zu hemmen. Es trat naͤmlich das Blut durch
beide Bogen der flachen Hand (m) aus dem Ellbogen-
ſtamme in den Spindeladerſtamm in kurzer Zeit zuruͤkke.
Selbſt da der Oberarm faſt gaͤnzlich abgenommen war,
ſtellte ſich der Pulsſchlag dennoch den dritten Tag wieder
ein, und die Waͤrme fing die Hand wieder zu beleben
an (n). An Hunden habe ich oft eine von beiden Hals-
adern, oder beide zugleich unterbunden (o), ohne daß
hierauf was uͤbles erfolgt waͤre. Mit einem Geſchwul-
ſte ſchnitte ein Wundarzt, ohne Schaden der Geſundheit,
die Halsſchlagader (carotis) (und zugleich die aͤuſſere
Droſſelblutader) weg (p).

Jch fuͤre dieſes nur beilaͤufig an, denn dieſe Zuſam-
menhaͤnge der Adern haben noch andre Eigenſchaften an
ſich, welche eigentlicher hieher gehoͤren. Denn da zwo
Schlagadern Aeſte von ſich werfen, die ſich von entge-
gengeſezzten Seiten in einander begeben, ſo kann die
Richtung, die das Blut durch die kleinen Gefaͤſſe nimmt,
deſto leichter geaͤndert werden. Wenn z. E. in einer
oberwerts liegenden Schlagader die Geſchwindigkeit
groͤſſer iſt, ſo wird das Gebluͤte unterwerts herab durch
die zwote Schlagader, welche nun ſtatt einer Blutader
dient, ablaufen koͤnnen. Jſt es mit der untern, wie
erſt geſagt, beſchaffen, ſo wird das Blut uͤber ſich hinauf
zuruͤkke getrieben werden. Dieſes iſt in der That keine
theoretiſche Vermutung, ſondern Verſuche, und vornaͤm-
lich unſre eigne Verſuche (q), beſtaͤtigen die Sache aller-

dings.
(m) [Spaltenumbruch] Ebendaſ. S. 28. 41.
(n) Chir. Anweiſung. T. II. an-
gef. Ort.
(o) Sowohl der beruͤmte Rob.
Emert, als der Gehuͤlfe in deſſen
Arbeiten, der beruͤmte pariſot
Journ. oecon. 1756. Januar.
(p) Schwenke S. 20.
(q) Exp. 66. 154. 173. Denn ob-
[Spaltenumbruch] gleich das Blut in der Anaſtomo-
ſis nicht einen gegenſeitigen Weg
genommen, ſo iſt doch genung, daß
die ſtaͤrkre Saͤule, in einerlei Ka-
nale diejenige uͤberwaͤltigt hat,
welche ſchwaͤcher lief. Bei einer
Anaſtomoſirung der Blutadern,
habe ich dieſe Erſcheinung geſehen.
Exp. 132.
F f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0471" n="451"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">bewegten Blutes, in den Schlagadern.</hi></fw><lb/>
es war kein andrer Weg u&#x0364;brig, um die immer wieder-<lb/>
kommende ha&#x0364;ufige Blutungen an der Schlagader des<lb/>
Daumens zu hemmen. Es trat na&#x0364;mlich das Blut durch<lb/>
beide Bogen der flachen Hand <note place="foot" n="(m)"><cb/>
Ebenda&#x017F;. S. 28. 41.</note> aus dem Ellbogen-<lb/>
&#x017F;tamme in den Spindelader&#x017F;tamm in kurzer Zeit zuru&#x0364;kke.<lb/>
Selb&#x017F;t da der Oberarm fa&#x017F;t ga&#x0364;nzlich abgenommen war,<lb/>
&#x017F;tellte &#x017F;ich der Puls&#x017F;chlag dennoch den dritten Tag wieder<lb/>
ein, und die Wa&#x0364;rme fing die Hand wieder zu beleben<lb/>
an <note place="foot" n="(n)">Chir. Anwei&#x017F;ung. <hi rendition="#aq">T. II.</hi> an-<lb/>
gef. Ort.</note>. An Hunden habe ich oft eine von beiden Hals-<lb/>
adern, oder beide zugleich unterbunden <note place="foot" n="(o)">Sowohl der beru&#x0364;mte Rob.<lb/><hi rendition="#fr">Emert,</hi> als der Gehu&#x0364;lfe in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Arbeiten, der beru&#x0364;mte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">pari&#x017F;ot</hi><lb/>
Journ. oecon. 1756. Januar.</hi></note>, ohne daß<lb/>
hierauf was u&#x0364;bles erfolgt wa&#x0364;re. Mit einem Ge&#x017F;chwul-<lb/>
&#x017F;te &#x017F;chnitte ein Wundarzt, ohne Schaden der Ge&#x017F;undheit,<lb/>
die Hals&#x017F;chlagader (<hi rendition="#aq">carotis</hi>) (und zugleich die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Dro&#x017F;&#x017F;elblutader) weg <note place="foot" n="(p)"><hi rendition="#fr">Schwenke</hi> S. 20.</note>.</p><lb/>
            <p>Jch fu&#x0364;re die&#x017F;es nur beila&#x0364;ufig an, denn die&#x017F;e Zu&#x017F;am-<lb/>
menha&#x0364;nge der Adern haben noch andre Eigen&#x017F;chaften an<lb/>
&#x017F;ich, welche eigentlicher hieher geho&#x0364;ren. Denn da zwo<lb/>
Schlagadern Ae&#x017F;te von &#x017F;ich werfen, die &#x017F;ich von entge-<lb/>
genge&#x017F;ezzten Seiten in einander begeben, &#x017F;o kann die<lb/>
Richtung, die das Blut durch die kleinen Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nimmt,<lb/>
de&#x017F;to leichter gea&#x0364;ndert werden. Wenn z. E. in einer<lb/>
oberwerts liegenden Schlagader die Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t, &#x017F;o wird das Geblu&#x0364;te unterwerts herab durch<lb/>
die zwote Schlagader, welche nun &#x017F;tatt einer Blutader<lb/>
dient, ablaufen ko&#x0364;nnen. J&#x017F;t es mit der untern, wie<lb/>
er&#x017F;t ge&#x017F;agt, be&#x017F;chaffen, &#x017F;o wird das Blut u&#x0364;ber &#x017F;ich hinauf<lb/>
zuru&#x0364;kke getrieben werden. Die&#x017F;es i&#x017F;t in der That keine<lb/>
theoreti&#x017F;che Vermutung, &#x017F;ondern Ver&#x017F;uche, und vorna&#x0364;m-<lb/>
lich un&#x017F;re eigne Ver&#x017F;uche <note place="foot" n="(q)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 66. 154. 173. Denn ob-<lb/><cb/>
gleich das Blut in der Ana&#x017F;tomo-<lb/>
&#x017F;is nicht einen gegen&#x017F;eitigen Weg<lb/>
genommen, &#x017F;o i&#x017F;t doch genung, daß<lb/>
die &#x017F;ta&#x0364;rkre Sa&#x0364;ule, in einerlei Ka-<lb/>
nale diejenige u&#x0364;berwa&#x0364;ltigt hat,<lb/>
welche &#x017F;chwa&#x0364;cher lief. Bei einer<lb/>
Ana&#x017F;tomo&#x017F;irung der Blutadern,<lb/>
habe ich die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung ge&#x017F;ehen.<lb/><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 132.</note>, be&#x017F;ta&#x0364;tigen die Sache aller-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 2</fw><fw place="bottom" type="catch">dings.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[451/0471] bewegten Blutes, in den Schlagadern. es war kein andrer Weg uͤbrig, um die immer wieder- kommende haͤufige Blutungen an der Schlagader des Daumens zu hemmen. Es trat naͤmlich das Blut durch beide Bogen der flachen Hand (m) aus dem Ellbogen- ſtamme in den Spindeladerſtamm in kurzer Zeit zuruͤkke. Selbſt da der Oberarm faſt gaͤnzlich abgenommen war, ſtellte ſich der Pulsſchlag dennoch den dritten Tag wieder ein, und die Waͤrme fing die Hand wieder zu beleben an (n). An Hunden habe ich oft eine von beiden Hals- adern, oder beide zugleich unterbunden (o), ohne daß hierauf was uͤbles erfolgt waͤre. Mit einem Geſchwul- ſte ſchnitte ein Wundarzt, ohne Schaden der Geſundheit, die Halsſchlagader (carotis) (und zugleich die aͤuſſere Droſſelblutader) weg (p). Jch fuͤre dieſes nur beilaͤufig an, denn dieſe Zuſam- menhaͤnge der Adern haben noch andre Eigenſchaften an ſich, welche eigentlicher hieher gehoͤren. Denn da zwo Schlagadern Aeſte von ſich werfen, die ſich von entge- gengeſezzten Seiten in einander begeben, ſo kann die Richtung, die das Blut durch die kleinen Gefaͤſſe nimmt, deſto leichter geaͤndert werden. Wenn z. E. in einer oberwerts liegenden Schlagader die Geſchwindigkeit groͤſſer iſt, ſo wird das Gebluͤte unterwerts herab durch die zwote Schlagader, welche nun ſtatt einer Blutader dient, ablaufen koͤnnen. Jſt es mit der untern, wie erſt geſagt, beſchaffen, ſo wird das Blut uͤber ſich hinauf zuruͤkke getrieben werden. Dieſes iſt in der That keine theoretiſche Vermutung, ſondern Verſuche, und vornaͤm- lich unſre eigne Verſuche (q), beſtaͤtigen die Sache aller- dings. (m) Ebendaſ. S. 28. 41. (n) Chir. Anweiſung. T. II. an- gef. Ort. (o) Sowohl der beruͤmte Rob. Emert, als der Gehuͤlfe in deſſen Arbeiten, der beruͤmte pariſot Journ. oecon. 1756. Januar. (p) Schwenke S. 20. (q) Exp. 66. 154. 173. Denn ob- gleich das Blut in der Anaſtomo- ſis nicht einen gegenſeitigen Weg genommen, ſo iſt doch genung, daß die ſtaͤrkre Saͤule, in einerlei Ka- nale diejenige uͤberwaͤltigt hat, welche ſchwaͤcher lief. Bei einer Anaſtomoſirung der Blutadern, habe ich dieſe Erſcheinung geſehen. Exp. 132. F f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/471
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/471>, abgerufen am 23.11.2024.