Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlagadern.
Lichten handelte. Man muß aber dieses Gesez auf das
genaueste untersuchen und erwegen.

Man suchte nämlich das Verhältnis, worinnen die
Oefnungen der Aeste gegen die Oefnungen des Stammes
eigentlich stehen. Der erste Erfinder bestimte zwar die-
ses Verhältnis nicht, er behauptete aber dennoch, daß
es beständig zuneme, also daß die Stämme um desto klei-
ner als die Summe der Aeste ausfielen, je weiter sie von
dem Herzen sich entfernet hätten, bis endlich die Oefnungen
der äussersten und haarförmigen Aeste, wenn sie zusam-
mengenommen würden, ihre Stämme in dem höchsten
Verhältnis überträfen. Und in diesen Punkten handelt
er nicht ohne gute Erfarungen (f), ob er gleich darü-
ber von dem berühmten Geuder (g) getadelt worden.

Daher schrieb der ehemals berühmte Wundarzt und
Zergliederer Bussiere, daß die Schlagadern kleiner wä-
ren, als ihre Aeste zusammengenommen, und sezzete ih-
nen folgendes Verhältnis. Es sey der absteigende
Durchmesser der Aorte in einem Knaben 4 Linien lang;
an den sämtlichen Jnterkostaladern zusammengenommen,
betrügen die Oefnungen 14 Linien im Lichten; die Ge-
krösschlagadern hielten 9 Linien: wenn man also diese
Aortenäste nur allein berechnete, so verhielten sich die
Aeste zu ihrem Stamme, wie 16 zu 23. (h).

Archibald Pitkarn behauptet, daß sich die Oefnun-
gen der Schlagadern beständig vergrösserten, je weiter
sie sich vom Herzen entfernten (i); weiter ist er nicht ge-
kommen.

Jakob
(f) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort.
(g) De fermentis. S. 45.
(h) [Spaltenumbruch] Lettre a M. bourdelin.
S. 10.
(i) De motu, quo cibi adte-
runtur. n.
8.
K

Schlagadern.
Lichten handelte. Man muß aber dieſes Geſez auf das
genaueſte unterſuchen und erwegen.

Man ſuchte naͤmlich das Verhaͤltnis, worinnen die
Oefnungen der Aeſte gegen die Oefnungen des Stammes
eigentlich ſtehen. Der erſte Erfinder beſtimte zwar die-
ſes Verhaͤltnis nicht, er behauptete aber dennoch, daß
es beſtaͤndig zuneme, alſo daß die Staͤmme um deſto klei-
ner als die Summe der Aeſte ausfielen, je weiter ſie von
dem Herzen ſich entfernet haͤtten, bis endlich die Oefnungen
der aͤuſſerſten und haarfoͤrmigen Aeſte, wenn ſie zuſam-
mengenommen wuͤrden, ihre Staͤmme in dem hoͤchſten
Verhaͤltnis uͤbertraͤfen. Und in dieſen Punkten handelt
er nicht ohne gute Erfarungen (f), ob er gleich daruͤ-
ber von dem beruͤhmten Geuder (g) getadelt worden.

Daher ſchrieb der ehemals beruͤhmte Wundarzt und
Zergliederer Buſſiere, daß die Schlagadern kleiner waͤ-
ren, als ihre Aeſte zuſammengenommen, und ſezzete ih-
nen folgendes Verhaͤltnis. Es ſey der abſteigende
Durchmeſſer der Aorte in einem Knaben 4 Linien lang;
an den ſaͤmtlichen Jnterkoſtaladern zuſammengenommen,
betruͤgen die Oefnungen 14 Linien im Lichten; die Ge-
kroͤsſchlagadern hielten 9 Linien: wenn man alſo dieſe
Aortenaͤſte nur allein berechnete, ſo verhielten ſich die
Aeſte zu ihrem Stamme, wie 16 zu 23. (h).

Archibald Pitkarn behauptet, daß ſich die Oefnun-
gen der Schlagadern beſtaͤndig vergroͤſſerten, je weiter
ſie ſich vom Herzen entfernten (i); weiter iſt er nicht ge-
kommen.

Jakob
(f) [Spaltenumbruch] Am angef. Ort.
(g) De fermentis. S. 45.
(h) [Spaltenumbruch] Lettre a M. bourdelin.
S. 10.
(i) De motu, quo cibi adte-
runtur. n.
8.
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0201" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schlagadern.</hi></fw><lb/>
Lichten handelte. Man muß aber die&#x017F;es Ge&#x017F;ez auf das<lb/>
genaue&#x017F;te unter&#x017F;uchen und erwegen.</p><lb/>
            <p>Man &#x017F;uchte na&#x0364;mlich das Verha&#x0364;ltnis, worinnen die<lb/>
Oefnungen der Ae&#x017F;te gegen die Oefnungen des Stammes<lb/>
eigentlich &#x017F;tehen. Der er&#x017F;te Erfinder be&#x017F;timte zwar die-<lb/>
&#x017F;es Verha&#x0364;ltnis nicht, er behauptete aber dennoch, daß<lb/>
es be&#x017F;ta&#x0364;ndig zuneme, al&#x017F;o daß die Sta&#x0364;mme um de&#x017F;to klei-<lb/>
ner als die Summe der Ae&#x017F;te ausfielen, je weiter &#x017F;ie von<lb/>
dem Herzen &#x017F;ich entfernet ha&#x0364;tten, bis endlich die Oefnungen<lb/>
der a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten und haarfo&#x0364;rmigen Ae&#x017F;te, wenn &#x017F;ie zu&#x017F;am-<lb/>
mengenommen wu&#x0364;rden, ihre Sta&#x0364;mme in dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Verha&#x0364;ltnis u&#x0364;bertra&#x0364;fen. Und in die&#x017F;en Punkten handelt<lb/>
er nicht ohne gute Erfarungen <note place="foot" n="(f)"><cb/>
Am angef. Ort.</note>, ob er gleich daru&#x0364;-<lb/>
ber von dem beru&#x0364;hmten <hi rendition="#fr">Geuder</hi> <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">De fermentis.</hi> S. 45.</note> getadelt worden.</p><lb/>
            <p>Daher &#x017F;chrieb der ehemals beru&#x0364;hmte Wundarzt und<lb/>
Zergliederer <hi rendition="#fr">Bu&#x017F;&#x017F;iere,</hi> daß die Schlagadern kleiner wa&#x0364;-<lb/>
ren, als ihre Ae&#x017F;te zu&#x017F;ammengenommen, und &#x017F;ezzete ih-<lb/>
nen folgendes Verha&#x0364;ltnis. Es &#x017F;ey der ab&#x017F;teigende<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er der Aorte in einem Knaben 4 Linien lang;<lb/>
an den &#x017F;a&#x0364;mtlichen Jnterko&#x017F;taladern zu&#x017F;ammengenommen,<lb/>
betru&#x0364;gen die Oefnungen 14 Linien im Lichten; die Ge-<lb/>
kro&#x0364;s&#x017F;chlagadern hielten 9 Linien: wenn man al&#x017F;o die&#x017F;e<lb/>
Aortena&#x0364;&#x017F;te nur allein berechnete, &#x017F;o verhielten &#x017F;ich die<lb/>
Ae&#x017F;te zu ihrem Stamme, wie 16 zu 23. <note place="foot" n="(h)"><cb/><hi rendition="#aq">Lettre a M. <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">bourdelin.</hi></hi></hi><lb/>
S. 10.</note>.</p><lb/>
            <p>Archibald <hi rendition="#fr">Pitkarn</hi> behauptet, daß &#x017F;ich die Oefnun-<lb/>
gen der Schlagadern be&#x017F;ta&#x0364;ndig vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erten, je weiter<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich vom Herzen entfernten <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">De motu, quo cibi adte-<lb/>
runtur. n.</hi> 8.</note>; weiter i&#x017F;t er nicht ge-<lb/>
kommen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jakob</fw><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">K</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0201] Schlagadern. Lichten handelte. Man muß aber dieſes Geſez auf das genaueſte unterſuchen und erwegen. Man ſuchte naͤmlich das Verhaͤltnis, worinnen die Oefnungen der Aeſte gegen die Oefnungen des Stammes eigentlich ſtehen. Der erſte Erfinder beſtimte zwar die- ſes Verhaͤltnis nicht, er behauptete aber dennoch, daß es beſtaͤndig zuneme, alſo daß die Staͤmme um deſto klei- ner als die Summe der Aeſte ausfielen, je weiter ſie von dem Herzen ſich entfernet haͤtten, bis endlich die Oefnungen der aͤuſſerſten und haarfoͤrmigen Aeſte, wenn ſie zuſam- mengenommen wuͤrden, ihre Staͤmme in dem hoͤchſten Verhaͤltnis uͤbertraͤfen. Und in dieſen Punkten handelt er nicht ohne gute Erfarungen (f), ob er gleich daruͤ- ber von dem beruͤhmten Geuder (g) getadelt worden. Daher ſchrieb der ehemals beruͤhmte Wundarzt und Zergliederer Buſſiere, daß die Schlagadern kleiner waͤ- ren, als ihre Aeſte zuſammengenommen, und ſezzete ih- nen folgendes Verhaͤltnis. Es ſey der abſteigende Durchmeſſer der Aorte in einem Knaben 4 Linien lang; an den ſaͤmtlichen Jnterkoſtaladern zuſammengenommen, betruͤgen die Oefnungen 14 Linien im Lichten; die Ge- kroͤsſchlagadern hielten 9 Linien: wenn man alſo dieſe Aortenaͤſte nur allein berechnete, ſo verhielten ſich die Aeſte zu ihrem Stamme, wie 16 zu 23. (h). Archibald Pitkarn behauptet, daß ſich die Oefnun- gen der Schlagadern beſtaͤndig vergroͤſſerten, je weiter ſie ſich vom Herzen entfernten (i); weiter iſt er nicht ge- kommen. Jakob (f) Am angef. Ort. (g) De fermentis. S. 45. (h) Lettre a M. bourdelin. S. 10. (i) De motu, quo cibi adte- runtur. n. 8. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/201
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/201>, abgerufen am 23.11.2024.