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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Das Blut darinnen.
grosser Mühe in vielen Thiergeschlechtern neue Bluttheile
beschrieben hat, so verdienet er nicht unbillig ebenfalls
seinen Ruhm.

§. 10.
Das Blut hat allerdings seine wirkliche, und ihm
wesentliche Grundstoffe.

Gemeiniglich haben neu erfundne Sachen, und hier-
innen geschicht ihnen eigentlich kein Unrecht, das Schik-
sal, daß man ihnen ein wenig langsam glauben will.
Es ist freilich aber besser, wenn man sich ein wenig auf
die Seite der Zweifler neiget, als wenn man neue, und
noch nicht von allen Seiten bevollmächtigte Meinungen,
unüberlegt, und ohne reife Untersuchung, geltend ma-
chen will. Aus dem Grunde haben einige geschrieben,
die roten Blutkügelchen wären nichts als Früchte einer
verfürerischen Beobachtung, und es gebe in unserm
Blute keine solche Stoffe, denen eine Rundung bestän-
dig eigen sei; hieher gehöret nun Nik. Hartsoeker (c),
welcher sonst kein gelinder Beurtheiler des Leeuwenhoeks
war, wie auch Elias Camerarius (d), der sich das
Gesezze gemacht hatte, Neuigkeiten nicht so blindlings
zu glauben. Es hat aber auch noch ohnlängst J. Za-
charias Platner (e), diese Zierde der Gelehrsamkeit, die
kugliche Stoffe im Blute zurükke gewiesen, und es schrieb
Archibald Adams (f) daß ihm das Geblüte nicht küg-
lig, sondern vielmehr ästig vorkäme. Jch verlange
aber nicht, daß man hier die roten Kügelchen in eben
dem Verstande nehme, wie man sie entweder nach dem
gemeinen Begriffe von den mehresten flüßigen Dingen,

oder
(c) [Spaltenumbruch] Extrait critique S. 5. er er-
klärt solches so, daß es von der
Beimischung fremdartiger Säfte
herrühret.
(d) Specim. medicin. eclect.
[Spaltenumbruch] Diss. IV.
S. 48. er sagt, die Bläs-
chen wären aus einem zähen We-
sen und aus Luft zusammengesezzt.
(e) De suppuration. cohib. n. 4.
(f) Philos. Transact. n. 325.
v. Hall. Phis. II. Th. F

Das Blut darinnen.
groſſer Muͤhe in vielen Thiergeſchlechtern neue Bluttheile
beſchrieben hat, ſo verdienet er nicht unbillig ebenfalls
ſeinen Ruhm.

§. 10.
Das Blut hat allerdings ſeine wirkliche, und ihm
weſentliche Grundſtoffe.

Gemeiniglich haben neu erfundne Sachen, und hier-
innen geſchicht ihnen eigentlich kein Unrecht, das Schik-
ſal, daß man ihnen ein wenig langſam glauben will.
Es iſt freilich aber beſſer, wenn man ſich ein wenig auf
die Seite der Zweifler neiget, als wenn man neue, und
noch nicht von allen Seiten bevollmaͤchtigte Meinungen,
unuͤberlegt, und ohne reife Unterſuchung, geltend ma-
chen will. Aus dem Grunde haben einige geſchrieben,
die roten Blutkuͤgelchen waͤren nichts als Fruͤchte einer
verfuͤreriſchen Beobachtung, und es gebe in unſerm
Blute keine ſolche Stoffe, denen eine Rundung beſtaͤn-
dig eigen ſei; hieher gehoͤret nun Nik. Hartſoeker (c),
welcher ſonſt kein gelinder Beurtheiler des Leeuwenhoeks
war, wie auch Elias Camerarius (d), der ſich das
Geſezze gemacht hatte, Neuigkeiten nicht ſo blindlings
zu glauben. Es hat aber auch noch ohnlaͤngſt J. Za-
charias Platner (e), dieſe Zierde der Gelehrſamkeit, die
kugliche Stoffe im Blute zuruͤkke gewieſen, und es ſchrieb
Archibald Adams (f) daß ihm das Gebluͤte nicht kuͤg-
lig, ſondern vielmehr aͤſtig vorkaͤme. Jch verlange
aber nicht, daß man hier die roten Kuͤgelchen in eben
dem Verſtande nehme, wie man ſie entweder nach dem
gemeinen Begriffe von den mehreſten fluͤßigen Dingen,

oder
(c) [Spaltenumbruch] Extrait critique S. 5. er er-
klaͤrt ſolches ſo, daß es von der
Beimiſchung fremdartiger Saͤfte
herruͤhret.
(d) Specim. medicin. eclect.
[Spaltenumbruch] Diſſ. IV.
S. 48. er ſagt, die Blaͤs-
chen waͤren aus einem zaͤhen We-
ſen und aus Luft zuſammengeſezzt.
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[81/0101] Das Blut darinnen. groſſer Muͤhe in vielen Thiergeſchlechtern neue Bluttheile beſchrieben hat, ſo verdienet er nicht unbillig ebenfalls ſeinen Ruhm. §. 10. Das Blut hat allerdings ſeine wirkliche, und ihm weſentliche Grundſtoffe. Gemeiniglich haben neu erfundne Sachen, und hier- innen geſchicht ihnen eigentlich kein Unrecht, das Schik- ſal, daß man ihnen ein wenig langſam glauben will. Es iſt freilich aber beſſer, wenn man ſich ein wenig auf die Seite der Zweifler neiget, als wenn man neue, und noch nicht von allen Seiten bevollmaͤchtigte Meinungen, unuͤberlegt, und ohne reife Unterſuchung, geltend ma- chen will. Aus dem Grunde haben einige geſchrieben, die roten Blutkuͤgelchen waͤren nichts als Fruͤchte einer verfuͤreriſchen Beobachtung, und es gebe in unſerm Blute keine ſolche Stoffe, denen eine Rundung beſtaͤn- dig eigen ſei; hieher gehoͤret nun Nik. Hartſoeker (c), welcher ſonſt kein gelinder Beurtheiler des Leeuwenhoeks war, wie auch Elias Camerarius (d), der ſich das Geſezze gemacht hatte, Neuigkeiten nicht ſo blindlings zu glauben. Es hat aber auch noch ohnlaͤngſt J. Za- charias Platner (e), dieſe Zierde der Gelehrſamkeit, die kugliche Stoffe im Blute zuruͤkke gewieſen, und es ſchrieb Archibald Adams (f) daß ihm das Gebluͤte nicht kuͤg- lig, ſondern vielmehr aͤſtig vorkaͤme. Jch verlange aber nicht, daß man hier die roten Kuͤgelchen in eben dem Verſtande nehme, wie man ſie entweder nach dem gemeinen Begriffe von den mehreſten fluͤßigen Dingen, oder (c) Extrait critique S. 5. er er- klaͤrt ſolches ſo, daß es von der Beimiſchung fremdartiger Saͤfte herruͤhret. (d) Specim. medicin. eclect. Diſſ. IV. S. 48. er ſagt, die Blaͤs- chen waͤren aus einem zaͤhen We- ſen und aus Luft zuſammengeſezzt. (e) De ſuppuration. cohib. n. 4. (f) Philoſ. Transact. n. 325. v. Hall. Phiſ. II. Th. F

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/101>, abgerufen am 24.11.2024.