Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
dieser berühmte Mann, wenn er lebendige Thiere geöfnet,
in dem Herzen derselben Luft gesehen haben, dergleichen
man sonst in den Blutadern viel ehe, als in den Schlag-
adern zu finden pflegt, und vornämlich in den Blutadern
des Gehirns, mit dem übrigen Blute vermischt, unter
der Gestalt von abwechselnden Ringen zu sehen be-
kommt (k). Jm Herzen aber wird jedoch ebenfalls auch (l),
und zwar nicht sowol in der linken, als der rechten Kam-
mer, eine Menge Luft, und nicht selten ein Blut-
schaum, besonders aber zur Sommerzeit, wahrgenommen,
allein darum wird doch nicht das Blut zugleich ausge-
schlossen. Endlich habe ich öfters an den Fröschen gefun-
den, wie ehemals auch an einer Schildkröte und Frosche
Redi (m) und Caldesius (n) wahrgenommen, daß in
den Gefässen, und zwar ebenfalls auch in den Blutadern,
sehr oft grosse Luftblasen mit einer grossen Geschwindig-
keit herumgetrieben werden. Aus allen diesen Erschei-
nungen läst sich aber nichts für den Erasistratus fol-
gern (o). Denn man trift die Luft sowol in den Schlag-
als Blutadern an, und die Blutadern erfüllen sich da-
mit, wider dieser Sekte ihre Theorie, viel mehr, als es
die Schlagadern thun: hiernächst entstehet auch die Luft,
die man im Herzen findet, aus der Fäulung, sie nimmt
zugleich mit derselben zu, und man kann sie sonst niemals
wahrnehmen, als wenn die im Blute befindliche Luft
von der Wärme ausgedehnt wird. Endlich sind die Luft-
blasen in kalten Thieren selten zu sehen, sie werden nicht
zu ihrer Bauart erfordert, und sie scheinen sich in der
That etwa durch eine Wunde in das Geblüte einzu-
schleichen, weil man sie so lange nicht wahrnimt, als

alle
(k) [Spaltenumbruch] Siehe mehrere dergleichen
Zeugnisse in des Alexius littre
Hist. de l'Acad. roi. des scienc.
1704. obs. 17. Memoir. de l'Acad.

1714.
(l) Premier Memoire, S. 153.
(m) [Spaltenumbruch] Giorn. de letterati suppl. III.
S 86.
(n) Observaz. anatomiche intor-
no alle Tartarughe.
S. 67.
(o) Second Memoire sur le mou-
vom. du sang, Exp.
3. 9. 198. 214.

Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
dieſer beruͤhmte Mann, wenn er lebendige Thiere geoͤfnet,
in dem Herzen derſelben Luft geſehen haben, dergleichen
man ſonſt in den Blutadern viel ehe, als in den Schlag-
adern zu finden pflegt, und vornaͤmlich in den Blutadern
des Gehirns, mit dem uͤbrigen Blute vermiſcht, unter
der Geſtalt von abwechſelnden Ringen zu ſehen be-
kommt (k). Jm Herzen aber wird jedoch ebenfalls auch (l),
und zwar nicht ſowol in der linken, als der rechten Kam-
mer, eine Menge Luft, und nicht ſelten ein Blut-
ſchaum, beſonders aber zur Sommerzeit, wahrgenommen,
allein darum wird doch nicht das Blut zugleich ausge-
ſchloſſen. Endlich habe ich oͤfters an den Froͤſchen gefun-
den, wie ehemals auch an einer Schildkroͤte und Froſche
Redi (m) und Caldeſius (n) wahrgenommen, daß in
den Gefaͤſſen, und zwar ebenfalls auch in den Blutadern,
ſehr oft groſſe Luftblaſen mit einer groſſen Geſchwindig-
keit herumgetrieben werden. Aus allen dieſen Erſchei-
nungen laͤſt ſich aber nichts fuͤr den Eraſiſtratus fol-
gern (o). Denn man trift die Luft ſowol in den Schlag-
als Blutadern an, und die Blutadern erfuͤllen ſich da-
mit, wider dieſer Sekte ihre Theorie, viel mehr, als es
die Schlagadern thun: hiernaͤchſt entſtehet auch die Luft,
die man im Herzen findet, aus der Faͤulung, ſie nimmt
zugleich mit derſelben zu, und man kann ſie ſonſt niemals
wahrnehmen, als wenn die im Blute befindliche Luft
von der Waͤrme ausgedehnt wird. Endlich ſind die Luft-
blaſen in kalten Thieren ſelten zu ſehen, ſie werden nicht
zu ihrer Bauart erfordert, und ſie ſcheinen ſich in der
That etwa durch eine Wunde in das Gebluͤte einzu-
ſchleichen, weil man ſie ſo lange nicht wahrnimt, als

alle
(k) [Spaltenumbruch] Siehe mehrere dergleichen
Zeugniſſe in des Alexius littre
Hiſt. de l’Acad. roi. des ſcienc.
1704. obſ. 17. Memoir. de l’Acad.

1714.
(l) Premier Memoire, S. 153.
(m) [Spaltenumbruch] Giorn. de letterati ſuppl. III.
S 86.
(n) Obſervaz. anatomiche intor-
no alle Tartarughe.
S. 67.
(o) Second Memoire ſur le mou-
vom. du ſang, Exp.
3. 9. 198. 214.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0426" n="370"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.</hi></fw><lb/>
die&#x017F;er beru&#x0364;hmte Mann, wenn er lebendige Thiere geo&#x0364;fnet,<lb/>
in dem Herzen der&#x017F;elben Luft ge&#x017F;ehen haben, dergleichen<lb/>
man &#x017F;on&#x017F;t in den Blutadern viel ehe, als in den Schlag-<lb/>
adern zu finden pflegt, und vorna&#x0364;mlich in den Blutadern<lb/>
des Gehirns, mit dem u&#x0364;brigen Blute vermi&#x017F;cht, unter<lb/>
der Ge&#x017F;talt von abwech&#x017F;elnden Ringen zu &#x017F;ehen be-<lb/>
kommt <note place="foot" n="(k)"><cb/>
Siehe mehrere dergleichen<lb/>
Zeugni&#x017F;&#x017F;e in des <hi rendition="#aq">Alexius <hi rendition="#k">littre</hi><lb/>
Hi&#x017F;t. de l&#x2019;Acad. roi. des &#x017F;cienc.<lb/>
1704. ob&#x017F;. 17. Memoir. de l&#x2019;Acad.</hi><lb/>
1714.</note>. Jm Herzen aber wird jedoch ebenfalls auch <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">Premier Memoire,</hi> S. 153.</note>,<lb/>
und zwar nicht &#x017F;owol in der linken, als der rechten Kam-<lb/>
mer, eine Menge Luft, und nicht &#x017F;elten ein Blut-<lb/>
&#x017F;chaum, be&#x017F;onders aber zur Sommerzeit, wahrgenommen,<lb/>
allein darum wird doch nicht das Blut zugleich ausge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Endlich habe ich o&#x0364;fters an den Fro&#x0364;&#x017F;chen gefun-<lb/>
den, wie ehemals auch an einer Schildkro&#x0364;te und Fro&#x017F;che<lb/><hi rendition="#fr">Redi</hi> <note place="foot" n="(m)"><cb/><hi rendition="#aq">Giorn. de letterati &#x017F;uppl. III.</hi><lb/>
S 86.</note> und <hi rendition="#fr">Calde&#x017F;ius</hi> <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervaz. anatomiche intor-<lb/>
no alle Tartarughe.</hi> S. 67.</note> wahrgenommen, daß in<lb/>
den Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und zwar ebenfalls auch in den Blutadern,<lb/>
&#x017F;ehr oft gro&#x017F;&#x017F;e Luftbla&#x017F;en mit einer gro&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;chwindig-<lb/>
keit herumgetrieben werden. Aus allen die&#x017F;en Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich aber nichts fu&#x0364;r den <hi rendition="#fr">Era&#x017F;i&#x017F;tratus</hi> fol-<lb/>
gern <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq">Second Memoire &#x017F;ur le mou-<lb/>
vom. du &#x017F;ang, Exp.</hi> 3. 9. 198. 214.</note>. Denn man trift die Luft &#x017F;owol in den Schlag-<lb/>
als Blutadern an, und die Blutadern erfu&#x0364;llen &#x017F;ich da-<lb/>
mit, wider die&#x017F;er Sekte ihre Theorie, viel mehr, als es<lb/>
die Schlagadern thun: hierna&#x0364;ch&#x017F;t ent&#x017F;tehet auch die Luft,<lb/>
die man im Herzen findet, aus der Fa&#x0364;ulung, &#x017F;ie nimmt<lb/>
zugleich mit der&#x017F;elben zu, und man kann &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t niemals<lb/>
wahrnehmen, als wenn die im Blute befindliche Luft<lb/>
von der Wa&#x0364;rme ausgedehnt wird. Endlich &#x017F;ind die Luft-<lb/>
bla&#x017F;en in kalten Thieren &#x017F;elten zu &#x017F;ehen, &#x017F;ie werden nicht<lb/>
zu ihrer Bauart erfordert, und &#x017F;ie &#x017F;cheinen &#x017F;ich in der<lb/>
That etwa durch eine Wunde in das Geblu&#x0364;te einzu-<lb/>
&#x017F;chleichen, weil man &#x017F;ie &#x017F;o lange nicht wahrnimt, als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[370/0426] Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes. dieſer beruͤhmte Mann, wenn er lebendige Thiere geoͤfnet, in dem Herzen derſelben Luft geſehen haben, dergleichen man ſonſt in den Blutadern viel ehe, als in den Schlag- adern zu finden pflegt, und vornaͤmlich in den Blutadern des Gehirns, mit dem uͤbrigen Blute vermiſcht, unter der Geſtalt von abwechſelnden Ringen zu ſehen be- kommt (k). Jm Herzen aber wird jedoch ebenfalls auch (l), und zwar nicht ſowol in der linken, als der rechten Kam- mer, eine Menge Luft, und nicht ſelten ein Blut- ſchaum, beſonders aber zur Sommerzeit, wahrgenommen, allein darum wird doch nicht das Blut zugleich ausge- ſchloſſen. Endlich habe ich oͤfters an den Froͤſchen gefun- den, wie ehemals auch an einer Schildkroͤte und Froſche Redi (m) und Caldeſius (n) wahrgenommen, daß in den Gefaͤſſen, und zwar ebenfalls auch in den Blutadern, ſehr oft groſſe Luftblaſen mit einer groſſen Geſchwindig- keit herumgetrieben werden. Aus allen dieſen Erſchei- nungen laͤſt ſich aber nichts fuͤr den Eraſiſtratus fol- gern (o). Denn man trift die Luft ſowol in den Schlag- als Blutadern an, und die Blutadern erfuͤllen ſich da- mit, wider dieſer Sekte ihre Theorie, viel mehr, als es die Schlagadern thun: hiernaͤchſt entſtehet auch die Luft, die man im Herzen findet, aus der Faͤulung, ſie nimmt zugleich mit derſelben zu, und man kann ſie ſonſt niemals wahrnehmen, als wenn die im Blute befindliche Luft von der Waͤrme ausgedehnt wird. Endlich ſind die Luft- blaſen in kalten Thieren ſelten zu ſehen, ſie werden nicht zu ihrer Bauart erfordert, und ſie ſcheinen ſich in der That etwa durch eine Wunde in das Gebluͤte einzu- ſchleichen, weil man ſie ſo lange nicht wahrnimt, als alle (k) Siehe mehrere dergleichen Zeugniſſe in des Alexius littre Hiſt. de l’Acad. roi. des ſcienc. 1704. obſ. 17. Memoir. de l’Acad. 1714. (l) Premier Memoire, S. 153. (m) Giorn. de letterati ſuppl. III. S 86. (n) Obſervaz. anatomiche intor- no alle Tartarughe. S. 67. (o) Second Memoire ſur le mou- vom. du ſang, Exp. 3. 9. 198. 214.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/426
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/426>, abgerufen am 27.11.2024.