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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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in den Schlagadern.
um die Jrrtümer der alten zu vermeiden, zur Zeit hat
beschreiben müssen.

Hier ist nämlich zwischen dem Baue der Menschen
und Thiere ein Unterscheid. Zwar haben die meisten von
mir zerschnittnen Thiere in der Aorte einen Bogen, da,
wo diese Schlagader aus dem Herzen hervortritt; allein
die Aeste laufen an den Thieren anders, und es krümmt
sich ausserdem dieser Bogen in Vögeln nach der rechten
Hand zu. Jm Menschen neiget sich dagegen die Aorte,
sobald sie sich aus dem Herzen hervor begibt, ein wenig,
im Aufsteigen, auf die rechte Hand (r). Hierauf biegt
sich selbige und zwar immer mehr und mehr links weg,
und sie legt sich zugleich und schnell mehr in die Queere:
mit ihrem öbersten Ende senket sie sich links herab (s) und
zugleich dergestalt niederwerts, daß sie die Körper der
Rükkenwirbel erreicht, welche ihr fernerhin zur Unter-
stüzzung dienen. Sobald sie selbige berührt, so steiget
sie beinahe gerades Weges, aber doch zugleich ein wenig
rechter Hand oder vorwerts nieder, so daß sie sich mitten
über die Wirbelkörper oben auf legt. Man kann diese
Biegung unsrer grösten Schlagader nicht vollkommen
mit einer zweischenklichen krummen matematischen Linie
vergleichen. Sie nähert sich einer Parabel eben so we-
nig, da ihre Schenkel gar zu parallel laufen, und sie
ahmet auch keine Zirkelrundung nach (t), da ihr linker
Schenkel beinahe gerade, der rechte dagegen anfangs
auf die rechte Hand, und hierauf links eingebogen ist.
Dergleichen Krümmungen entstehen aber auch nicht ein-
zig und allein oder vornemlich von dem Stosse des Blu-
tes, da vielmehr die Hauptursache davon in dem Zellge-
webe liegt, welches diese Schlagader nach einer solchen

Figur
(r) [Spaltenumbruch] winslow Expos. T. III. Tr.
des arteres. n. 5. senac du coeur
T. IV. f. 1. icon. Anat. fasc. VI.

S. 1.
(s) Man lese von diesem Bogen
[Spaltenumbruch] hin und wieder, aber vornemlich
betrachte man ihn beim senac T.
IV. f.
1.
(t) Dies will michelot Com-
ment. Bonon. T. I.
S. 449. 450.

in den Schlagadern.
um die Jrrtuͤmer der alten zu vermeiden, zur Zeit hat
beſchreiben muͤſſen.

Hier iſt naͤmlich zwiſchen dem Baue der Menſchen
und Thiere ein Unterſcheid. Zwar haben die meiſten von
mir zerſchnittnen Thiere in der Aorte einen Bogen, da,
wo dieſe Schlagader aus dem Herzen hervortritt; allein
die Aeſte laufen an den Thieren anders, und es kruͤmmt
ſich auſſerdem dieſer Bogen in Voͤgeln nach der rechten
Hand zu. Jm Menſchen neiget ſich dagegen die Aorte,
ſobald ſie ſich aus dem Herzen hervor begibt, ein wenig,
im Aufſteigen, auf die rechte Hand (r). Hierauf biegt
ſich ſelbige und zwar immer mehr und mehr links weg,
und ſie legt ſich zugleich und ſchnell mehr in die Queere:
mit ihrem oͤberſten Ende ſenket ſie ſich links herab (s) und
zugleich dergeſtalt niederwerts, daß ſie die Koͤrper der
Ruͤkkenwirbel erreicht, welche ihr fernerhin zur Unter-
ſtuͤzzung dienen. Sobald ſie ſelbige beruͤhrt, ſo ſteiget
ſie beinahe gerades Weges, aber doch zugleich ein wenig
rechter Hand oder vorwerts nieder, ſo daß ſie ſich mitten
uͤber die Wirbelkoͤrper oben auf legt. Man kann dieſe
Biegung unſrer groͤſten Schlagader nicht vollkommen
mit einer zweiſchenklichen krummen matematiſchen Linie
vergleichen. Sie naͤhert ſich einer Parabel eben ſo we-
nig, da ihre Schenkel gar zu parallel laufen, und ſie
ahmet auch keine Zirkelrundung nach (t), da ihr linker
Schenkel beinahe gerade, der rechte dagegen anfangs
auf die rechte Hand, und hierauf links eingebogen iſt.
Dergleichen Kruͤmmungen entſtehen aber auch nicht ein-
zig und allein oder vornemlich von dem Stoſſe des Blu-
tes, da vielmehr die Haupturſache davon in dem Zellge-
webe liegt, welches dieſe Schlagader nach einer ſolchen

Figur
(r) [Spaltenumbruch] winſlow Expoſ. T. III. Tr.
des arteres. n. 5. ſenac du cœur
T. IV. f. 1. icon. Anat. faſc. VI.

S. 1.
(s) Man leſe von dieſem Bogen
[Spaltenumbruch] hin und wieder, aber vornemlich
betrachte man ihn beim ſenac T.
IV. f.
1.
(t) Dies will michelot Com-
ment. Bonon. T. I.
S. 449. 450.
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[253/0273] in den Schlagadern. um die Jrrtuͤmer der alten zu vermeiden, zur Zeit hat beſchreiben muͤſſen. Hier iſt naͤmlich zwiſchen dem Baue der Menſchen und Thiere ein Unterſcheid. Zwar haben die meiſten von mir zerſchnittnen Thiere in der Aorte einen Bogen, da, wo dieſe Schlagader aus dem Herzen hervortritt; allein die Aeſte laufen an den Thieren anders, und es kruͤmmt ſich auſſerdem dieſer Bogen in Voͤgeln nach der rechten Hand zu. Jm Menſchen neiget ſich dagegen die Aorte, ſobald ſie ſich aus dem Herzen hervor begibt, ein wenig, im Aufſteigen, auf die rechte Hand (r). Hierauf biegt ſich ſelbige und zwar immer mehr und mehr links weg, und ſie legt ſich zugleich und ſchnell mehr in die Queere: mit ihrem oͤberſten Ende ſenket ſie ſich links herab (s) und zugleich dergeſtalt niederwerts, daß ſie die Koͤrper der Ruͤkkenwirbel erreicht, welche ihr fernerhin zur Unter- ſtuͤzzung dienen. Sobald ſie ſelbige beruͤhrt, ſo ſteiget ſie beinahe gerades Weges, aber doch zugleich ein wenig rechter Hand oder vorwerts nieder, ſo daß ſie ſich mitten uͤber die Wirbelkoͤrper oben auf legt. Man kann dieſe Biegung unſrer groͤſten Schlagader nicht vollkommen mit einer zweiſchenklichen krummen matematiſchen Linie vergleichen. Sie naͤhert ſich einer Parabel eben ſo we- nig, da ihre Schenkel gar zu parallel laufen, und ſie ahmet auch keine Zirkelrundung nach (t), da ihr linker Schenkel beinahe gerade, der rechte dagegen anfangs auf die rechte Hand, und hierauf links eingebogen iſt. Dergleichen Kruͤmmungen entſtehen aber auch nicht ein- zig und allein oder vornemlich von dem Stoſſe des Blu- tes, da vielmehr die Haupturſache davon in dem Zellge- webe liegt, welches dieſe Schlagader nach einer ſolchen Figur (r) winſlow Expoſ. T. III. Tr. des arteres. n. 5. ſenac du cœur T. IV. f. 1. icon. Anat. faſc. VI. S. 1. (s) Man leſe von dieſem Bogen hin und wieder, aber vornemlich betrachte man ihn beim ſenac T. IV. f. 1. (t) Dies will michelot Com- ment. Bonon. T. I. S. 449. 450.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/273>, abgerufen am 22.05.2024.