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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Fünftes Buch. Das Blut.

Man hat vornämlich die faserhafte Natur des Blu-
tes durch einen zwiefachen Versuch zu bestätigen gesucht,
wenn man an dieser Meinung ein Belieben gefunden.
Es bildet nämlich der Kuchen, wenn sich das Blut aus
den Gefässen ergiesset, und von freien Stükken gerinnet,
gleichsam ein aus festen Theilen gewebtes Nezzgeflechte ab,
dessen Maschen mit dem Salzwasser angefüllt sind. Diese
feste Theilchen halten sie eben für Fasern. So hat
Malpighi (e), ein Schüler von diesem berümten Man-
ne (f), und so gar Malpighs Gegner, J. Hieronimus
Sbaralea (f*), beinahe auf einerlei Weise das Blutge-
flechte beschrieben. Ausser diesen sonderte ein ganz neuer
und berümter Schriftsteller, Vincent Menghin (g), auf
einem leinenen Tuche, durch hinzugegossenes Wasser, die
losgewaschne Kügelchen von den blutigen Fasern ab:
und es erhielte der vortrefliche Hieronimus David
Gaubius (h) aus dem kaltgewordnen und stillstehenden
Blute, welches er mit vielem kalten Wasser abgewaschen,
beinahe membranöse Fäden.

Ueberhaupt breitet sich Blut, wenn solches aus der
Nase tröpfelt, und in kaltes Wasser aufgefangen wird,
sogleich in eine ölige und gestreifte Rinde aus, welche in
dem Wasser oben auf schwimmt. Jndessen steigen doch
von solchem Flekken augenblikklich einige Linien im Was-
ser, und auf den Boden nieder, da sich diese Linien sonst
in warmen Wasser in Nebel, und in scharfem Weingeiste
in Häutchen verwandeln (i). Wird das Blut z. E. aus
einer geschlagnen Blutader am Fusse in grösserer Menge
in kaltes Wasser aufgefangen, so erscheinen die durchsich-

tige
(e) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 125. 126. de
polyp.
(f) I. Maria lancisivs angef.
Ort. S. 21. neuere Ausgabe.
(f*) Mentis et oculi vigil. S.
105. 106.
(g) Comment. Bonon. T. II. P. II.
S. 254.
(h) [Spaltenumbruch] S. 158. Fasern behauptet
ebenfals der unglükliche Shebreare
T. II. S. 20, woraus die Schlan-
genhaut, wie er vermutet, erzeu-
get werden soll.
(i) Anton de heyde Obs. 87.
senac T. II.
S. 103.
Fuͤnftes Buch. Das Blut.

Man hat vornaͤmlich die faſerhafte Natur des Blu-
tes durch einen zwiefachen Verſuch zu beſtaͤtigen geſucht,
wenn man an dieſer Meinung ein Belieben gefunden.
Es bildet naͤmlich der Kuchen, wenn ſich das Blut aus
den Gefaͤſſen ergieſſet, und von freien Stuͤkken gerinnet,
gleichſam ein aus feſten Theilen gewebtes Nezzgeflechte ab,
deſſen Maſchen mit dem Salzwaſſer angefuͤllt ſind. Dieſe
feſte Theilchen halten ſie eben fuͤr Faſern. So hat
Malpighi (e), ein Schuͤler von dieſem beruͤmten Man-
ne (f), und ſo gar Malpighs Gegner, J. Hieronimus
Sbaralea (f*), beinahe auf einerlei Weiſe das Blutge-
flechte beſchrieben. Auſſer dieſen ſonderte ein ganz neuer
und beruͤmter Schriftſteller, Vincent Menghin (g), auf
einem leinenen Tuche, durch hinzugegoſſenes Waſſer, die
losgewaſchne Kuͤgelchen von den blutigen Faſern ab:
und es erhielte der vortrefliche Hieronimus David
Gaubius (h) aus dem kaltgewordnen und ſtillſtehenden
Blute, welches er mit vielem kalten Waſſer abgewaſchen,
beinahe membranoͤſe Faͤden.

Ueberhaupt breitet ſich Blut, wenn ſolches aus der
Naſe troͤpfelt, und in kaltes Waſſer aufgefangen wird,
ſogleich in eine oͤlige und geſtreifte Rinde aus, welche in
dem Waſſer oben auf ſchwimmt. Jndeſſen ſteigen doch
von ſolchem Flekken augenblikklich einige Linien im Waſ-
ſer, und auf den Boden nieder, da ſich dieſe Linien ſonſt
in warmen Waſſer in Nebel, und in ſcharfem Weingeiſte
in Haͤutchen verwandeln (i). Wird das Blut z. E. aus
einer geſchlagnen Blutader am Fuſſe in groͤſſerer Menge
in kaltes Waſſer aufgefangen, ſo erſcheinen die durchſich-

tige
(e) [Spaltenumbruch] Angef. Ort. S. 125. 126. de
polyp.
(f) I. Maria lanciſivſ angef.
Ort. S. 21. neuere Ausgabe.
(f*) Mentis et oculi vigil. S.
105. 106.
(g) Comment. Bonon. T. II. P. II.
S. 254.
(h) [Spaltenumbruch] S. 158. Faſern behauptet
ebenfals der ungluͤkliche Shebreare
T. II. S. 20, woraus die Schlan-
genhaut, wie er vermutet, erzeu-
get werden ſoll.
(i) Anton de heyde Obſ. 87.
ſenac T. II.
S. 103.
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[110/0130] Fuͤnftes Buch. Das Blut. Man hat vornaͤmlich die faſerhafte Natur des Blu- tes durch einen zwiefachen Verſuch zu beſtaͤtigen geſucht, wenn man an dieſer Meinung ein Belieben gefunden. Es bildet naͤmlich der Kuchen, wenn ſich das Blut aus den Gefaͤſſen ergieſſet, und von freien Stuͤkken gerinnet, gleichſam ein aus feſten Theilen gewebtes Nezzgeflechte ab, deſſen Maſchen mit dem Salzwaſſer angefuͤllt ſind. Dieſe feſte Theilchen halten ſie eben fuͤr Faſern. So hat Malpighi (e), ein Schuͤler von dieſem beruͤmten Man- ne (f), und ſo gar Malpighs Gegner, J. Hieronimus Sbaralea (f*), beinahe auf einerlei Weiſe das Blutge- flechte beſchrieben. Auſſer dieſen ſonderte ein ganz neuer und beruͤmter Schriftſteller, Vincent Menghin (g), auf einem leinenen Tuche, durch hinzugegoſſenes Waſſer, die losgewaſchne Kuͤgelchen von den blutigen Faſern ab: und es erhielte der vortrefliche Hieronimus David Gaubius (h) aus dem kaltgewordnen und ſtillſtehenden Blute, welches er mit vielem kalten Waſſer abgewaſchen, beinahe membranoͤſe Faͤden. Ueberhaupt breitet ſich Blut, wenn ſolches aus der Naſe troͤpfelt, und in kaltes Waſſer aufgefangen wird, ſogleich in eine oͤlige und geſtreifte Rinde aus, welche in dem Waſſer oben auf ſchwimmt. Jndeſſen ſteigen doch von ſolchem Flekken augenblikklich einige Linien im Waſ- ſer, und auf den Boden nieder, da ſich dieſe Linien ſonſt in warmen Waſſer in Nebel, und in ſcharfem Weingeiſte in Haͤutchen verwandeln (i). Wird das Blut z. E. aus einer geſchlagnen Blutader am Fuſſe in groͤſſerer Menge in kaltes Waſſer aufgefangen, ſo erſcheinen die durchſich- tige (e) Angef. Ort. S. 125. 126. de polyp. (f) I. Maria lanciſivſ angef. Ort. S. 21. neuere Ausgabe. (f*) Mentis et oculi vigil. S. 105. 106. (g) Comment. Bonon. T. II. P. II. S. 254. (h) S. 158. Faſern behauptet ebenfals der ungluͤkliche Shebreare T. II. S. 20, woraus die Schlan- genhaut, wie er vermutet, erzeu- get werden ſoll. (i) Anton de heyde Obſ. 87. ſenac T. II. S. 103.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/130>, abgerufen am 03.05.2024.