Der andere von obgedachten beiden Wegen, welcher der vornehmste ist, gehet hingegen wirklich aus dem rech- ten Herzohre in die Kammer, die sich in eben dieser Sei- te befindet. Denn es öfnet sich der Klappenring (n), der sich in der Mündung befindet, die nach dieser Kam- mer hingehet, gerade in der Mitten, und giebt dem Blu- te des Ohres, welches durch seine leere Oefnung im lich- ten durchströmt, leichtlich nach, und eröfnet sich um so viel mehr, wenn eben dieser Blutkegel, der von der Ach- se her entgegen treibet, von der Mitte der Mündung des Ringes auswärts, gegen die Wände des Herzens, diesen beweglichen Ring fortstösset, und sich selbst also Plaz macht. Es bewegt sich nämlich eine jede Flüßig- keit, die in einem biegsamen Kanal befindlich ist, nach solchen Linien, die mit der Achse des Kanals senkrecht fortgehen. Jn unsrem Exempel hingegen wenden sich diese Radii von allen Seiten nach dem Klappenring zu, und wenn sie diesen angestossen haben, so gehen sie in die Wände des Herzens.
Es bestätigen aber auch die kurz zuvor angeführten Krankheiten (o), daß das Blut diesen Weg nehme. Denn es veranlassen die in dieser Kammer entstandne Hin- dernisse, daß das rechte Herzohr aufschwellen muß, wel- ches ein offenbarer Beweis ist, daß das Blut aus diesem Ohre in die mit ihm in eins fortlaufende Kammer ge- kommen, durch die daselbst vorhanden gewesene Hinder- niß aber genöthigt worden sey, sich da zu verweilen, und da es in dem Herzohre in etwas stille gestanden, seine ausdehnende Kraft gegen dasselbe ausgeübet habe.
Ohnerachtet nun aber diese Gründe an sich bündig ge- nung sind, so ist dennoch auch das noch viel stärkre Au- genzeugnis übrig. Diesem zu Folge siehet man ganz deut- lich, daß in den Fröschen und Fischen, ingleichen in be-
brü-
(n) §. 6. des 3ten Abschnitts.
(o) Jm Exempel, das der vortrefliche Senac anführet.
Viertes Buch. Das Herz.
Der andere von obgedachten beiden Wegen, welcher der vornehmſte iſt, gehet hingegen wirklich aus dem rech- ten Herzohre in die Kammer, die ſich in eben dieſer Sei- te befindet. Denn es oͤfnet ſich der Klappenring (n), der ſich in der Muͤndung befindet, die nach dieſer Kam- mer hingehet, gerade in der Mitten, und giebt dem Blu- te des Ohres, welches durch ſeine leere Oefnung im lich- ten durchſtroͤmt, leichtlich nach, und eroͤfnet ſich um ſo viel mehr, wenn eben dieſer Blutkegel, der von der Ach- ſe her entgegen treibet, von der Mitte der Muͤndung des Ringes auswaͤrts, gegen die Waͤnde des Herzens, dieſen beweglichen Ring fortſtoͤſſet, und ſich ſelbſt alſo Plaz macht. Es bewegt ſich naͤmlich eine jede Fluͤßig- keit, die in einem biegſamen Kanal befindlich iſt, nach ſolchen Linien, die mit der Achſe des Kanals ſenkrecht fortgehen. Jn unſrem Exempel hingegen wenden ſich dieſe Radii von allen Seiten nach dem Klappenring zu, und wenn ſie dieſen angeſtoſſen haben, ſo gehen ſie in die Waͤnde des Herzens.
Es beſtaͤtigen aber auch die kurz zuvor angefuͤhrten Krankheiten (o), daß das Blut dieſen Weg nehme. Denn es veranlaſſen die in dieſer Kammer entſtandne Hin- derniſſe, daß das rechte Herzohr aufſchwellen muß, wel- ches ein offenbarer Beweis iſt, daß das Blut aus dieſem Ohre in die mit ihm in eins fortlaufende Kammer ge- kommen, durch die daſelbſt vorhanden geweſene Hinder- niß aber genoͤthigt worden ſey, ſich da zu verweilen, und da es in dem Herzohre in etwas ſtille geſtanden, ſeine ausdehnende Kraft gegen daſſelbe ausgeuͤbet habe.
Ohnerachtet nun aber dieſe Gruͤnde an ſich buͤndig ge- nung ſind, ſo iſt dennoch auch das noch viel ſtaͤrkre Au- genzeugnis uͤbrig. Dieſem zu Folge ſiehet man ganz deut- lich, daß in den Froͤſchen und Fiſchen, ingleichen in be-
bruͤ-
(n) §. 6. des 3ten Abſchnitts.
(o) Jm Exempel, das der vortrefliche Senac anfuͤhret.
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Viertes Buch. Das Herz.
Der andere von obgedachten beiden Wegen, welcher
der vornehmſte iſt, gehet hingegen wirklich aus dem rech-
ten Herzohre in die Kammer, die ſich in eben dieſer Sei-
te befindet. Denn es oͤfnet ſich der Klappenring (n),
der ſich in der Muͤndung befindet, die nach dieſer Kam-
mer hingehet, gerade in der Mitten, und giebt dem Blu-
te des Ohres, welches durch ſeine leere Oefnung im lich-
ten durchſtroͤmt, leichtlich nach, und eroͤfnet ſich um ſo
viel mehr, wenn eben dieſer Blutkegel, der von der Ach-
ſe her entgegen treibet, von der Mitte der Muͤndung
des Ringes auswaͤrts, gegen die Waͤnde des Herzens,
dieſen beweglichen Ring fortſtoͤſſet, und ſich ſelbſt alſo
Plaz macht. Es bewegt ſich naͤmlich eine jede Fluͤßig-
keit, die in einem biegſamen Kanal befindlich iſt, nach
ſolchen Linien, die mit der Achſe des Kanals ſenkrecht
fortgehen. Jn unſrem Exempel hingegen wenden ſich
dieſe Radii von allen Seiten nach dem Klappenring zu,
und wenn ſie dieſen angeſtoſſen haben, ſo gehen ſie in die
Waͤnde des Herzens.
Es beſtaͤtigen aber auch die kurz zuvor angefuͤhrten
Krankheiten (o), daß das Blut dieſen Weg nehme.
Denn es veranlaſſen die in dieſer Kammer entſtandne Hin-
derniſſe, daß das rechte Herzohr aufſchwellen muß, wel-
ches ein offenbarer Beweis iſt, daß das Blut aus dieſem
Ohre in die mit ihm in eins fortlaufende Kammer ge-
kommen, durch die daſelbſt vorhanden geweſene Hinder-
niß aber genoͤthigt worden ſey, ſich da zu verweilen, und
da es in dem Herzohre in etwas ſtille geſtanden, ſeine
ausdehnende Kraft gegen daſſelbe ausgeuͤbet habe.
Ohnerachtet nun aber dieſe Gruͤnde an ſich buͤndig ge-
nung ſind, ſo iſt dennoch auch das noch viel ſtaͤrkre Au-
genzeugnis uͤbrig. Dieſem zu Folge ſiehet man ganz deut-
lich, daß in den Froͤſchen und Fiſchen, ingleichen in be-
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 766. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/822>, abgerufen am 23.11.2024.
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