Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweites Buch. Gefässe.
ganze Sistem der Schlagadern seine Zweige von der
Kranzschlagader bekäme. Denn es sind diese Stämm-
chen sehr klein, kurz, und nicht leicht über einen oder
zween Zoll lang. An denen andern Schlagadern ent-
dekt man ähnliche Aeste. Jn denen durch die Lunge
laufenden entstehen sie von denen Kranzschlagadern, in-
gleichen sowol von denen obern, als denen sonst schon
bekannten Schlagadern der Luftröhre, welche sich in der
Lungenschlagader mit den Fortsäzzen der Kranzschlagadern
paaren. Jn kleinen Stämmen nehmen diese Aederchen
entweder von den Stämmen selbst, oder von einer jeden
in der Nähe befindlichen Schlagader ihren Ursprung.

Es ist zwar bekannt, daß diese kleine Schlagadern
denen Schlagaderhäuten die Nahrung zuführen, und
die dunstige Materie darreichen, womit die Zellräume
überzogen werden. Ob sie aber etwas zur Zusammen-
ziehung der Schlagader beitragen, wie Boerhaave ver-
muthet (g), das werde ich anderswo zeigen, und zugleich
die Ursachen beibringen, warum es mir nicht wahrschein-
lich vorkomme. Die Schlagaederchen müssen nothwen-
dig auch Blutaederchen neben sich haben, welche das von
jenen herbeigeführte Blut wieder zurükke führen. Mal-
pigh
sahe auf der Aorte eines Ochsen ein Blutaederchen,
welches sich durch die ganze Substanz derselben ausbrei-
tete (h). Es ist hierbey keine grosse Schwierigkeit, und
es wird auf der Aorte, aus den Zweigen der ungepaar-
ten Blutader, besonders aus ihren linken; ingleichen
aus denen Zweigen, welche aus der obern Ribbenblut-
ader herkommen, und endlich aus der Schlundblutader
eine Art eines Nezzes gebildet, das viel deutlicher, als
das Nez derer kleinen Schlagadern, in die Augen fällt.
Dergleichen kleine Blutadern habe ich anderswo wahr-
genommen, daß sie aus den Saamenblutadern nach der
(i)

Aorte
(g) [Spaltenumbruch] Instit. rei med. n. 213.
(h) De polyp. S. 127.
(i) [Spaltenumbruch] Fasc. II. Icon. vas. bronch.

Zweites Buch. Gefaͤſſe.
ganze Siſtem der Schlagadern ſeine Zweige von der
Kranzſchlagader bekaͤme. Denn es ſind dieſe Staͤmm-
chen ſehr klein, kurz, und nicht leicht uͤber einen oder
zween Zoll lang. An denen andern Schlagadern ent-
dekt man aͤhnliche Aeſte. Jn denen durch die Lunge
laufenden entſtehen ſie von denen Kranzſchlagadern, in-
gleichen ſowol von denen obern, als denen ſonſt ſchon
bekannten Schlagadern der Luftroͤhre, welche ſich in der
Lungenſchlagader mit den Fortſaͤzzen der Kranzſchlagadern
paaren. Jn kleinen Staͤmmen nehmen dieſe Aederchen
entweder von den Staͤmmen ſelbſt, oder von einer jeden
in der Naͤhe befindlichen Schlagader ihren Urſprung.

Es iſt zwar bekannt, daß dieſe kleine Schlagadern
denen Schlagaderhaͤuten die Nahrung zufuͤhren, und
die dunſtige Materie darreichen, womit die Zellraͤume
uͤberzogen werden. Ob ſie aber etwas zur Zuſammen-
ziehung der Schlagader beitragen, wie Boerhaave ver-
muthet (g), das werde ich anderswo zeigen, und zugleich
die Urſachen beibringen, warum es mir nicht wahrſchein-
lich vorkomme. Die Schlagaederchen muͤſſen nothwen-
dig auch Blutaederchen neben ſich haben, welche das von
jenen herbeigefuͤhrte Blut wieder zuruͤkke fuͤhren. Mal-
pigh
ſahe auf der Aorte eines Ochſen ein Blutaederchen,
welches ſich durch die ganze Subſtanz derſelben ausbrei-
tete (h). Es iſt hierbey keine groſſe Schwierigkeit, und
es wird auf der Aorte, aus den Zweigen der ungepaar-
ten Blutader, beſonders aus ihren linken; ingleichen
aus denen Zweigen, welche aus der obern Ribbenblut-
ader herkommen, und endlich aus der Schlundblutader
eine Art eines Nezzes gebildet, das viel deutlicher, als
das Nez derer kleinen Schlagadern, in die Augen faͤllt.
Dergleichen kleine Blutadern habe ich anderswo wahr-
genommen, daß ſie aus den Saamenblutadern nach der
(i)

Aorte
(g) [Spaltenumbruch] Inſtit. rei med. n. 213.
(h) De polyp. S. 127.
(i) [Spaltenumbruch] Faſc. II. Icon. vaſ. bronch.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0184" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Zweites Buch. Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi></fw><lb/>
ganze Si&#x017F;tem der Schlagadern &#x017F;eine Zweige von der<lb/>
Kranz&#x017F;chlagader beka&#x0364;me. Denn es &#x017F;ind die&#x017F;e Sta&#x0364;mm-<lb/>
chen &#x017F;ehr klein, kurz, und nicht leicht u&#x0364;ber einen oder<lb/>
zween Zoll lang. An denen andern Schlagadern ent-<lb/>
dekt man a&#x0364;hnliche Ae&#x017F;te. Jn denen durch die Lunge<lb/>
laufenden ent&#x017F;tehen &#x017F;ie von denen Kranz&#x017F;chlagadern, in-<lb/>
gleichen &#x017F;owol von denen obern, als denen &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;chon<lb/>
bekannten Schlagadern der Luftro&#x0364;hre, welche &#x017F;ich in der<lb/>
Lungen&#x017F;chlagader mit den Fort&#x017F;a&#x0364;zzen der Kranz&#x017F;chlagadern<lb/>
paaren. Jn kleinen Sta&#x0364;mmen nehmen die&#x017F;e Aederchen<lb/>
entweder von den Sta&#x0364;mmen &#x017F;elb&#x017F;t, oder von einer jeden<lb/>
in der Na&#x0364;he befindlichen Schlagader ihren Ur&#x017F;prung.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t zwar bekannt, daß die&#x017F;e kleine Schlagadern<lb/>
denen Schlagaderha&#x0364;uten die Nahrung zufu&#x0364;hren, und<lb/>
die dun&#x017F;tige Materie darreichen, womit die Zellra&#x0364;ume<lb/>
u&#x0364;berzogen werden. Ob &#x017F;ie aber etwas zur Zu&#x017F;ammen-<lb/>
ziehung der Schlagader beitragen, wie <hi rendition="#fr">Boerhaave</hi> ver-<lb/>
muthet <note place="foot" n="(g)"><cb/><hi rendition="#aq">In&#x017F;tit. rei med. n.</hi> 213.</note>, das werde ich anderswo zeigen, und zugleich<lb/>
die Ur&#x017F;achen beibringen, warum es mir nicht wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich vorkomme. Die Schlagaederchen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en nothwen-<lb/>
dig auch Blutaederchen neben &#x017F;ich haben, welche das von<lb/>
jenen herbeigefu&#x0364;hrte Blut wieder zuru&#x0364;kke fu&#x0364;hren. <hi rendition="#fr">Mal-<lb/>
pigh</hi> &#x017F;ahe auf der Aorte eines Och&#x017F;en ein Blutaederchen,<lb/>
welches &#x017F;ich durch die ganze Sub&#x017F;tanz der&#x017F;elben ausbrei-<lb/>
tete <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">De polyp.</hi> S. 127.</note>. Es i&#x017F;t hierbey keine gro&#x017F;&#x017F;e Schwierigkeit, und<lb/>
es wird auf der Aorte, aus den Zweigen der ungepaar-<lb/>
ten Blutader, be&#x017F;onders aus ihren linken; ingleichen<lb/>
aus denen Zweigen, welche aus der obern Ribbenblut-<lb/>
ader herkommen, und endlich aus der Schlundblutader<lb/>
eine Art eines Nezzes gebildet, das viel deutlicher, als<lb/>
das Nez derer kleinen Schlagadern, in die Augen fa&#x0364;llt.<lb/>
Dergleichen kleine Blutadern habe ich anderswo wahr-<lb/>
genommen, daß &#x017F;ie aus den Saamenblutadern nach der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Aorte</fw><lb/><note place="foot" n="(i)"><cb/><hi rendition="#aq">Fa&#x017F;c. II. Icon. va&#x017F;. bronch.</hi></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0184] Zweites Buch. Gefaͤſſe. ganze Siſtem der Schlagadern ſeine Zweige von der Kranzſchlagader bekaͤme. Denn es ſind dieſe Staͤmm- chen ſehr klein, kurz, und nicht leicht uͤber einen oder zween Zoll lang. An denen andern Schlagadern ent- dekt man aͤhnliche Aeſte. Jn denen durch die Lunge laufenden entſtehen ſie von denen Kranzſchlagadern, in- gleichen ſowol von denen obern, als denen ſonſt ſchon bekannten Schlagadern der Luftroͤhre, welche ſich in der Lungenſchlagader mit den Fortſaͤzzen der Kranzſchlagadern paaren. Jn kleinen Staͤmmen nehmen dieſe Aederchen entweder von den Staͤmmen ſelbſt, oder von einer jeden in der Naͤhe befindlichen Schlagader ihren Urſprung. Es iſt zwar bekannt, daß dieſe kleine Schlagadern denen Schlagaderhaͤuten die Nahrung zufuͤhren, und die dunſtige Materie darreichen, womit die Zellraͤume uͤberzogen werden. Ob ſie aber etwas zur Zuſammen- ziehung der Schlagader beitragen, wie Boerhaave ver- muthet (g), das werde ich anderswo zeigen, und zugleich die Urſachen beibringen, warum es mir nicht wahrſchein- lich vorkomme. Die Schlagaederchen muͤſſen nothwen- dig auch Blutaederchen neben ſich haben, welche das von jenen herbeigefuͤhrte Blut wieder zuruͤkke fuͤhren. Mal- pigh ſahe auf der Aorte eines Ochſen ein Blutaederchen, welches ſich durch die ganze Subſtanz derſelben ausbrei- tete (h). Es iſt hierbey keine groſſe Schwierigkeit, und es wird auf der Aorte, aus den Zweigen der ungepaar- ten Blutader, beſonders aus ihren linken; ingleichen aus denen Zweigen, welche aus der obern Ribbenblut- ader herkommen, und endlich aus der Schlundblutader eine Art eines Nezzes gebildet, das viel deutlicher, als das Nez derer kleinen Schlagadern, in die Augen faͤllt. Dergleichen kleine Blutadern habe ich anderswo wahr- genommen, daß ſie aus den Saamenblutadern nach der Aorte (i) (g) Inſtit. rei med. n. 213. (h) De polyp. S. 127. (i) Faſc. II. Icon. vaſ. bronch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/184
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/184>, abgerufen am 07.05.2024.