Gefässen erfolge, ob sie gleich noch nicht deutlich erwie- sen ist, auf die besondere Weite solcher Gefässe den Schluß machen.
§. 19. Der Winkel, den die Aeste mit ihren Stämmen machen.
Das nächste, wovon wir hier zu reden haben, sind die Winkel, unter denen sich die Schlagadern zertheilen, und davon verschiedene berühmte phisiologische Schrift- steller gehandelt haben. Es ist aber nöthig, daß wir bey dieser Gelegenheit die Zergliederer erinnern, alle mögliche Vorsichtigkeit zu beobachten, und dahin zu sehen, daß, wenn sie Winkel an denen Gefässen messen wollen, sol- che dazu erwählet werden, die nicht zerzerret sind, und daß nicht etwa das Zellgewebe vorher von den Schlag- adern abgelöset werde. Denn sobald dieses geschiehet, so wird man allerlei wunderliche Veränderungen von Win- keln herausbringen, und nichts weniger, als die natürliche Beschaffenheit bestimmen. Es werden alle Winkel grös- ser, als sie in ihrem natürlichen Zustande sind, so bald man diese Bänder zerschneidet, als welche die in der Nä- he liegende Gefässe allezeit genauer mit einander vereini- gen und zusammen verbinden. Daher stellen solche ana- tomische Tafeln, die nach völlig gereinigten Gefässen ge- zeichnet sind, beinahe alle Winkel ungleich grösser vor, als sie in einem belebten Körper zu seyn pflegen. Die ganz spizzigen Winkel, dergleichen der Leber- und Gallen- blasengang unter sich beschreiben, verwandeln sich in halb- rechte. Die spizzigen Winkel, dergleichen die Ribben- schlagadern oder Lendenschlagadern zwischen der Aorte und Nierenschlagadern machen, werden zu rechten. Und es können ebenfalls aus spizzigen stumpfe Winkel werden, wie wir bald zeigen wollen.
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Schlagadern.
Gefaͤſſen erfolge, ob ſie gleich noch nicht deutlich erwie- ſen iſt, auf die beſondere Weite ſolcher Gefaͤſſe den Schluß machen.
§. 19. Der Winkel, den die Aeſte mit ihren Staͤmmen machen.
Das naͤchſte, wovon wir hier zu reden haben, ſind die Winkel, unter denen ſich die Schlagadern zertheilen, und davon verſchiedene beruͤhmte phiſiologiſche Schrift- ſteller gehandelt haben. Es iſt aber noͤthig, daß wir bey dieſer Gelegenheit die Zergliederer erinnern, alle moͤgliche Vorſichtigkeit zu beobachten, und dahin zu ſehen, daß, wenn ſie Winkel an denen Gefaͤſſen meſſen wollen, ſol- che dazu erwaͤhlet werden, die nicht zerzerret ſind, und daß nicht etwa das Zellgewebe vorher von den Schlag- adern abgeloͤſet werde. Denn ſobald dieſes geſchiehet, ſo wird man allerlei wunderliche Veraͤnderungen von Win- keln herausbringen, und nichts weniger, als die natuͤrliche Beſchaffenheit beſtimmen. Es werden alle Winkel groͤſ- ſer, als ſie in ihrem natuͤrlichen Zuſtande ſind, ſo bald man dieſe Baͤnder zerſchneidet, als welche die in der Naͤ- he liegende Gefaͤſſe allezeit genauer mit einander vereini- gen und zuſammen verbinden. Daher ſtellen ſolche ana- tomiſche Tafeln, die nach voͤllig gereinigten Gefaͤſſen ge- zeichnet ſind, beinahe alle Winkel ungleich groͤſſer vor, als ſie in einem belebten Koͤrper zu ſeyn pflegen. Die ganz ſpizzigen Winkel, dergleichen der Leber- und Gallen- blaſengang unter ſich beſchreiben, verwandeln ſich in halb- rechte. Die ſpizzigen Winkel, dergleichen die Ribben- ſchlagadern oder Lendenſchlagadern zwiſchen der Aorte und Nierenſchlagadern machen, werden zu rechten. Und es koͤnnen ebenfalls aus ſpizzigen ſtumpfe Winkel werden, wie wir bald zeigen wollen.
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Schlagadern.
Gefaͤſſen erfolge, ob ſie gleich noch nicht deutlich erwie-
ſen iſt, auf die beſondere Weite ſolcher Gefaͤſſe den
Schluß machen.
§. 19.
Der Winkel, den die Aeſte mit ihren
Staͤmmen machen.
Das naͤchſte, wovon wir hier zu reden haben, ſind
die Winkel, unter denen ſich die Schlagadern zertheilen,
und davon verſchiedene beruͤhmte phiſiologiſche Schrift-
ſteller gehandelt haben. Es iſt aber noͤthig, daß wir bey
dieſer Gelegenheit die Zergliederer erinnern, alle moͤgliche
Vorſichtigkeit zu beobachten, und dahin zu ſehen, daß,
wenn ſie Winkel an denen Gefaͤſſen meſſen wollen, ſol-
che dazu erwaͤhlet werden, die nicht zerzerret ſind, und
daß nicht etwa das Zellgewebe vorher von den Schlag-
adern abgeloͤſet werde. Denn ſobald dieſes geſchiehet, ſo
wird man allerlei wunderliche Veraͤnderungen von Win-
keln herausbringen, und nichts weniger, als die natuͤrliche
Beſchaffenheit beſtimmen. Es werden alle Winkel groͤſ-
ſer, als ſie in ihrem natuͤrlichen Zuſtande ſind, ſo bald
man dieſe Baͤnder zerſchneidet, als welche die in der Naͤ-
he liegende Gefaͤſſe allezeit genauer mit einander vereini-
gen und zuſammen verbinden. Daher ſtellen ſolche ana-
tomiſche Tafeln, die nach voͤllig gereinigten Gefaͤſſen ge-
zeichnet ſind, beinahe alle Winkel ungleich groͤſſer vor,
als ſie in einem belebten Koͤrper zu ſeyn pflegen. Die
ganz ſpizzigen Winkel, dergleichen der Leber- und Gallen-
blaſengang unter ſich beſchreiben, verwandeln ſich in halb-
rechte. Die ſpizzigen Winkel, dergleichen die Ribben-
ſchlagadern oder Lendenſchlagadern zwiſchen der Aorte
und Nierenſchlagadern machen, werden zu rechten. Und
es koͤnnen ebenfalls aus ſpizzigen ſtumpfe Winkel werden,
wie wir bald zeigen wollen.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/209>, abgerufen am 24.11.2024.
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