Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Ursachen des Herzschlages.
beschreibet (u), und der an dem kleinen Gehirne entstan-
dene kalte Brand, dessen Bonetus (u*) gedenket, noch
später, und erst nach eilf Tagen den Tod zuwege gebracht.
Es höret aber auch der Herzschlag nicht einmal bei einem
erwachsnen Thiere, oder in der Leibesfrucht auf, wenn
man die ganze Gehirnmasse herausnimmt (x), oder die
Blase vernichtet, woraus sich künftig das Gehirn bil-
den soll (y).

Ueber dieses haben auch die dem Herzen zugehörige
Nerven in der That einen ganz andern Ursprung, als
nach der Willisischen Theorie erfordert wird. Denn
es kommen eben so wenig die Nerven, welche vor die
Werkzeuge des Lebens bestimmet sind, aus dem kleinen Ge-
hirne allein hervor, als diejenigen Nerven, die zum Dienst
der Seele verordnet sind, allein aus dem grossen Gehir-
ne ihren Ursprung erhalten: es finden sich auch überhaupt
im ganzen menschlichen Körper keine Nerven, die man,
ohne einen Jrrthum zu begehen, entweder Nerven des
Lebens, oder des Willens nennen könnte.

Es kommt zwar in der That das fünfte Nervenpaar
aus denen Schenkeln des kleinen Gehirns hervor. Es
ist aber der erste Fortsaz dieses Paares ganz und gar thie-
risch, oder er wird zu den Werkzeugen der Sinnen und
der willkührlichen Muskeln angewendet. Hiernächst
hilft auch der andere Ast dieses Stammes, nur mit einem
einzigen kleinen Zweiglein, den Jntercostalnerven vergrös-
sern, hingegen begiebt er sich mit allen übrigen Fortsäz-
zen nach denen Nasenhölen, dem Gaumen, und denen
Muskeln des Angesichts und des Zäpfchens. Endlich
(z)

ver-
(u) [Spaltenumbruch] Jn einem eignen Werkchen.
(u*) Prodrom anat. pract c. 41.
(x) Nachdem die ganze Gehirn-
masse weggenommen worden, leb-
te ein Hund noch drei Stunden.
Woodward am angef. Ort S. 80.
(y) [Spaltenumbruch] Octav. savioli in Lucubrat.
S. 25. am klopfenden Puncte in
dem bebrüteten Ey.
(z) Icon. anat. Fascic. VII. T.
I. V.
M m m

Urſachen des Herzſchlages.
beſchreibet (u), und der an dem kleinen Gehirne entſtan-
dene kalte Brand, deſſen Bonetus (u*) gedenket, noch
ſpaͤter, und erſt nach eilf Tagen den Tod zuwege gebracht.
Es hoͤret aber auch der Herzſchlag nicht einmal bei einem
erwachsnen Thiere, oder in der Leibesfrucht auf, wenn
man die ganze Gehirnmaſſe herausnimmt (x), oder die
Blaſe vernichtet, woraus ſich kuͤnftig das Gehirn bil-
den ſoll (y).

Ueber dieſes haben auch die dem Herzen zugehoͤrige
Nerven in der That einen ganz andern Urſprung, als
nach der Williſiſchen Theorie erfordert wird. Denn
es kommen eben ſo wenig die Nerven, welche vor die
Werkzeuge des Lebens beſtimmet ſind, aus dem kleinen Ge-
hirne allein hervor, als diejenigen Nerven, die zum Dienſt
der Seele verordnet ſind, allein aus dem groſſen Gehir-
ne ihren Urſprung erhalten: es finden ſich auch uͤberhaupt
im ganzen menſchlichen Koͤrper keine Nerven, die man,
ohne einen Jrrthum zu begehen, entweder Nerven des
Lebens, oder des Willens nennen koͤnnte.

Es kommt zwar in der That das fuͤnfte Nervenpaar
aus denen Schenkeln des kleinen Gehirns hervor. Es
iſt aber der erſte Fortſaz dieſes Paares ganz und gar thie-
riſch, oder er wird zu den Werkzeugen der Sinnen und
der willkuͤhrlichen Muskeln angewendet. Hiernaͤchſt
hilft auch der andere Aſt dieſes Stammes, nur mit einem
einzigen kleinen Zweiglein, den Jntercoſtalnerven vergroͤſ-
ſern, hingegen begiebt er ſich mit allen uͤbrigen Fortſaͤz-
zen nach denen Naſenhoͤlen, dem Gaumen, und denen
Muskeln des Angeſichts und des Zaͤpfchens. Endlich
(z)

ver-
(u) [Spaltenumbruch] Jn einem eignen Werkchen.
(u*) Prodrom anat. pract c. 41.
(x) Nachdem die ganze Gehirn-
maſſe weggenommen worden, leb-
te ein Hund noch drei Stunden.
Woodward am angef. Ort S. 80.
(y) [Spaltenumbruch] Octav. savioli in Lucubrat.
S. 25. am klopfenden Puncte in
dem bebruͤteten Ey.
(z) Icon. anat. Faſcic. VII. T.
I. V.
M m m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0969" n="913"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ur&#x017F;achen des Herz&#x017F;chlages.</hi></fw><lb/>
be&#x017F;chreibet <note place="foot" n="(u)"><cb/>
Jn einem eignen Werkchen.</note>, und der an dem kleinen Gehirne ent&#x017F;tan-<lb/>
dene kalte Brand, de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Bonetus</hi> <note place="foot" n="(u*)"><hi rendition="#aq">Prodrom anat. pract c.</hi> 41.</note> gedenket, noch<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;ter, und er&#x017F;t nach eilf Tagen den Tod zuwege gebracht.<lb/>
Es ho&#x0364;ret aber auch der Herz&#x017F;chlag nicht einmal bei einem<lb/>
erwachsnen Thiere, oder in der Leibesfrucht auf, wenn<lb/>
man die ganze Gehirnma&#x017F;&#x017F;e herausnimmt <note place="foot" n="(x)">Nachdem die ganze Gehirn-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;e weggenommen worden, leb-<lb/>
te ein Hund noch drei Stunden.<lb/><hi rendition="#fr">Woodward</hi> am angef. Ort S. 80.</note>, oder die<lb/>
Bla&#x017F;e vernichtet, woraus &#x017F;ich ku&#x0364;nftig das Gehirn bil-<lb/>
den &#x017F;oll <note place="foot" n="(y)"><cb/><hi rendition="#aq">Octav. <hi rendition="#k">savioli</hi> in Lucubrat.</hi><lb/>
S. 25. am klopfenden Puncte in<lb/>
dem bebru&#x0364;teten Ey.</note>.</p><lb/>
            <p>Ueber die&#x017F;es haben auch die dem Herzen zugeho&#x0364;rige<lb/>
Nerven in der That einen ganz andern Ur&#x017F;prung, als<lb/>
nach der <hi rendition="#fr">Willi&#x017F;i&#x017F;chen</hi> Theorie erfordert wird. Denn<lb/>
es kommen eben &#x017F;o wenig die Nerven, welche vor die<lb/>
Werkzeuge des Lebens be&#x017F;timmet &#x017F;ind, aus dem kleinen Ge-<lb/>
hirne allein hervor, als diejenigen Nerven, die zum Dien&#x017F;t<lb/>
der Seele verordnet &#x017F;ind, allein aus dem gro&#x017F;&#x017F;en Gehir-<lb/>
ne ihren Ur&#x017F;prung erhalten: es finden &#x017F;ich auch u&#x0364;berhaupt<lb/>
im ganzen men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rper keine Nerven, die man,<lb/>
ohne einen Jrrthum zu begehen, entweder Nerven des<lb/>
Lebens, oder des Willens nennen ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
            <p>Es kommt zwar in der That das fu&#x0364;nfte Nervenpaar<lb/>
aus denen Schenkeln des kleinen Gehirns hervor. Es<lb/>
i&#x017F;t aber der er&#x017F;te Fort&#x017F;az die&#x017F;es Paares ganz und gar thie-<lb/>
ri&#x017F;ch, oder er wird zu den Werkzeugen der Sinnen und<lb/>
der willku&#x0364;hrlichen Muskeln angewendet. Hierna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
hilft auch der andere A&#x017F;t die&#x017F;es Stammes, nur mit einem<lb/>
einzigen kleinen Zweiglein, den Jnterco&#x017F;talnerven vergro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern, hingegen begiebt er &#x017F;ich mit allen u&#x0364;brigen Fort&#x017F;a&#x0364;z-<lb/>
zen nach denen Na&#x017F;enho&#x0364;len, dem Gaumen, und denen<lb/>
Muskeln des Ange&#x017F;ichts und des Za&#x0364;pfchens. Endlich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/><note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">Icon. anat. Fa&#x017F;cic. VII. T.<lb/>
I. V.</hi></note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m m</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[913/0969] Urſachen des Herzſchlages. beſchreibet (u), und der an dem kleinen Gehirne entſtan- dene kalte Brand, deſſen Bonetus (u*) gedenket, noch ſpaͤter, und erſt nach eilf Tagen den Tod zuwege gebracht. Es hoͤret aber auch der Herzſchlag nicht einmal bei einem erwachsnen Thiere, oder in der Leibesfrucht auf, wenn man die ganze Gehirnmaſſe herausnimmt (x), oder die Blaſe vernichtet, woraus ſich kuͤnftig das Gehirn bil- den ſoll (y). Ueber dieſes haben auch die dem Herzen zugehoͤrige Nerven in der That einen ganz andern Urſprung, als nach der Williſiſchen Theorie erfordert wird. Denn es kommen eben ſo wenig die Nerven, welche vor die Werkzeuge des Lebens beſtimmet ſind, aus dem kleinen Ge- hirne allein hervor, als diejenigen Nerven, die zum Dienſt der Seele verordnet ſind, allein aus dem groſſen Gehir- ne ihren Urſprung erhalten: es finden ſich auch uͤberhaupt im ganzen menſchlichen Koͤrper keine Nerven, die man, ohne einen Jrrthum zu begehen, entweder Nerven des Lebens, oder des Willens nennen koͤnnte. Es kommt zwar in der That das fuͤnfte Nervenpaar aus denen Schenkeln des kleinen Gehirns hervor. Es iſt aber der erſte Fortſaz dieſes Paares ganz und gar thie- riſch, oder er wird zu den Werkzeugen der Sinnen und der willkuͤhrlichen Muskeln angewendet. Hiernaͤchſt hilft auch der andere Aſt dieſes Stammes, nur mit einem einzigen kleinen Zweiglein, den Jntercoſtalnerven vergroͤſ- ſern, hingegen begiebt er ſich mit allen uͤbrigen Fortſaͤz- zen nach denen Naſenhoͤlen, dem Gaumen, und denen Muskeln des Angeſichts und des Zaͤpfchens. Endlich ver- (z) (u) Jn einem eignen Werkchen. (u*) Prodrom anat. pract c. 41. (x) Nachdem die ganze Gehirn- maſſe weggenommen worden, leb- te ein Hund noch drei Stunden. Woodward am angef. Ort S. 80. (y) Octav. savioli in Lucubrat. S. 25. am klopfenden Puncte in dem bebruͤteten Ey. (z) Icon. anat. Faſcic. VII. T. I. V. M m m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/969
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/969>, abgerufen am 21.05.2024.