mirose gieng gar so weit, daß er behauptete, es würde in der That mehr Blut in dem Theile der Blutader an- getroffen, der dem Herzen näher läge (s), wobei er zu- gleich läugnete, daß eine Blutader, die dem Herzen na- he wäre, zusammenfiele, wenn sie gedrükkt würde (t).
Nun muß man zwar allerdings gestehen, daß wirk- lich verschiedene an der Drosselader (u), der Gekrös-(x) und Holader des Unterleibes (y) angestellete Versuche diesen Einwurf in der That bestätigen, wie ich denn selbst an gedachten Gefässen wahrgenommen, daß nach der Unterbindung dennoch in demjenigen Theile der Blut- ader, der dem Herzen näher liegt, überflüßiges Blut vorhanden gewesen: ich zweifele auch keineswegs, daß nicht eben dieses auch an der Schienbeinader, wenn man sie unter dem Anfange der Rosenader (saphena) binden würde, oder allenthalben an den Blutadern des Arms, wo man nur die Schnur anlegen wollte, auf gleiche Wei- se erfolgen sollte. Denn es begeben sich in alle diese Blutadern, über der Unterbindung, nämlich näher nach dem Herzen zu, grosse Aeste in den gebundnen Stamm hinein; und zwar im ersten Exempel tritt das Blut von der Schlüsselblutader und der Holader sehr leicht zurük; in dem zwoten kommen andre Gedärmäste, oder der Milz- stamm dazu; im dritten die Nierenäste, wozu auch das aus der ungepaarten Ader, ingleichen den Lenden- und Saamenblutadern zusammenlaufende Blut kommt, gleich- wie sich an der Hüfte die Rosenader mit allen Hüftadern auf verschiedene Weise verbindet. Folglich kann das nichts unerwartetes seyn, wenn der Blutaderstamm über der Unterbindung Blut übrig behalten hat, da dasselbe von so vielen Bächen ungehindert herbeigeführt wird.
§. 15.
(s)[Spaltenumbruch]Animadversion. am angef. Ort.
(t)In Destruct. fundam. S. 105.
(u)[Spaltenumbruch]Second Memoire sur le mouvem. du sang. Exp. 113.
(x) Ebendas. Exp. 107.
(y)Exp. 109.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
miroſe gieng gar ſo weit, daß er behauptete, es wuͤrde in der That mehr Blut in dem Theile der Blutader an- getroffen, der dem Herzen naͤher laͤge (s), wobei er zu- gleich laͤugnete, daß eine Blutader, die dem Herzen na- he waͤre, zuſammenfiele, wenn ſie gedruͤkkt wuͤrde (t).
Nun muß man zwar allerdings geſtehen, daß wirk- lich verſchiedene an der Droſſelader (u), der Gekroͤs-(x) und Holader des Unterleibes (y) angeſtellete Verſuche dieſen Einwurf in der That beſtaͤtigen, wie ich denn ſelbſt an gedachten Gefaͤſſen wahrgenommen, daß nach der Unterbindung dennoch in demjenigen Theile der Blut- ader, der dem Herzen naͤher liegt, uͤberfluͤßiges Blut vorhanden geweſen: ich zweifele auch keineswegs, daß nicht eben dieſes auch an der Schienbeinader, wenn man ſie unter dem Anfange der Roſenader (ſaphena) binden wuͤrde, oder allenthalben an den Blutadern des Arms, wo man nur die Schnur anlegen wollte, auf gleiche Wei- ſe erfolgen ſollte. Denn es begeben ſich in alle dieſe Blutadern, uͤber der Unterbindung, naͤmlich naͤher nach dem Herzen zu, groſſe Aeſte in den gebundnen Stamm hinein; und zwar im erſten Exempel tritt das Blut von der Schluͤſſelblutader und der Holader ſehr leicht zuruͤk; in dem zwoten kommen andre Gedaͤrmaͤſte, oder der Milz- ſtamm dazu; im dritten die Nierenaͤſte, wozu auch das aus der ungepaarten Ader, ingleichen den Lenden- und Saamenblutadern zuſammenlaufende Blut kommt, gleich- wie ſich an der Huͤfte die Roſenader mit allen Huͤftadern auf verſchiedene Weiſe verbindet. Folglich kann das nichts unerwartetes ſeyn, wenn der Blutaderſtamm uͤber der Unterbindung Blut uͤbrig behalten hat, da daſſelbe von ſo vielen Baͤchen ungehindert herbeigefuͤhrt wird.
§. 15.
(s)[Spaltenumbruch]Animadverſion. am angef. Ort.
(t)In Deſtruct. fundam. S. 105.
(u)[Spaltenumbruch]Second Memoire ſur le mouvem. du ſang. Exp. 113.
(x) Ebendaſ. Exp. 107.
(y)Exp. 109.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0462"n="406"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">miroſe</hi> gieng gar ſo weit, daß er behauptete, es wuͤrde<lb/>
in der That mehr Blut in dem Theile der Blutader an-<lb/>
getroffen, der dem Herzen naͤher laͤge <noteplace="foot"n="(s)"><cb/><hirendition="#aq">Animadverſion.</hi> am angef.<lb/>
Ort.</note>, wobei er zu-<lb/>
gleich laͤugnete, daß eine Blutader, die dem Herzen na-<lb/>
he waͤre, zuſammenfiele, wenn ſie gedruͤkkt wuͤrde <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">In Deſtruct. fundam.</hi> S. 105.</note>.</p><lb/><p>Nun muß man zwar allerdings geſtehen, daß wirk-<lb/>
lich verſchiedene an der Droſſelader <noteplace="foot"n="(u)"><cb/><hirendition="#aq">Second Memoire ſur le<lb/>
mouvem. du ſang. Exp.</hi> 113.</note>, der Gekroͤs-<noteplace="foot"n="(x)">Ebendaſ. <hirendition="#aq">Exp.</hi> 107.</note><lb/>
und Holader des Unterleibes <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq">Exp.</hi> 109.</note> angeſtellete Verſuche<lb/>
dieſen Einwurf in der That beſtaͤtigen, wie ich denn ſelbſt<lb/>
an gedachten Gefaͤſſen wahrgenommen, daß nach der<lb/>
Unterbindung dennoch in demjenigen Theile der Blut-<lb/>
ader, der dem Herzen naͤher liegt, uͤberfluͤßiges Blut<lb/>
vorhanden geweſen: ich zweifele auch keineswegs, daß<lb/>
nicht eben dieſes auch an der Schienbeinader, wenn man<lb/>ſie unter dem Anfange der Roſenader (<hirendition="#aq">ſaphena</hi>) binden<lb/>
wuͤrde, oder allenthalben an den Blutadern des Arms,<lb/>
wo man nur die Schnur anlegen wollte, auf gleiche Wei-<lb/>ſe erfolgen ſollte. Denn es begeben ſich in alle dieſe<lb/>
Blutadern, uͤber der Unterbindung, naͤmlich naͤher nach<lb/>
dem Herzen zu, groſſe Aeſte in den gebundnen Stamm<lb/>
hinein; und zwar im erſten Exempel tritt das Blut von<lb/>
der Schluͤſſelblutader und der Holader ſehr leicht zuruͤk;<lb/>
in dem zwoten kommen andre Gedaͤrmaͤſte, oder der Milz-<lb/>ſtamm dazu; im dritten die Nierenaͤſte, wozu auch das<lb/>
aus der ungepaarten Ader, ingleichen den Lenden- und<lb/>
Saamenblutadern zuſammenlaufende Blut kommt, gleich-<lb/>
wie ſich an der Huͤfte die Roſenader mit allen Huͤftadern<lb/>
auf verſchiedene Weiſe verbindet. Folglich kann das<lb/>
nichts unerwartetes ſeyn, wenn der Blutaderſtamm uͤber<lb/>
der Unterbindung Blut uͤbrig behalten hat, da daſſelbe<lb/>
von ſo vielen Baͤchen ungehindert herbeigefuͤhrt wird.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 15.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[406/0462]
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
miroſe gieng gar ſo weit, daß er behauptete, es wuͤrde
in der That mehr Blut in dem Theile der Blutader an-
getroffen, der dem Herzen naͤher laͤge (s), wobei er zu-
gleich laͤugnete, daß eine Blutader, die dem Herzen na-
he waͤre, zuſammenfiele, wenn ſie gedruͤkkt wuͤrde (t).
Nun muß man zwar allerdings geſtehen, daß wirk-
lich verſchiedene an der Droſſelader (u), der Gekroͤs- (x)
und Holader des Unterleibes (y) angeſtellete Verſuche
dieſen Einwurf in der That beſtaͤtigen, wie ich denn ſelbſt
an gedachten Gefaͤſſen wahrgenommen, daß nach der
Unterbindung dennoch in demjenigen Theile der Blut-
ader, der dem Herzen naͤher liegt, uͤberfluͤßiges Blut
vorhanden geweſen: ich zweifele auch keineswegs, daß
nicht eben dieſes auch an der Schienbeinader, wenn man
ſie unter dem Anfange der Roſenader (ſaphena) binden
wuͤrde, oder allenthalben an den Blutadern des Arms,
wo man nur die Schnur anlegen wollte, auf gleiche Wei-
ſe erfolgen ſollte. Denn es begeben ſich in alle dieſe
Blutadern, uͤber der Unterbindung, naͤmlich naͤher nach
dem Herzen zu, groſſe Aeſte in den gebundnen Stamm
hinein; und zwar im erſten Exempel tritt das Blut von
der Schluͤſſelblutader und der Holader ſehr leicht zuruͤk;
in dem zwoten kommen andre Gedaͤrmaͤſte, oder der Milz-
ſtamm dazu; im dritten die Nierenaͤſte, wozu auch das
aus der ungepaarten Ader, ingleichen den Lenden- und
Saamenblutadern zuſammenlaufende Blut kommt, gleich-
wie ſich an der Huͤfte die Roſenader mit allen Huͤftadern
auf verſchiedene Weiſe verbindet. Folglich kann das
nichts unerwartetes ſeyn, wenn der Blutaderſtamm uͤber
der Unterbindung Blut uͤbrig behalten hat, da daſſelbe
von ſo vielen Baͤchen ungehindert herbeigefuͤhrt wird.
§. 15.
(s)
Animadverſion. am angef.
Ort.
(t) In Deſtruct. fundam. S. 105.
(u)
Second Memoire ſur le
mouvem. du ſang. Exp. 113.
(x) Ebendaſ. Exp. 107.
(y) Exp. 109.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/462>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.