zeiget, so habe ich dasjenige nicht von einander trennen dürfen, was die Natur selbst zusammen gefüget hat.
Die Eindampfung, oder das Verschlukken der Säf- te vermittelst der Haut, wollen wir am gehörigem Orte anzeigen (t), und zugleich ebenfalls an einem andern Ort erweisen, daß die Feuchtigkeit aus dem Zellgewebe der Lunge in die Blutadern und ins Blut wieder zurükkeh- re (u). Daß der Weg aus dem Zellgewebe unter der Haut in die Blutadern offen stehe, ist durch besondre Versuche bekannt geworden, die man vornämlich in Ab- sicht auf das Verschlukken des Fettes angestellt hat (x). Es kehren aber auch andre Säfte, die sich in diese Räu- me ergossen, wieder ins Geblüte zurük, dergleichen die versperrte Luft, das Wasser in Wassersüchtigen, die künstlich unter die Haut gebrachte Feuchtigkeiten, und endlich das Blut selbst ist, welches an gequetschten Stel- len, die damit unterlaufen sind, in den Fettzellen stok- ket, und sich wieder in die andere Blutmasse hinein- schleicht, nachdem es sich erst in ein dünnes gelbes Salz- wasser aufgelöset hat. Jch habe bei Gelegenheit eines Falles gesehen, daß eine erstaunliche Menge Blutes in das Zellgewebe unter der mit Haaren bedekten Haut des Kopfes ausgetreten, und einen Geschwulst verursachet, der sechs Zoll lang und vier hoch war: allmälich senkete sich das Blut, kraft seiner eigenen Schwere, durch die Zellräume in die Augenlieder herab, und breitete sich in dem obern Theil des Gesichtes aus, daß der Kranke fast wie ein Mohr aus- sahe. Es verschwand aber das gesamte Blut innerhalb wenigen Tagen, nach dem Gebrauche warmer Umschlä- ge, einer Aderlaß und genommenen Purgiermitteln, völ- lig wieder: und da die Haut dieses Blut nicht durchlies, so hat man keine Ursache zu zweifeln, daß es nicht wieder
vom
(t)[Spaltenumbruch]Comm. ad boerh. T. III. n. 416.
(u)[Spaltenumbruch]
Unterdessen schlage man nach Prim. lin. phys. n. 272.
(x)L. I. S. IV.
Blutadern.
zeiget, ſo habe ich dasjenige nicht von einander trennen duͤrfen, was die Natur ſelbſt zuſammen gefuͤget hat.
Die Eindampfung, oder das Verſchlukken der Saͤf- te vermittelſt der Haut, wollen wir am gehoͤrigem Orte anzeigen (t), und zugleich ebenfalls an einem andern Ort erweiſen, daß die Feuchtigkeit aus dem Zellgewebe der Lunge in die Blutadern und ins Blut wieder zuruͤkkeh- re (u). Daß der Weg aus dem Zellgewebe unter der Haut in die Blutadern offen ſtehe, iſt durch beſondre Verſuche bekannt geworden, die man vornaͤmlich in Ab- ſicht auf das Verſchlukken des Fettes angeſtellt hat (x). Es kehren aber auch andre Saͤfte, die ſich in dieſe Raͤu- me ergoſſen, wieder ins Gebluͤte zuruͤk, dergleichen die verſperrte Luft, das Waſſer in Waſſerſuͤchtigen, die kuͤnſtlich unter die Haut gebrachte Feuchtigkeiten, und endlich das Blut ſelbſt iſt, welches an gequetſchten Stel- len, die damit unterlaufen ſind, in den Fettzellen ſtok- ket, und ſich wieder in die andere Blutmaſſe hinein- ſchleicht, nachdem es ſich erſt in ein duͤnnes gelbes Salz- waſſer aufgeloͤſet hat. Jch habe bei Gelegenheit eines Falles geſehen, daß eine erſtaunliche Menge Blutes in das Zellgewebe unter der mit Haaren bedekten Haut des Kopfes ausgetreten, und einen Geſchwulſt verurſachet, der ſechs Zoll lang und vier hoch war: allmaͤlich ſenkete ſich das Blut, kraft ſeiner eigenen Schwere, durch die Zellraͤume in die Augenlieder herab, und breitete ſich in dem obern Theil des Geſichtes aus, daß der Kranke faſt wie ein Mohr aus- ſahe. Es verſchwand aber das geſamte Blut innerhalb wenigen Tagen, nach dem Gebrauche warmer Umſchlaͤ- ge, einer Aderlaß und genommenen Purgiermitteln, voͤl- lig wieder: und da die Haut dieſes Blut nicht durchlies, ſo hat man keine Urſache zu zweifeln, daß es nicht wieder
vom
(t)[Spaltenumbruch]Comm. ad boerh. T. III. n. 416.
(u)[Spaltenumbruch]
Unterdeſſen ſchlage man nach Prim. lin. phyſ. n. 272.
(x)L. I. S. IV.
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Blutadern.
zeiget, ſo habe ich dasjenige nicht von einander trennen
duͤrfen, was die Natur ſelbſt zuſammen gefuͤget hat.
Die Eindampfung, oder das Verſchlukken der Saͤf-
te vermittelſt der Haut, wollen wir am gehoͤrigem Orte
anzeigen (t), und zugleich ebenfalls an einem andern Ort
erweiſen, daß die Feuchtigkeit aus dem Zellgewebe der
Lunge in die Blutadern und ins Blut wieder zuruͤkkeh-
re (u). Daß der Weg aus dem Zellgewebe unter der
Haut in die Blutadern offen ſtehe, iſt durch beſondre
Verſuche bekannt geworden, die man vornaͤmlich in Ab-
ſicht auf das Verſchlukken des Fettes angeſtellt hat (x).
Es kehren aber auch andre Saͤfte, die ſich in dieſe Raͤu-
me ergoſſen, wieder ins Gebluͤte zuruͤk, dergleichen die
verſperrte Luft, das Waſſer in Waſſerſuͤchtigen, die
kuͤnſtlich unter die Haut gebrachte Feuchtigkeiten, und
endlich das Blut ſelbſt iſt, welches an gequetſchten Stel-
len, die damit unterlaufen ſind, in den Fettzellen ſtok-
ket, und ſich wieder in die andere Blutmaſſe hinein-
ſchleicht, nachdem es ſich erſt in ein duͤnnes gelbes Salz-
waſſer aufgeloͤſet hat. Jch habe bei Gelegenheit eines
Falles geſehen, daß eine erſtaunliche Menge Blutes in
das Zellgewebe unter der mit Haaren bedekten Haut des
Kopfes ausgetreten, und einen Geſchwulſt verurſachet, der
ſechs Zoll lang und vier hoch war: allmaͤlich ſenkete ſich das
Blut, kraft ſeiner eigenen Schwere, durch die Zellraͤume in
die Augenlieder herab, und breitete ſich in dem obern Theil
des Geſichtes aus, daß der Kranke faſt wie ein Mohr aus-
ſahe. Es verſchwand aber das geſamte Blut innerhalb
wenigen Tagen, nach dem Gebrauche warmer Umſchlaͤ-
ge, einer Aderlaß und genommenen Purgiermitteln, voͤl-
lig wieder: und da die Haut dieſes Blut nicht durchlies,
ſo hat man keine Urſache zu zweifeln, daß es nicht wieder
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Comm. ad boerh. T. III.
n. 416.
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Unterdeſſen ſchlage man
nach Prim. lin. phyſ. n. 272.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/339>, abgerufen am 24.11.2024.
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