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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

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Schlagadern.
fach gebauten Wasserbewohnern, die von Joh. Hill be-
schrieben worden, ist es noch nicht völlig ausgemacht, ob
sie besondere, und von dem Thiere selbst unterschiedne Röhr-
chen haben (g).

Man theilet diese den Lebenssaft in sich enthalten-
de Gefässe bey Menschen und Thieren, die mit einem
Herzen versehen sind, in zwo Klassen ein. Die erste Art
ist dichter, fester, und führet, nach denen Versuchen,
die an ihren bestimten Ort sollen angeführet werden (h),
das Blut vom Herzen weg, und bringet dasselbe in alle
am menschlichen Körper befindliche Gliedmassen und
Eingeweide. Die zwote Art, welche zärter und weicher
ist, nimt das Blut wieder von allen belebten Körper-
theilen auf, und führet es dem Herzen von neuem zu,
es mag nun dieses eigentliches Blut, oder einer von de-
nenjenigen Säften seyn, die nach ihrer Vermischung und
Vereinigung diesen Namen erhalten.

Vormals hiessen alle Gefässe Blutadern, und sehr
oft nennet das Alterthum die Gefässe von beiden Arten
so (i). Hippokrates bediente sich des Ausdrukkes
schlagender Blutadern, und er verstand darunter den
an den Schläfen klopfenden Ast der Halspulsadern (ca-
rotis
) (k). Aristoteles nahm eine einzige Art und nicht
zwei von Blutgefässen an, und er nannte so gar die gros-
se Schlagader das kleinere Blutgefäs (l). Es kam
aber der Name Arterie viel später auf, er entsprang
aus einer Aehnlichkeit mit der Verrichtung, die dem
wahren Namen eigen ist, da es eben so viel als pneuma-
tikos aggeia, Luftführende Gefässe bedeutet (m). Denn

man
(g) [Spaltenumbruch] Microscop. observ.
(h) B. III.
(i) rvfvs Ephesius de appell.
part.
S. 42. siehe den berühmten
meibom. Comment. ad Formu-
lam Cassiodori.
S. 85.
(k) [Spaltenumbruch] [fremdsprachliches Material - 4 Wörter fehlen]
[fremdsprachliches Material - 1 Wort fehlt] n. 6.
(l) Histor. anim. B. 3. K. 4.
B. 1. K. 16.
(m) rvfvs angef. Ort.
G 3

Schlagadern.
fach gebauten Waſſerbewohnern, die von Joh. Hill be-
ſchrieben worden, iſt es noch nicht voͤllig ausgemacht, ob
ſie beſondere, und von dem Thiere ſelbſt unterſchiedne Roͤhr-
chen haben (g).

Man theilet dieſe den Lebensſaft in ſich enthalten-
de Gefaͤſſe bey Menſchen und Thieren, die mit einem
Herzen verſehen ſind, in zwo Klaſſen ein. Die erſte Art
iſt dichter, feſter, und fuͤhret, nach denen Verſuchen,
die an ihren beſtimten Ort ſollen angefuͤhret werden (h),
das Blut vom Herzen weg, und bringet daſſelbe in alle
am menſchlichen Koͤrper befindliche Gliedmaſſen und
Eingeweide. Die zwote Art, welche zaͤrter und weicher
iſt, nimt das Blut wieder von allen belebten Koͤrper-
theilen auf, und fuͤhret es dem Herzen von neuem zu,
es mag nun dieſes eigentliches Blut, oder einer von de-
nenjenigen Saͤften ſeyn, die nach ihrer Vermiſchung und
Vereinigung dieſen Namen erhalten.

Vormals hieſſen alle Gefaͤſſe Blutadern, und ſehr
oft nennet das Alterthum die Gefaͤſſe von beiden Arten
ſo (i). Hippokrates bediente ſich des Ausdrukkes
ſchlagender Blutadern, und er verſtand darunter den
an den Schlaͤfen klopfenden Aſt der Halspulsadern (ca-
rotis
) (k). Ariſtoteles nahm eine einzige Art und nicht
zwei von Blutgefaͤſſen an, und er nannte ſo gar die groſ-
ſe Schlagader das kleinere Blutgefaͤs (l). Es kam
aber der Name Arterie viel ſpaͤter auf, er entſprang
aus einer Aehnlichkeit mit der Verrichtung, die dem
wahren Namen eigen iſt, da es eben ſo viel als πνευμα-
τικος αγγεια, Luftfuͤhrende Gefaͤſſe bedeutet (m). Denn

man
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(h) B. III.
(i) rvfvs Epheſius de appell.
part.
S. 42. ſiehe den beruͤhmten
meibom. Comment. ad Formu-
lam Casſiodori.
S. 85.
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[fremdsprachliches Material – 1 Wort fehlt] n. 6.
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[101/0157] Schlagadern. fach gebauten Waſſerbewohnern, die von Joh. Hill be- ſchrieben worden, iſt es noch nicht voͤllig ausgemacht, ob ſie beſondere, und von dem Thiere ſelbſt unterſchiedne Roͤhr- chen haben (g). Man theilet dieſe den Lebensſaft in ſich enthalten- de Gefaͤſſe bey Menſchen und Thieren, die mit einem Herzen verſehen ſind, in zwo Klaſſen ein. Die erſte Art iſt dichter, feſter, und fuͤhret, nach denen Verſuchen, die an ihren beſtimten Ort ſollen angefuͤhret werden (h), das Blut vom Herzen weg, und bringet daſſelbe in alle am menſchlichen Koͤrper befindliche Gliedmaſſen und Eingeweide. Die zwote Art, welche zaͤrter und weicher iſt, nimt das Blut wieder von allen belebten Koͤrper- theilen auf, und fuͤhret es dem Herzen von neuem zu, es mag nun dieſes eigentliches Blut, oder einer von de- nenjenigen Saͤften ſeyn, die nach ihrer Vermiſchung und Vereinigung dieſen Namen erhalten. Vormals hieſſen alle Gefaͤſſe Blutadern, und ſehr oft nennet das Alterthum die Gefaͤſſe von beiden Arten ſo (i). Hippokrates bediente ſich des Ausdrukkes ſchlagender Blutadern, und er verſtand darunter den an den Schlaͤfen klopfenden Aſt der Halspulsadern (ca- rotis) (k). Ariſtoteles nahm eine einzige Art und nicht zwei von Blutgefaͤſſen an, und er nannte ſo gar die groſ- ſe Schlagader das kleinere Blutgefaͤs (l). Es kam aber der Name Arterie viel ſpaͤter auf, er entſprang aus einer Aehnlichkeit mit der Verrichtung, die dem wahren Namen eigen iſt, da es eben ſo viel als πνευμα- τικος αγγεια, Luftfuͤhrende Gefaͤſſe bedeutet (m). Denn man (g) Microſcop. obſerv. (h) B. III. (i) rvfvs Epheſius de appell. part. S. 42. ſiehe den beruͤhmten meibom. Comment. ad Formu- lam Casſiodori. S. 85. (k) ____ _ n. 6. (l) Hiſtor. anim. B. 3. K. 4. B. 1. K. 16. (m) rvfvs angef. Ort. G 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/157>, abgerufen am 22.11.2024.