Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Das Blut.
so wird man sehen, daß sowol diese gleichsam stufenweise
Verkleinerung der Gefässe, als auch die dahin einschla-
gende Auflösung der Kügelchen in immer kleinere Kügel-
chen, beide auf schwachen Grunde stehen. Jch will da-
mit gar nicht in Abrede seyn, daß es nicht zärtere Gefäß-
chen und damit übereinkommende Säfte geben sollte:
ich verlange nur, daß man von diesen Säften nicht be-
haupten könne, daß sie aus Kügelchen bestünden, oder
daß diese Kügelchen nach einer fortgehenden Leiter aus
roten Kügelchen erzeugt wären, und wieder in rote Kü-
gelchen vereinigt werden könnten. Uebrigens habe ich
selbst die aus ruhenden Kügelchen entstandne Gerinnun-
gen (p), und auch so gar die Art mit Augen gesehen, wie
die kleinsten Gefäschen, die erst wegen ihrer Bleichheit
unsichtbar scheinen, sichtbar und rothgefärbt werden, so-
bald sie von häufigern Blutströmen durchdrungen wer-
den. Kehrt man den Versuch um, so siehet man, wie
so gar rote Gefässe verschwinden können, wenn solchen
das Blut sparsamer zugefüret wird. Denn es nimmt
nicht nur die Röte mit der verminderten Menge der Kü-
gelchen ab, sondern es wächst auch zugleich die weisse
Farbe der Häute mit der Dikke dieser Häute (r).

§. 21.
Ob sich in dem Geblüte eines lebendigen Thie-
res Fasern antreffen lassen.

Fibern im Blute sind bereits eine alte Sache, in-
dem nicht nur der Verfasser des Buches de carnibus (s),
das man unter den hippokratischen Werken aufbewaret,
sondern auch Aristoteles schreibet, daß im Blute war-
mer Thiere, aber nicht eben so im Blute furchtsamer
Thiere (t), Fasern zu finden wären, und diese Fasern wä-
(q)

ren
(p) [Spaltenumbruch] B. 5. Abschn. I. §. 9.
(r) [Spaltenumbruch] Exper. 70. 77. 92.
(s) No. 9.
(t) Historia animal. L. III. c. 6.
De partibus anim. L. II. c.
4.
(q) Jn zalreichen Beispielen 71.
91. 92. 95. 183. u. f. Second Me-
moir.
u. f.

Fuͤnftes Buch. Das Blut.
ſo wird man ſehen, daß ſowol dieſe gleichſam ſtufenweiſe
Verkleinerung der Gefaͤſſe, als auch die dahin einſchla-
gende Aufloͤſung der Kuͤgelchen in immer kleinere Kuͤgel-
chen, beide auf ſchwachen Grunde ſtehen. Jch will da-
mit gar nicht in Abrede ſeyn, daß es nicht zaͤrtere Gefaͤß-
chen und damit uͤbereinkommende Saͤfte geben ſollte:
ich verlange nur, daß man von dieſen Saͤften nicht be-
haupten koͤnne, daß ſie aus Kuͤgelchen beſtuͤnden, oder
daß dieſe Kuͤgelchen nach einer fortgehenden Leiter aus
roten Kuͤgelchen erzeugt waͤren, und wieder in rote Kuͤ-
gelchen vereinigt werden koͤnnten. Uebrigens habe ich
ſelbſt die aus ruhenden Kuͤgelchen entſtandne Gerinnun-
gen (p), und auch ſo gar die Art mit Augen geſehen, wie
die kleinſten Gefaͤschen, die erſt wegen ihrer Bleichheit
unſichtbar ſcheinen, ſichtbar und rothgefaͤrbt werden, ſo-
bald ſie von haͤufigern Blutſtroͤmen durchdrungen wer-
den. Kehrt man den Verſuch um, ſo ſiehet man, wie
ſo gar rote Gefaͤſſe verſchwinden koͤnnen, wenn ſolchen
das Blut ſparſamer zugefuͤret wird. Denn es nimmt
nicht nur die Roͤte mit der verminderten Menge der Kuͤ-
gelchen ab, ſondern es waͤchſt auch zugleich die weiſſe
Farbe der Haͤute mit der Dikke dieſer Haͤute (r).

§. 21.
Ob ſich in dem Gebluͤte eines lebendigen Thie-
res Faſern antreffen laſſen.

Fibern im Blute ſind bereits eine alte Sache, in-
dem nicht nur der Verfaſſer des Buches de carnibus (s),
das man unter den hippokratiſchen Werken aufbewaret,
ſondern auch Ariſtoteles ſchreibet, daß im Blute war-
mer Thiere, aber nicht eben ſo im Blute furchtſamer
Thiere (t), Faſern zu finden waͤren, und dieſe Faſern waͤ-
(q)

ren
(p) [Spaltenumbruch] B. 5. Abſchn. I. §. 9.
(r) [Spaltenumbruch] Exper. 70. 77. 92.
(s) No. 9.
(t) Hiſtoria animal. L. III. c. 6.
De partibus anim. L. II. c.
4.
(q) Jn zalreichen Beiſpielen 71.
91. 92. 95. 183. u. f. Second Me-
moir.
u. f.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0128" n="108"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Buch. Das Blut.</hi></fw><lb/>
&#x017F;o wird man &#x017F;ehen, daß &#x017F;owol die&#x017F;e gleich&#x017F;am &#x017F;tufenwei&#x017F;e<lb/>
Verkleinerung der Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, als auch die dahin ein&#x017F;chla-<lb/>
gende Auflo&#x0364;&#x017F;ung der Ku&#x0364;gelchen in immer kleinere Ku&#x0364;gel-<lb/>
chen, beide auf &#x017F;chwachen Grunde &#x017F;tehen. Jch will da-<lb/>
mit gar nicht in Abrede &#x017F;eyn, daß es nicht za&#x0364;rtere Gefa&#x0364;ß-<lb/>
chen und damit u&#x0364;bereinkommende Sa&#x0364;fte geben &#x017F;ollte:<lb/>
ich verlange nur, daß man von die&#x017F;en Sa&#x0364;ften nicht be-<lb/>
haupten ko&#x0364;nne, daß &#x017F;ie aus Ku&#x0364;gelchen be&#x017F;tu&#x0364;nden, oder<lb/>
daß die&#x017F;e Ku&#x0364;gelchen nach einer fortgehenden Leiter aus<lb/>
roten Ku&#x0364;gelchen erzeugt wa&#x0364;ren, und wieder in rote Ku&#x0364;-<lb/>
gelchen vereinigt werden ko&#x0364;nnten. Uebrigens habe ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die aus ruhenden Ku&#x0364;gelchen ent&#x017F;tandne Gerinnun-<lb/>
gen <note place="foot" n="(p)"><cb/>
B. 5. Ab&#x017F;chn. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 9.</note>, und auch &#x017F;o gar die Art mit Augen ge&#x017F;ehen, wie<lb/>
die klein&#x017F;ten Gefa&#x0364;schen, die er&#x017F;t wegen ihrer Bleichheit<lb/>
un&#x017F;ichtbar &#x017F;cheinen, &#x017F;ichtbar und rothgefa&#x0364;rbt werden, &#x017F;o-<lb/>
bald &#x017F;ie von ha&#x0364;ufigern Blut&#x017F;tro&#x0364;men durchdrungen wer-<lb/>
den. Kehrt man den Ver&#x017F;uch um, &#x017F;o &#x017F;iehet man, wie<lb/>
&#x017F;o gar rote Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ver&#x017F;chwinden ko&#x0364;nnen, wenn &#x017F;olchen<lb/>
das Blut &#x017F;par&#x017F;amer zugefu&#x0364;ret wird. Denn es nimmt<lb/>
nicht nur die Ro&#x0364;te mit der verminderten Menge der Ku&#x0364;-<lb/>
gelchen ab, &#x017F;ondern es wa&#x0364;ch&#x017F;t auch zugleich die wei&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Farbe der Ha&#x0364;ute mit der Dikke die&#x017F;er Ha&#x0364;ute <note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq">Exper.</hi> 70. 77. 92.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 21.<lb/>
Ob &#x017F;ich in dem Geblu&#x0364;te eines lebendigen Thie-<lb/>
res Fa&#x017F;ern antreffen la&#x017F;&#x017F;en.</head><lb/>
            <p>Fibern im Blute &#x017F;ind bereits eine alte Sache, in-<lb/>
dem nicht nur der Verfa&#x017F;&#x017F;er des Buches <hi rendition="#aq">de carnibus</hi> <note place="foot" n="(s)">No. 9.</note>,<lb/>
das man unter den hippokrati&#x017F;chen Werken aufbewaret,<lb/>
&#x017F;ondern auch <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;toteles</hi> &#x017F;chreibet, daß im Blute war-<lb/>
mer Thiere, aber nicht eben &#x017F;o im Blute furcht&#x017F;amer<lb/>
Thiere <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toria animal. L. III. c. 6.<lb/>
De partibus anim. L. II. c.</hi> 4.</note>, Fa&#x017F;ern zu finden wa&#x0364;ren, und die&#x017F;e Fa&#x017F;ern wa&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ren</fw><lb/><note place="foot" n="(q)">Jn zalreichen Bei&#x017F;pielen 71.<lb/>
91. 92. 95. 183. u. f. <hi rendition="#aq">Second Me-<lb/>
moir.</hi> u. f.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0128] Fuͤnftes Buch. Das Blut. ſo wird man ſehen, daß ſowol dieſe gleichſam ſtufenweiſe Verkleinerung der Gefaͤſſe, als auch die dahin einſchla- gende Aufloͤſung der Kuͤgelchen in immer kleinere Kuͤgel- chen, beide auf ſchwachen Grunde ſtehen. Jch will da- mit gar nicht in Abrede ſeyn, daß es nicht zaͤrtere Gefaͤß- chen und damit uͤbereinkommende Saͤfte geben ſollte: ich verlange nur, daß man von dieſen Saͤften nicht be- haupten koͤnne, daß ſie aus Kuͤgelchen beſtuͤnden, oder daß dieſe Kuͤgelchen nach einer fortgehenden Leiter aus roten Kuͤgelchen erzeugt waͤren, und wieder in rote Kuͤ- gelchen vereinigt werden koͤnnten. Uebrigens habe ich ſelbſt die aus ruhenden Kuͤgelchen entſtandne Gerinnun- gen (p), und auch ſo gar die Art mit Augen geſehen, wie die kleinſten Gefaͤschen, die erſt wegen ihrer Bleichheit unſichtbar ſcheinen, ſichtbar und rothgefaͤrbt werden, ſo- bald ſie von haͤufigern Blutſtroͤmen durchdrungen wer- den. Kehrt man den Verſuch um, ſo ſiehet man, wie ſo gar rote Gefaͤſſe verſchwinden koͤnnen, wenn ſolchen das Blut ſparſamer zugefuͤret wird. Denn es nimmt nicht nur die Roͤte mit der verminderten Menge der Kuͤ- gelchen ab, ſondern es waͤchſt auch zugleich die weiſſe Farbe der Haͤute mit der Dikke dieſer Haͤute (r). §. 21. Ob ſich in dem Gebluͤte eines lebendigen Thie- res Faſern antreffen laſſen. Fibern im Blute ſind bereits eine alte Sache, in- dem nicht nur der Verfaſſer des Buches de carnibus (s), das man unter den hippokratiſchen Werken aufbewaret, ſondern auch Ariſtoteles ſchreibet, daß im Blute war- mer Thiere, aber nicht eben ſo im Blute furchtſamer Thiere (t), Faſern zu finden waͤren, und dieſe Faſern waͤ- ren (q) (p) B. 5. Abſchn. I. §. 9. (r) Exper. 70. 77. 92. (s) No. 9. (t) Hiſtoria animal. L. III. c. 6. De partibus anim. L. II. c. 4. (q) Jn zalreichen Beiſpielen 71. 91. 92. 95. 183. u. f. Second Me- moir. u. f.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/128
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/128>, abgerufen am 24.11.2024.