Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Herzohren.
thum, und lieferte dagegen sehr gute Abbildungen (z).
Auf gleiche Art haben sich sowol Cantius (a), als auch
J. Benignus Winslow (b), hierüber erkläret, und der
lezte veränderte die Namen der Kammern nach der na-
türlichen Beschaffenheit, worinnen ihm auch der ganze
Haufe der Neuern (c), wie es fast allezeit zu geschehen
pflegt, bisher immer gefolget ist.

Ohnerachtet nun dieses in der That die wahre Lage
des Herzens ist, so müssen wir dennoch, weil es sowol
in der Phisiologie, als auch zur Erkenntnis derer Krank-
heiten des Herzens von grosser Wichtigkeit ist, annoch
hinzufügen, wie diese Lage auch verändert werden könne.
Erstlich muß also das Herz mit der Bewegung des
Zwerchfelles ebenfalls seine Richtung ändern, und zwar
etwas weniger bei gesunden Menschen und unter schwa-
chen Einathmungen, desto mehr aber bei solchen, die
schwer Athem holen. Es ist zu verwundern, und derje-
nige, der es nicht selbst gesehen, wird es schwerlich glan-
ben, wie heftig das Herz, indem das Thier die Luft ein-
athmet, mit dem Zwerchfelle nieder- und rükwärts be-
wegt werde: und wie heftig es endlich, wenn sich die
Brust bei dem Ausathmen verengert, wieder auf- und
vorwärts gezogen, und von der Brust weggetrieben
werde.

Ferner fällt auch das Herz an einem fürnämlich auf
dem Rükken liegenden Menschen von dem Brustbeine ge-
gen den Rükgrad zurükke, und auf die Aorte hin. Beu-
gen wir den Körper vorwärts, so neiget es sich eben so
(d)

wie-
(z) [Spaltenumbruch] Thes. anat. IV. T. III.
(a) Impet. anat. T. IV.
(b) Winslow Mem. de l'Acad.
des scienc.
am angef. Ort. Expos.
am angef. Ort. n. 75.
(c) [Spaltenumbruch] Cheselden am angef. Ort,
T. XXI. Garengeot Splanchnol.
T. II. T.
11. 14.
(d) Siehe in dem Second Mem,
sur les parties irritables & sensi-
bles, Exp.
507. 508. 509.
O o

Die Herzohren.
thum, und lieferte dagegen ſehr gute Abbildungen (z).
Auf gleiche Art haben ſich ſowol Cantius (a), als auch
J. Benignus Winslow (b), hieruͤber erklaͤret, und der
lezte veraͤnderte die Namen der Kammern nach der na-
tuͤrlichen Beſchaffenheit, worinnen ihm auch der ganze
Haufe der Neuern (c), wie es faſt allezeit zu geſchehen
pflegt, bisher immer gefolget iſt.

Ohnerachtet nun dieſes in der That die wahre Lage
des Herzens iſt, ſo muͤſſen wir dennoch, weil es ſowol
in der Phiſiologie, als auch zur Erkenntnis derer Krank-
heiten des Herzens von groſſer Wichtigkeit iſt, annoch
hinzufuͤgen, wie dieſe Lage auch veraͤndert werden koͤnne.
Erſtlich muß alſo das Herz mit der Bewegung des
Zwerchfelles ebenfalls ſeine Richtung aͤndern, und zwar
etwas weniger bei geſunden Menſchen und unter ſchwa-
chen Einathmungen, deſto mehr aber bei ſolchen, die
ſchwer Athem holen. Es iſt zu verwundern, und derje-
nige, der es nicht ſelbſt geſehen, wird es ſchwerlich glan-
ben, wie heftig das Herz, indem das Thier die Luft ein-
athmet, mit dem Zwerchfelle nieder- und ruͤkwaͤrts be-
wegt werde: und wie heftig es endlich, wenn ſich die
Bruſt bei dem Ausathmen verengert, wieder auf- und
vorwaͤrts gezogen, und von der Bruſt weggetrieben
werde.

Ferner faͤllt auch das Herz an einem fuͤrnaͤmlich auf
dem Ruͤkken liegenden Menſchen von dem Bruſtbeine ge-
gen den Ruͤkgrad zuruͤkke, und auf die Aorte hin. Beu-
gen wir den Koͤrper vorwaͤrts, ſo neiget es ſich eben ſo
(d)

wie-
(z) [Spaltenumbruch] Theſ. anat. IV. T. III.
(a) Impet. anat. T. IV.
(b) Winslow Mem. de l’Acad.
des ſcienc.
am angef. Ort. Expoſ.
am angef. Ort. n. 75.
(c) [Spaltenumbruch] Cheſelden am angef. Ort,
T. XXI. Garengeot Splanchnol.
T. II. T.
11. 14.
(d) Siehe in dem Second Mem,
ſur les parties irritables & ſenſi-
bles, Exp.
507. 508. 509.
O o
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0633" n="577"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Herzohren.</hi></fw><lb/>
thum, und lieferte dagegen &#x017F;ehr gute Abbildungen <note place="foot" n="(z)"><cb/><hi rendition="#aq">The&#x017F;. anat. IV. T. III.</hi></note>.<lb/>
Auf gleiche Art haben &#x017F;ich &#x017F;owol <hi rendition="#fr">Cantius</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Impet. anat. T. IV.</hi></note>, als auch<lb/>
J. Benignus <hi rendition="#fr">Winslow</hi> <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#fr">Winslow</hi><hi rendition="#aq">Mem. de l&#x2019;Acad.<lb/>
des &#x017F;cienc.</hi> am angef. Ort. <hi rendition="#aq">Expo&#x017F;.</hi><lb/>
am angef. Ort. <hi rendition="#aq">n.</hi> 75.</note>, hieru&#x0364;ber erkla&#x0364;ret, und der<lb/>
lezte vera&#x0364;nderte die Namen der Kammern nach der na-<lb/>
tu&#x0364;rlichen Be&#x017F;chaffenheit, worinnen ihm auch der ganze<lb/>
Haufe der Neuern <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#fr">Che&#x017F;elden</hi> am angef. Ort,<lb/><hi rendition="#aq">T. XXI.</hi> <hi rendition="#fr">Garengeot</hi> <hi rendition="#aq">Splanchnol.<lb/>
T. II. T.</hi> 11. 14.</note>, wie es fa&#x017F;t allezeit zu ge&#x017F;chehen<lb/>
pflegt, bisher immer gefolget i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Ohnerachtet nun die&#x017F;es in der That die wahre Lage<lb/>
des Herzens i&#x017F;t, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir dennoch, weil es &#x017F;owol<lb/>
in der Phi&#x017F;iologie, als auch zur Erkenntnis derer Krank-<lb/>
heiten des Herzens von gro&#x017F;&#x017F;er Wichtigkeit i&#x017F;t, annoch<lb/>
hinzufu&#x0364;gen, wie die&#x017F;e Lage auch vera&#x0364;ndert werden ko&#x0364;nne.<lb/>
Er&#x017F;tlich muß al&#x017F;o das Herz mit der Bewegung des<lb/>
Zwerchfelles ebenfalls &#x017F;eine Richtung a&#x0364;ndern, und zwar<lb/>
etwas weniger bei ge&#x017F;unden Men&#x017F;chen und unter &#x017F;chwa-<lb/>
chen Einathmungen, de&#x017F;to mehr aber bei &#x017F;olchen, die<lb/>
&#x017F;chwer Athem holen. Es i&#x017F;t zu verwundern, und derje-<lb/>
nige, der es nicht &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehen, wird es &#x017F;chwerlich glan-<lb/>
ben, wie heftig das Herz, indem das Thier die Luft ein-<lb/>
athmet, mit dem Zwerchfelle nieder- und ru&#x0364;kwa&#x0364;rts be-<lb/>
wegt werde: und wie heftig es endlich, wenn &#x017F;ich die<lb/>
Bru&#x017F;t bei dem Ausathmen verengert, wieder auf- und<lb/>
vorwa&#x0364;rts gezogen, und von der Bru&#x017F;t weggetrieben<lb/>
werde.</p><lb/>
            <p>Ferner fa&#x0364;llt auch das Herz an einem fu&#x0364;rna&#x0364;mlich auf<lb/>
dem Ru&#x0364;kken liegenden Men&#x017F;chen von dem Bru&#x017F;tbeine ge-<lb/>
gen den Ru&#x0364;kgrad zuru&#x0364;kke, und auf die Aorte hin. Beu-<lb/>
gen wir den Ko&#x0364;rper vorwa&#x0364;rts, &#x017F;o neiget es &#x017F;ich eben &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie-</fw><lb/><note place="foot" n="(d)">Siehe in dem <hi rendition="#aq">Second Mem,<lb/>
&#x017F;ur les parties irritables &amp; &#x017F;en&#x017F;i-<lb/>
bles, Exp.</hi> 507. 508. 509.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O o</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[577/0633] Die Herzohren. thum, und lieferte dagegen ſehr gute Abbildungen (z). Auf gleiche Art haben ſich ſowol Cantius (a), als auch J. Benignus Winslow (b), hieruͤber erklaͤret, und der lezte veraͤnderte die Namen der Kammern nach der na- tuͤrlichen Beſchaffenheit, worinnen ihm auch der ganze Haufe der Neuern (c), wie es faſt allezeit zu geſchehen pflegt, bisher immer gefolget iſt. Ohnerachtet nun dieſes in der That die wahre Lage des Herzens iſt, ſo muͤſſen wir dennoch, weil es ſowol in der Phiſiologie, als auch zur Erkenntnis derer Krank- heiten des Herzens von groſſer Wichtigkeit iſt, annoch hinzufuͤgen, wie dieſe Lage auch veraͤndert werden koͤnne. Erſtlich muß alſo das Herz mit der Bewegung des Zwerchfelles ebenfalls ſeine Richtung aͤndern, und zwar etwas weniger bei geſunden Menſchen und unter ſchwa- chen Einathmungen, deſto mehr aber bei ſolchen, die ſchwer Athem holen. Es iſt zu verwundern, und derje- nige, der es nicht ſelbſt geſehen, wird es ſchwerlich glan- ben, wie heftig das Herz, indem das Thier die Luft ein- athmet, mit dem Zwerchfelle nieder- und ruͤkwaͤrts be- wegt werde: und wie heftig es endlich, wenn ſich die Bruſt bei dem Ausathmen verengert, wieder auf- und vorwaͤrts gezogen, und von der Bruſt weggetrieben werde. Ferner faͤllt auch das Herz an einem fuͤrnaͤmlich auf dem Ruͤkken liegenden Menſchen von dem Bruſtbeine ge- gen den Ruͤkgrad zuruͤkke, und auf die Aorte hin. Beu- gen wir den Koͤrper vorwaͤrts, ſo neiget es ſich eben ſo wie- (d) (z) Theſ. anat. IV. T. III. (a) Impet. anat. T. IV. (b) Winslow Mem. de l’Acad. des ſcienc. am angef. Ort. Expoſ. am angef. Ort. n. 75. (c) Cheſelden am angef. Ort, T. XXI. Garengeot Splanchnol. T. II. T. 11. 14. (d) Siehe in dem Second Mem, ſur les parties irritables & ſenſi- bles, Exp. 507. 508. 509. O o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/633
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/633>, abgerufen am 23.11.2024.